"Bahngipfele" im Rathaus Singen

Alles zur Strecke Stuttgart - Singen kann hier rein.
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"Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Vielfahrer »

Angesichts der jüngsten Informationen aus Berlin in Sachen Neigetechnikausbau kommt dem vom Konstanzer CDU-Abgeordneten Andreas Jung organisierten "Bahngipfele" im Rathaus Singen am kommenden Montag noch mehr Bedeutung zu. Es geht aber nicht nur um die Gäubahn, auch die Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn, des Seehäsles, der Hochrheinstrecke, die Ausschreibungen des Landes, unpünktliche Verkehre, nicht ausreichende Kapazitäten usw. werden Themen sein, die für Reisende an den westlichen Bodensee von enormer Brisanz sind. Der Bund wird durch den Parlamentarischen Staatssekretär Steffen Bilger vertreten sein, die Bahn durch den Konzernbevollmächtigten für Baden-Württemberg, Sven Hantel und die SBB-Tochter SBB-Deutschland GmbH durch deren Geschäftsführer Patrik Altenburger.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: "Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Vielfahrer »

Ein Bericht vom „Singener Bahngipfele“, an welchem der aus Baden-Württemberg stammende Parlamentarische Staatssekretär Steffen Bilger, der DB-Konzernbevollmächtigte für Baden Württemberg, Sven Hantel und der CEO der SBB Deutschland GmbH, Patrick Altenburger antworteten. Die Sitzung selbst wurde vom Konstanzer CDU-MdB Andreas Jung geleitet und vom früheren Allensbacher Bürgermeister Helmut Kennerknecht und dem ebenfalls aus Allensbach stammenden Redakteur des Schwarzwälder Boten Dietmar Schindler vorbereitet.

Hinsichtlich der Gäubahn erklärte der Staatssekretär, dass er am heutigen Morgen noch mit seinem Chef, dem Verkehrsminister Andreas Scheuer über die Gäubahn gesprochen habe. Er könne die klare Aussage treffen, dass an der Zusage des Vorgängers Alexander Dobrindt, die dieser in einem Brief an den CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder gegeben hätte, es keinen Abstrich geben würde. Die Gäubahn wird infrastrukturell ausgebaut werden und hierfür seien 552 Mio. € im Haushalt im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans bereitgestellt. Der Brief seines Ministers sei allenfalls falsch aufgenommen worden, sagte Steffen Bilger. Minister Scheuer habe nach einer Lösung gesucht, wie ausgebaut werden solle. Deshalb habe es am 20. Juli ein Treffen mit dem Land Baden-Württemberg und der DB gegeben, an welchem er allerdings nicht selbst teilgenommen hätte, aber der Konzernbevollmächtigte für Baden-Württemberg, Herr Hantel sei dabei gewesen und er solle daher aus erster Hand berichten, was gesprochen worden sei. Für ihn jedoch sei klar, dass die Gäubahn ausgebaut wird und der Bund zu seinem Wort steht.

Herr Hantel sprach dann davon, dass man am 20. Juli sich zwei unterschiedliche Lösungen angeschaut hätte. Das wäre zum einen ein Fahrplanvorschlag mit einer Fahrzeit von 2:37 h zwischen Stuttgart und Zürich, was nur mit Neigetechnik realisierbar sei. Der andere Vorschlag wäre ein Ausbau mit konventioneller Zugtechnik. Hier sei es möglich, auf 2:49 h zu kommen. In der Besprechung sei eine eindeutige Präferenzierung der Neigetechniklösung das Ergebnis gewesen. Er könne aber für die DB erklären, dass die DB keine Neigetechnikzüge anbieten wird, weil sich dies nicht rechnen würde. Selbstverständlich aber werde man die Infrastruktur für die Neigetechnik ausbauen, wenn der Bund das verlange. Das stehe außer Frage. Er erklärte, dass das Land Baden-Württemberg zu verstehen gegeben habe, dass es die Neigetechnik auf der Gäubahn wolle und das Fahrplansystem auf einer Fahrzeit von 2:37 h aufbauen wolle. Aus Sicht der DB erklärte er, dass die Neigetechnik anfälliger sei, teurer sei und es auch nur noch einen Anbieter (Alstom) geben würde. Das seien die wesentlichen Gründe, weshalb die DB keine Neigetechnikzüge mehr einsetzen werde.

