Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
Vielfahrer
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Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Vielfahrer »

Zum 1. September geht der umfangreiche Linienverkehr im Raum Biberach - Ochsenhausen - Tannheim - Memmingen - Kirchberg an der Iller - Kellmünz - Sinnigen - Erolzheim - Gutenzell - Maselheim - Biberach an die drei privaten Busunternehmen Bottenschein, Reinalter und Ertl. Jahrzehnte lang hat der RAB dort die Buslinien betrieben und dafür Zuschüsse in beträchtlicher Größenordnung benötigt. Die drei Busunternehmen haben nun ein erheblich besseres Fahrplanangebot im Takt erstellt und - man höre und staue - benötigen dafür keinen Zuschuss mehr. An den Fahrpreisen für die Kunden (DING-Tarif wird weiterhin angewandt) hat sich nichts geändert.

Auch im Raum Rottenburg geht der Linienverkehr nunmehr vom RAB auf das Unternehmen Weiss & Nesch aus Nagold-Vollmaringen über. In diesem Zusammenhang restrukturiert der RAB seine verbliebenen Restumläufe und gibt dabei die ebenfalls Jahrzehnte lang betriebene umsteigefreie Buslinie nach Haigerloch auf. Fahrgäste von Tübingen nach Haigerloch fahren zukünftig am günstigsten mit der HzL nach Hechingen und von dort aus mit der Buslinie 10 nach Haigerloch. Fahrgäste von Rottenburg nach Haigerloch fahren über Horb und dann mit der Buslinie 10 bis Haigerloch, was allerdings erheblich teurer ist. Sie können auch bis Hirrlingen fahren und dort (mit unterschiedlich langen Wartezeiten) auf die Linie 10 umsteigen.

Veränderungen zeichnen sich auch im Ringzuggebiet ab. So wird nach der Insolvenz der Donaueschinger Verkehrsbetriebe der Fa. Haiz ab dem 1. Oktober ein neuer Betreiber den Stadtbus übernehmen. Das Fahrplanangebot wird dabei zunächst im bisherigen Umfang beibehalten, jedoch auf die geänderten Gegebenheiten des Straßenverkehrs in Donaueschingen angepasst. Ab voraussichtlich Ende 2017 soll ein völlig umstrukturiertes Bedienungskonzept umgesetzt werden, welches gegenwärtig von einer auf öffentliche Verkehre spezialisierten Beratungsfirma in Zusammenarbeit mit der Stadt Donaueschingen erstellt wird.

Ebenfalls hat es Veränderungen im Raum Schramberg - St. Georgen gegeben. Die Fa. Burri-Fichter wurde von der in Königsfeld-Buchenberg ansässigen Firma Rapp aufgekauft (und so vor der drohenden Insolvenz gerettet). Rapp hat das Liniennetz umstrukturiert und bietet zukünftig umfangreichere Fahrpläne im Raum St. Georgen - Tennenbronn - Schramberg - Sulgen - Hardt - Königsfeld - Peterzell - St. Georgen an.

Man sieht also, dass durch auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtete Verkehrskonzepte tatsächlich "Blumentöpfe" zu gewinnen sind.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Vielfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Vielfahrer »

Der Linienverkehr im Raum Mössingen (Linie Mössingen - Talheim, Mössingen - Öschingen - Gönningen, Mössingen - Belsen - Bästenhardt - Bad Sebastiansweiler war im vergangenen Sommer vom Landkreis Tübingen ausgeschrieben worden. Pressemitteilungen zufolge hatten 8 Unternehmen (u.a. HzL, RAB, Wiest und Schürmann) ein Angebot abgegeben. Gewonnen hat den Verkehr als günstigster Anbieter nicht der bisherige Unternehmer RAB sondern die Firma Edel aus Rottenburg. Diese hatte vor Jahresfrist im Raum Rottenburg erhebliche Einbußen erlitten, weil der RAB den Verkehr dort an die Firma Weiss und Nesch aus Nagold-Vollmaringen verloren hatte und Edel als großer Auftragsunternehmer des RAB seine Busse deswegen stehen lassen musste. Die Vertragskonstruktion im Raum Mössingen ist die eines Brutto-Vertrags. Edel musste also nur seine Kostenseite kalkulieren. Alle Fahrgasteinnahmen incl. Zuschüsse fließen zukünftig dem Landkreis zu, der mit diesen Einnahmen und seinen bisherigen Zuschüssen das künftige Linienangebot finanzieren kann. Der RAB hat damit auch in diesem Raum seine Busverkehre verloren. In den kommenden Monaten werden weitere Teile des Verkehrsangebots im Landkreis Tübingen ausgeschrieben, alles Bereiche, in welchen der RAB ebenfalls (noch) tätig ist.

