Guten Morgen Vielfahrer,Vielfahrer hat geschrieben: Aber sind wir dennoch froh. Ich kenne die Ammertalbahn noch aus Zeiten (vor 25 Jahren), wo seitens der damaligen Bundesbahn nur auf Bahnbusse gesetzt wurde und lediglich ein halbes Dutzend Schienenbus-Fahrtenpaare im Schülerverkehr übrig geblieben sind, da nur mit Bussen nicht alle Schüler sinnvoll befördert werden konnten. Bis man alleine vom Tübinger Hauptbahnhof mit der Buslinie 7630 am westlichen Stadtrand in Richtung Unterjesingen war, hat es mitunter schon die ersten 30 Minuten gedauert. Heute ist man in 24 Minuten bereits in Herrenberg. Und von der Kommunalentwicklung Baden-Württemberg wurde dann der Vorschlag einer Spurbus-Linie lanciert. Nur mit einer starken Bürgerbewegung gelang es damals, dies zu verhindern. Allen Ernstes wurde erzählt, dass man mit Buslinien aufgrund der besseren Erschließung mehr Fahrgäste als mit einem schienengebundenen Angebot erreichen könnte. Den Zug nutzen heute (bei dem zurecht teilweise als unzuverlässig kritisiertem Angebot) über 8.000 Fahrgäste am Tag. Wäre es mängelfrei, so bin ich mir sicher, dass wir irgendwo bei weit über 12.000 Fahrgästen liegen würden.
prinzipiell hast Du natürlich Recht, wenn man sich die Entwicklung im Ammertal ansieht, Rumpfbetrieb in den Neunzigern mit der drohenden Gesamtstillegung, dann die Reaktivierung auf ganzer Länge mit Halbstundentakt von 4.47 Uhr bis 23.47 Uhr, und die anfangs stark steigenden Fahrgstzahlen zeigten ja eindrucksvoll, daß das Angebot wahrlich angenommen wurde.
Aber was hat sich seitdem getan? Im Grunde nur noch Symptombehandlung, um den Betrieb irgendwie auf dem Status quo zu stabilisieren, was bis heute nicht wirklich gelungen ist.
Wenn man es mit einer Mobilitätswende Ernst meint, den ÖPNV massiv auszubauen und gleichzeitig den IV zurückzudrängen, dann sind die bisherigen Anstrengungen, nicht nur im Ammertal, mehr als bescheiden!
Welcher Pendler, der nicht in der Wolle als ÖPNV-affin gefärbt ist, mag in diesen kalten, regnerischen Novembertagen freiwillig sein gut geheiztes Privatauto, mit dem er in angemessener Zeit umsteigefrei von seiner Haustür direkt in die Tiefgarage seines Arbeitsplatzes kommt eintauschen gegen eine tägliche Zitterpartie mit dem ÖPNV, angefangen von der schlecht ausgestatteten Bushaltestelle ohne Wetterschutz über den verspäteten Zubringerbus zum Bahnhof, wo er im Sprint gerade noch den völlig überfüllten Zug erreicht, der mal wieder nur mit einem anstatt zwei Wagen verkehrt, sich dort dichtgedrängt die aktuellen Erkältungsviren einfängt, dann am Zielbahnhof auf den Anschlußbus umsteigen muß und wieder ungeschützt im Regen steht, um dann nach einer weiteren Busfahrt und einem mehrminütigen Fußmarsch von der Zielhaltestelle zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen und er so 3 Mal so lange unterwegs war, als er mit dem Pkw gebraucht hätte...
Zugegeben, das mag überspitzt klingen, entspricht aber exakt meiner täglichen Anreise zur Arbeit...
Und, etwas vom ursprünglichen Thema abgedriftet, aber eben auch bezeichnend dafür, wie offensiv die Mobiltätswende angegangen wird, neuerdings wurde von meinem Arbeitgeber die bisher am Wochenende unentgeltliche Nutzung der Tiefgarage für Beschäftigte, die wochentags den ÖPNV nutzen, jedoch am Wochenende aufgrund der unzureichenden Bus- und Bahnverbindungen auf den Pkw angwiesen sind, abgeschafft, mit der Begründung, dadurch würden nicht unerhebliche Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung verloren gehen und verweisen nun darauf, daß das Parken auf Öffentlichen Parkplätzen am Wochenende ja kostenlos sei.
Heißt, ich darf am Sonntagmorgen um 6.00 Uhr irgendwo in der Prärie mein Auto abstellen, um dann nach einem (prinzipiell undramatischen) mehrminütigen Fußmarsch direkt am Eingang zu meinem Arbeitsplatz an der vollkommen leeren Tiefgarage vorbei zu kommen...
Dies nur am Rande als kleinen Fingerzeig, wie stark das Bewußtsein in der gesamten Gesellschaft ausgeprägt ist, die Nutzung des ÖPNV zu fördern und voran zu treiben!
Gruß
Tannenrainer