Auf der Sitzung hätte man ebenfalls festgestellt, dass der Ausbau des Abschnitts Horb – Neckarhausen in jedem Fall (2:37 oder 2:49) vorteilhaft wäre, weshalb man hier zügig zu einer Finanzierungsvereinbarung und dann zur Umsetzung kommen wolle.

Weiter gab Sven Hantel ein klares Bekenntnis zur Singener Kurve aber auch zum Halt im Bahnhof Singen ab. Für die Wirtschaftlichkeit der Gäubahn sei die Singener Kurve dringend notwendig, weil sie den Güterverkehr stark beschleunige. Überhaupt sei die Gäubahn diesbezüglich für ihn das erste Projekt, bei welchem der Bund mehr Mittel bewilligt hätte als vom Antragsteller beantragt worden wären. Die Differenz erkläre sich durch den Güterverkehr. Als Vertreter für den gesamten Konzern DB wolle er aber auch zum Ausdruck bringen, dass die DB nicht daran denken würde, den Bahnhof Singen durch einen Halt an der Landesgartenschau zu ersetzen. „ Wir werden weiterhin in Singen im Bahnhof halten“, so Hantel.

Kurz ging er auf die Kritik ein, dass wegen Stuttgart 21 die Gäubahn für möglicherweise zwei Jahre oder länger nicht nach Stuttgart verkehren könne. Er erläuterte, dass von Anfang an die DB gesagt hätte, dass wegen der Eingriffe in die Gäubahntrasse im Stuttgarter Norden für etwa 6 Monate der durchgängige Verkehr unterbrochen werden müsse. Es habe sich nun aber eine andere Situation ergeben. Die Trennung im Stuttgarter Norden wird ca. 6 Monate vor Aufnahme des regulären Betriebs von S 21 erfolgen. Ab diesem Zeitpunkt werden die Züge der Gäubahn in Stuttgart Vaihingen enden (Umstieg auf die S1, S2 oder S3) zum Hauptbahnhof (tief). Wie es weitergehen wird, das sei noch nicht entschieden. Der Flughafenbahnhof hätte in zwei Abschnitte 1.3.a (Fernbahnhof Stuttgart – Ulm unter der Landesmesse) und 1.3.b (3. Gleis im heutigen Flughafenbahnhof im Zuge der Verbindung Stuttgart – Zürich) getrennt werden müssen. Gegen die Planungen im Abschnitt 1.3.a seien viele Klagen erhoben worden. Inzwischen wäre der Verhandlungstermin vor dem Gericht bestimmt worden. Beim Planungsabschnitt 1.3.b, der noch nicht soweit sei, rechne man ebenfalls mit Klagen, könne aber derzeit daher noch keinen Zeitplan aufstellen, wann die Umsetzung erfolgen werde. Die Unterbrechung der Gäubahn werde 6 Monate vor der Inbetriebnahme von S 21 beginnen und mit der Fertigstellung der Flughafenstrecke im Abschnitt 1.3.b enden. Da die DB zwischen Stuttgart und Zürich einen eigenwirtschaftlichen Verkehr anbiete sie sie selbst am stärksten von den Einschränkungen in wirtschaftlicher Hinsicht betroffen. Man dürfe der DB daher abnehmen, dass sie die Unterbrechungen so kurz wie nur möglich und erträglich halten wolle.

Dann ging Herr Hantel noch auf die Problematik der Fahrradmitnahme in den IC-Zügen ein. Man dürfte nach vorheriger Anmeldung bis zu 5 Fahrräder mitnehmen. Mehr gehe nicht. Analysen hätten gezeigt, dass die Probleme vor allem an verkehrsstarken Wochenenden entstehen würden. Hier hätte ja das Land einen zusätzlichen Fahrradexpress eingesetzt. Man denke inzwischen über ein weiteres zusätzliches Fahrtenpaar nach, welches während der Hauptverkehrszeit im Sommer die Nachfrage mit abdecken solle.