Dem Vernehmen nach soll die bislang durchgehende Buslinie Mössingen - Gönningen - Reutlingen an der Kreisgrenze gebrochen werden, da der Landkreis Reutlingen seinen Teil der Linie nicht ausgeschrieben hat sondern weiterhin mit dem Reutlinger Stadtverkehr (RSV) ein gutes Angebot betreibt. Aus Kundensicht wäre zu wünschen, dass RSV und Edel im Naturalienaustausch weiterhin durchgängige Fahrten von Mössingen über Öschingen nach Reutlingen anbieten. Insbesondere für Fahrgäste von Mössingen zum Gebiet Kreuzeiche wäre eine Fahrt von Mössingen über Tübingen sonst mit mehr als dem doppelten Zeitaufwand verbunden. Außerdem ist die Direktverbindung mit dem Bus auf der kürzeren Strecke auch preislich deutlich günstiger.

Nicht gewünscht war vom Zollernalbkreis bzw. der Stadt Burladingen eine Ausdehnung der Linien Mössingen - Talheim auf die Albhochfläche bei Melchingen/Salmendingen. Hier fürchtete die Stadt Burladingen, dass ein besserer ÖPNV ihren Schulstandort zugunsten von Mössingen schädigen könnte. Insofern müssen die nicht wenigen Einpendler von der Albhochfläche nach Tübingen weiterhin auf den PKW setzen, denn die Fahrt mit der HzL nach Burladingen und weiter mit der HzL auf der sog. ZAB 2 nach Hechingen und dann mit der Zollernbahn nach Tübingen dauert mindestens doppelt so lang.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Tannenrainer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Tannenrainer »

d
Zuletzt geändert von Tannenrainer am So 18. Jan 2015, 22:31, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Tannenrainer »

Vielfahrer hat geschrieben:Dem Vernehmen nach soll die bislang durchgehende Buslinie Mössingen - Gönningen - Reutlingen an der Kreisgrenze gebrochen werden, da der Landkreis Reutlingen seinen Teil der Linie nicht ausgeschrieben hat sondern weiterhin mit dem Reutlinger Stadtverkehr (RSV) ein gutes Angebot betreibt. Aus Kundensicht wäre zu wünschen, dass RSV und Edel im Naturalienaustausch weiterhin durchgängige Fahrten von Mössingen über Öschingen nach Reutlingen anbieten. Insbesondere für Fahrgäste von Mössingen zum Gebiet Kreuzeiche wäre eine Fahrt von Mössingen über Tübingen sonst mit mehr als dem doppelten Zeitaufwand verbunden. Außerdem ist die Direktverbindung mit dem Bus auf der kürzeren Strecke auch preislich deutlich günstiger.

Nicht gewünscht war vom Zollernalbkreis bzw. der Stadt Burladingen eine Ausdehnung der Linien Mössingen - Talheim auf die Albhochfläche bei Melchingen/Salmendingen. Hier fürchtete die Stadt Burladingen, dass ein besserer ÖPNV ihren Schulstandort zugunsten von Mössingen schädigen könnte. Insofern müssen die nicht wenigen Einpendler von der Albhochfläche nach Tübingen weiterhin auf den PKW setzen, denn die Fahrt mit der HzL nach Burladingen und weiter mit der HzL auf der sog. ZAB 2 nach Hechingen und dann mit der Zollernbahn nach Tübingen dauert mindestens doppelt so lang.

Klassisch, absolut klassisch! Kleinkarierter geht`s nicht... im ÖPNV werden die Kreis- und Gemeindegrenzen gnadenlos aufrecht erhalten! Man stelle sich mal vor, der geneigte Pkw-Fahrer müßte an der Kreisgrenze beispielsweise das Fahrzeug wechseln... oder erhält keine Durchfahrt und wird über einen mehr als doppelt so weiten Umweg geschickt... da wär` was los!
Mit solchen Possen könnte man dicke Wälzer füllen! Das sind die Geschichten, die mich immer wieder zum Verzweifeln bringen... aber vor meiner Haustür muß ich seit vielen Jahren dieselbe Tragödie ertragen: keine 3 km entfernt von der Ammertalbahn, aber per ÖPNV unerreichbar! Paradox!