Hinsichtlich der Durchgängigkeit der Züge bis nach Zürich legte Hantel dar, dass das Problem bislang wäre, dass die Zugsicherung mit ECTS in den Dosto-Zügen der DB nicht vorhanden sei. Bis Ende 2019 soll dies jedoch behoben sein. Es länge nicht an der Überlänge von bestimmten Wagen (Steuerwagen sind 27,27m lang), die dadurch Probleme mit dem Lichtraumprofil auf den kurvigen Schweizer Strecken hätten.

Zur Zuverlässigkeit der Gäubahn meinte Herr Hantel, dass er froh wäre, wenn alle Strecken so gut laufen würden wie die Gäubahn. Nach seinen Unterlagen seien hier die Züge bis zu 97 % am pünktlichsten von vielen Vergleichsstrecken. Ihm wurde von Teilnehmern vorgehalten, dass sie schon eine mehrere Zentimeter starke Akte mit Erstattungen durch Fahrgastrechte im vergangenen Jahr gesammelt hätten. Auch wurde von einer Pendlerin aus Sulz nach Villingen berichtet, dass sie 41 mal im vergangenen Jahr in Rottweil den Anschluss verpasst habe. Hantel konnte / wollte dies nicht glauben. Er war der Auffassung, dass es sich um Einzelfälle handeln müsse, denn sie Statistik sage etwas völlig anderes aus. Auf die Anschlüsse in Tuttlingen angesprochen wurde geäußert, dass diese auf den Ringzug nur ganz sporadisch klappen, meist jedoch nicht.

Auch beim Seehas gab es Ärger, der durch die Verspätungen der Gäubahn in Mitleidenschaft gezogen wird, am Hochrhein haben die Verspätungen andere Ursachen und auf der Bodenseegürtelbahn räumte Hantel ein, dass die Leistungen nicht gut wären. Das habe aber damit zu tun, dass man hier einen Übergangsvertrag habe und nicht mit neuen Fahrzeugen fahren könne.

Lob für die Bahn und Kritik für die SBB Deutschland GmbH kam beim Seehas auf. Die neuen Bahnsteige zwischen Singen und Konstanz wurden selbst von den Behindertenverbänden als vorbildlich gelobt, allerdings gäbe es Haltepunkte, bei denen zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante ein 28 cm breiter Spalt auftreten würde. Erst neulich sei ein Blindenhund in diesen Spalt gefallen. Es sei dringend notwendig, dass die SBB-Seehasen den Schiebetritt ausfahren würden. Manche Lokführer würden dies tun, manche nicht. Patrick Altenburger klärte dahingehend auf, dass vereinbart worden sei, dass dann, wenn alle Halte (auch die zwischen Singen und Engen) erneuert wären, Schiebetritte ausgefahren werden sollten. Das aber schien den Betroffenen als zu spät. Man solle sofort damit beginnen, lautete die Forderung.

Eine Forderung lautete, den Seehas nicht nur zwischen Konstanz und Engen verkehren zu lassen sondern ihn wegen der außerordentlichen wirtschaftlichen Dynamik im Raum Immendingen/Geisingen mindestens bis Immendingen verkehren zu lassen. Die Antwort war, dass die SBB oder die DB das fahren lassen, was das Land bestellt. Das Problem dabei ist ja, dass in der einen halben Stunde der Seehas gerade noch vor der Schwarzwaldbahn in Engen eintrifft und dann sich durch die Schwarzwaldbahn überholen lassen müsste, um anschließend auch nach Immendingen zu fahren. Das erscheint wenig sinnvoll. In der anderen halben Stunde würde er durch den Gäubahn-IC überholt und könnte danach nach Immendingen fahren, allerdings mit deutlicher Standzeit in Immendingen. Was daran attraktiv wäre, darüber kann man sich streiten.

Staatssekretär Bilger ging dann auf das Elektrifizierungsprogramm des Bundes ein. Er sagte, dass der Interessenverband Bodenseegürtelbahn genau richtig handeln würde, wenn er nicht darauf setzen würde sondern auf das Bundes-GVFG. Dieses würde von 300 Mio. € auf 1 Milliarde € aufgestockt, sei also ganz anders dotiert als das Elektrifizierungsprogramm. Dafür habe man im kommenden Haushalt gerade mal einen kleineren zweistelligen Millionenbetrag eingestellt, der in den Folgejahren sukzessive aufgestockt werden solle. Wer aber rasch zu einer Elektrifizierung kommen wolle, der müsse auf die Mittel im Bundes-GVFG setzen. Die Aufstockung habe auch das Ziel, die Elektrifizierungsquote von derzeit 60% auf 70% bundesweit zu erhöhen. Allerdings würden nicht nur Oberleitungen finanziert sondern auch neue Technologieren wie Wasserstoffantriebe oder Akkus, also bimodale Fahrzeuge.

Dann ging es auch um das Erscheinungsbild von Bahnhöfen, z.B. von Engen oder Singen, Radolfzell und anderen. So etwa hat die Stadt Engen den Bahnhof erworben und möchte ihn einer sinnvollen Nachnutzung zuführen. Aber bestimmte Räume sind noch durch die DB belegt, wobei man den Eindruck habe, dass diese Räume erheblich überdimensioniert seien. Die DB solle sich in absehbarer Zeit zum dauerhaften Raumbedarf äußern, damit der Umbau dann passend in die Wege geleitet werden könne. Auch stünden für den Bau eines Parkhauses oder für den geplanten Busbahnhof teilweise Oberleitungsmasten im Wege, die man versetzen sollte. Hier versprach Hantel, umgehend nach den Sommerferien einen Vor-Ort-Termin mit der Stadt Engen zu vereinbaren.

Bezüglich der schlechten Betriebsqualität auf der Linie Ulm – Basel sagte Hantel, dass sich diese verbessern werde. Gegenwärtig würden die VT 612 einer „Rollkur“ unterzogen, danach sollten sich die Probleme lösen.

Hinsichtlich der Reaktivierung der privaten Eisenbahninfrastruktur Ablachtalbahn gab Hantel den Rat, sich an das Land zu wenden. Üblicherweise würde man solch eine Strecke dann am ehesten wieder in Betrieb kriegen, wenn ein Gutachten nachvollziehbar den Nutzen darlegen kann.

Seitens der Stadt Konstanz wurde Interesse an weiteren Spätverbindungen nach 21:17 ab Stuttgart bis Konstanz geäußert. Man sei gerade an der Landesgrenze darauf angewiesen, gute Verbindungen zur Landeshauptstadt zu haben. Und diese Verbindungen müssten schnell sein und nicht überall halten.

Viele Grüße vom Vielfahrer

PS: Am Morgen fiel der Zug von Tübingen nach Horb um 6:00 Uhr aus. Bei der Rückfahrt ab Singen fuhr der dort beginnende IC 5 Minuten zu spät ab, aber das gilt ja noch als pünktlich.
Zuletzt geändert von Vielfahrer am Do 2. Aug 2018, 14:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Villinger »

Kein Wunder fährt die Gäubahn so pünktlich wie die wenigsten Züge im bundesweiten Fernverkehr (wobei gerade die IC2-Verbindungen südwärts sehr knappe Fahrzeiten haben, nordwärts kommt es einem komischerweise entspannter vor), wenn in Stuttgart nahezu gar keine verspäteten Zubringer abgewartet werden - selbst der letzte IC nach Konstanz um 21:17 Uhr fährt häufig pünktlich, um die Fahrgäste aus dem verspäteten ICE von Berlin auf die letzte Regionalbahn nach Rottweil um 22:17 Uhr zu verweisen.

Ich war heute auch in Konstanz-Wollmatingen und habe den Bahnsteig etwas begutachtet - tatsächlich eine reife Leistung, nachdem aber die Gemeinden einen erheblichen Teil der Kosten tragen mussten und die DB sich aus dem Staub gemacht hat, frage ich mich, mit welchen Lorbeeren man sich da schmückt. Böhringen, Mühlhausen, Welschingen und Engen kommen zumal nun auch erst frühestens 2019/2020 auf angemessenen Bahnsteigen "zum Zug".

Dennoch sicher eine interessante Veranstaltung, danke für den Bericht! Gab es auch Stimmen von der direkten SBB, wie diese zum Neigetechnikeinsatz nach Stuttgart steht? Jubelschreie, dass ihre ETR 610 nochmal eine neue Aufgabe bekommen, habe ich noch keine aus Bern oder Zürich gehört.
Bild Aus dem Fridinger wurde der Villinger Bild
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Re: "Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Fridinger,

Nein, Jubelstimmen der SBB gab es so wenig wie Zustimmung seitens der DB. Im Falle der SBB verwundert dies nicht, denn sie war in Singen ja nicht direkt vertreten gewesen. Außerdem äußert sich die SBB in der Regel nicht zu Vorgängen, die außerhalb der Schweiz liegen. Patrick Altenburger als CEO der SBB Deutschland GmbH äußerte sich dazu auch nicht. Ihn dürfte vielmehr die von einigen Teilnehmern geforderte Verlängerung des Seehas in Richtung Immendingen/Geisingen erfreut haben, wenngleich der aktuelle Fahrplan (der Seehas kommt knapp vor der Schwarzwaldbahn in Richtung Karlsruhe in Engen an und müsste dort abwarten, bis die Schwarzwaldbahn nach Donaueschingen - Villingen - Karlsruhe durch ist, um dann hinterher zu fahren) wenig Erfolgsaussichten für eine solche Verlängerung bietet. Auch in Richtung Tuttlingen, also in der anderen halben Stunde, sähe es nicht besser aus, weil hier der Interimsfahrplan der DB den Seehas in Engen überholen würde. Sowohl in Richtung Immendingen als auch in Richtung Tuttlingen wäre man mit den vorhandenen Verbindungen von Schwarzwaldbahn und Gäubahn-IC jeweils schneller als mit dem Seehas. Einen Sinn würde so eine Verlängerung eigentlich nur dann machen, wenn man den Seehas um komplette 15 Minuten dreht und mit ihm alle im Landkreis Konstanz auf den Seehas abgestimmten Busanbindungen (und Schulzeiten).

Mehr Probleme könnten hingegen in der Neigetechnik-Struktur mit einer Fahrzeit von 2:37 h zwischen Zürich und Stuttgart liegen. Bekanntlich gibt es zwischen Zürich und Schaffhausen sehr viele andere Zugsysteme und die Strecke ist dort abschnittsweise eingleisig (z.B. über die Rheinbrücke zwischen Hüntwangen-Wil und Eglisau, zwischen Rafz und Lottstetten und entlang des Rheinfalls). Die Studie der Landesgutachter hatte ja ergeben, dass entweder via Singen Landesgartenschau gefahren werden müsste oder ein drittes Gleis im Abschnitt Böblingen - Herrenberg gebaut werden müsse, um besser an der S-Bahn vorbei zu kommen. In Singen wurde unmißverständlich klar geäußert, dass sowohl das Neigezugkonzept des Landes als auch der von der DB empfohlene Interimsfahrplan (Integrationsfahrpan mit 2:49 h Fahrzeit ohne Anschlüsse in Stuttgart) den Bahnhof Singen bedienen wird. Es wird daher spannend werden, wie sich auf der kommenden Sitzung des Interessenverbands Gäu-Neckar-Bodenseebahn in Stuttgart am 17. September das Land dazu äußern wird. Bislang ist aus Bern eher Positives zu hören, nämlich dass die Erteilung einer Fernverkehrskonzession für den Abschnitt Zürich - Schaffhausen an den Einsatz von Neigetechnikzügen geknüpft werden soll. Ob sich dabei die Fahrlagen im Abschnitt Zürich - Schaffhausen wie heute darstellen oder ob hier weitere Minuten durch Neigetechnikbetrieb gewonnen werden sollen und dadurch andere geplante Zugsyteme verändert werden müssen?

Viele Grüße vom Vielfahrer
Markus_LoC
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Re: "Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Markus_LoC »

Hallo Vielfahrer,

danke für die Berichterstattung!

Besteht wirklich so eine große Nachfrage für eine Verlängerung des Seehas nach Immendingen oder Tuttlingen?
Die angesprochenen notwendigen Überholungen in Engen machen zumindest in der betreffenden halben Stunde die Weiterfahrt des Seehas unnötig, da genauso gut umgestiegen werden kann mit der auch noch kürzeren Fahrzeit.
Wird nur stündlich ab Engen weiter Rtg. Norden gefahren müssten in Engen weitere Fahrzeuge für die Fahrt nach Konstanz vorgehalten werden, da der weiterfahrende Seehas natürlich nicht mehr rechtzeitig für die normale Abfahrtszeit zurück ist.

Eine Drehung des Seehas-Taktes um 15 Minuten ist meiner Meinung nach im aktuellen Fahrplan nahezu unmöglich. Nicht nur wäre, wie schon geschrieben, der Busverkehr einer ganzen Region betroffen, sondern der Seehas käme z.B. auch in Konflikt mit der Schwarzwaldbahn und müsste in beiden Richtungen jeweils in Radolfzell überholt werden, was sicher nicht sinnvoll ist.
Ich denke eine Umgestaltung des jetzigen Seehas ist nur als Teil einer großräumigen Neuausrichtung des Nahverkehrs möglich, beispielsweise wenn die Gäubahn in der Zukunft wieder auf NT-Züge umgestellt werden sollte, in welcher Lage diese dann auch immer verkehren, was vielleicht auch Änderungen bei der Schwarzwaldbahn nach sich zieht.

Auch bezüglich des bogenschnellen Fahrens auf Schweizer Seite zwischen Schaffhausen und Zürich bin ich (leider) sehr skeptisch, dass dieses zur Anwendung kommt. Technisch sicher kein Problem, aber die Fahrplansituation auf diesem Abschnitt ist so engmaschig und durchgeplant, dass bei einem wenige Minuten schnellerer NT-Zug die Kreuzungen in den kurzen Doppelspurabschnitten mit nicht bogenschnellen Zügen (KISS-RE, S-Bahn) vermutlich nicht mehr fliegend funktionieren, wodurch der Zeitvorteil am Ende hinfällig ist.
Der einzige Abschnitt, wo man quasi von jetzt auf gleich nochmal 2-3 Minuten rausholen könnte (sofern nötig) wäre zwischen Singen und Schaffhausen, wo sich die ICE-T früher nicht geneigt haben, indem man den Systemwechsel DB <-> SBB von Singen nach Schaffhausen verlagert (eventuell beim ETR 610 ohnehin gleichgültig).

Gruß
Markus
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Re: "Bahngipfele" im Rathaus Singen

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Markus,

von Seehas-Stationen pendeln ungefähr 790 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer täglich nach Tuttlingen. Fast alle jedoch werden durch die IC-Linie ab Singen schnell bedient (die ja bekanntlich mit Verbundtickets genutzt werden darf). In Richtung Immendingen - Geisingen - Donaueschingen - Villingen sind es 658 Pendler, wobei nur die 112 Pendler nach Geisingen Verbindungsprobleme haben, da die Schwarzwaldbahn hier nicht hält. Aber für diese Pendler gibt es eine sehr schnelle Verbindung über die A 81, die man zeitlich erst mal schlagen müsste. Es wird wohl schwer werden, hier über ein gutes Angebot die Leute in die Züge zu locken.

Insgesamt sind es also rund 1500 Pendler, die von einer Verlängerung des Seehas nach Immendingen/Geisingen oder Tuttlingen angesprochen werden könnten, jedoch wird es immer schnellere Verbindungen über die Schwarzwaldbahn oder über die Gäubahn zum Verbundtarif geben.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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