Gruß
Tannenrainer
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sevfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von sevfahrer »

Ja, da wird durch die Ausschreibung ein Rückschritt gemacht. Die durchgehende Verbindung von Reutlingen nach Mössingen gibt es ja
noch gar nicht so lange und jetzt wird alles wieder zunichte gemacht. Aber so ist es eben, wenn nur noch billig zählt. Die RAB hätte
die Linie sicher so belassen, wie sie ist. Aber ich denke kaum, daß die Firma Edel großes Interesse daran hat.

Und auch die Vergabe an Weiss und Nesch ist so eine Sache. Da hängen im Horber Industriegebiet immer noch die alten Fahrpläne aus RAB-Zeiten,
obwohl die Linie 7628 jetzt von W&N bedient wird. Da scheint das Interesse wohl auch nicht so groß zu sein. Naja, Hauptsache man hat die
Ausschreibung gewonnen.

Das hört sich von meiner Seite aus ziemlich negativ an, aber ich bin eigentlich auch kein Freund von privaten Busunternehmen. Oft werden
die Fahrer regelrecht ausgebeutet. Lenkzeiten und Ruhezeiten interessieren nicht wirklich. Das konnte ich vor vier Jahren beim SEV Horb -
Rottweil erfahren, da war W&N auch mit dabei und die Fahrer hatten teilweise nicht mal die nötigen Ruhezeiten.
Das kann man auch am oft wechselnden Fahrpersonal sehen. Bei Edel sehe ich auch immer wieder neue Fahrer, genauso wie in Sigmaringen
beim KVB der ja zu Bayer Reisen gehört, da wechseln die Fahrer auch ständig. Oft gibt es z.B. auch über viele Jahre keinerlei Lohnerhöhungen.
Viele Grüße von Wolfgang, dem sevfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von 720-Schwarzwaldbahn »

sevfahrer hat geschrieben:Ja, da wird durch die Ausschreibung ein Rückschritt gemacht. Die durchgehende Verbindung von Reutlingen nach Mössingen gibt es ja
noch gar nicht so lange und jetzt wird alles wieder zunichte gemacht. Aber so ist es eben, wenn nur noch billig zählt. Die RAB hätte
die Linie sicher so belassen, wie sie ist. Aber ich denke kaum, daß die Firma Edel großes Interesse daran hat.
Wobei man die durchehende Linie auch mit Ausschreibung erhalten hätte können, wenn beide Landkreise an einem Strang gezogen hätten.
Im Ringzuggebeit gibt es hier auch genug Beispiele. So sperrt sich zum Beispiel der Schwarzwald-Baar-Kreis gegen eine umsteigefreie Buslinie von Schramberg nach Villingen, da man an der durchgehenden Linie Villingen - St. Georgen nicht rütteln möchte. Auch wurde die Linie Rottweil - Aldingen gebrochen (was man allerdings auch als Vorteil für den Ringzug werten kann).
Grundsätzlich gilt im Kreis Rottweil: Umso später der Tag, umso schwerer ist es mit dem Bus über die Kreisgrenze zu kommen. Die Anrufbusse enden meist an der Kreisgrenze oder verkehren dahinter nur zum Aussteigen bzw. Einsteigen (ja keine Fahrten im "feindlichen Ausland").
Sicher kann man nicht jedes noch so kleine Dorf direkt miteinander verbinden, jedoch sollten zumindest die Hauptverkehrsachsen unabhängig einer Kreisgrenze regelmäßig mit dem ÖPNV bedient werden. Aber solange die Kommunalpolitiker lieber auf den eigenen Vorteil schauen und auf biegen und brechen ihr eigenes Linienkonzept haben wollen wird der Fahrgast auf der Strecke bleiben.
sevfahrer hat geschrieben:Das hört sich von meiner Seite aus ziemlich negativ an, aber ich bin eigentlich auch kein Freund von privaten Busunternehmen. Oft werden
die Fahrer regelrecht ausgebeutet. Lenkzeiten und Ruhezeiten interessieren nicht wirklich. Das konnte ich vor vier Jahren beim SEV Horb -
Rottweil erfahren, da war W&N auch mit dabei und die Fahrer hatten teilweise nicht mal die nötigen Ruhezeiten.
Das kann man auch am oft wechselnden Fahrpersonal sehen. Bei Edel sehe ich auch immer wieder neue Fahrer, genauso wie in Sigmaringen
beim KVB der ja zu Bayer Reisen gehört, da wechseln die Fahrer auch ständig. Oft gibt es z.B. auch über viele Jahre keinerlei Lohnerhöhungen.
In Sachen Arbeitsbedingungen bei den Privaten kann ich nicht mit reden, da kenne ich mich nicht aus. Gerade kleinere Unternehmen haben aber noch den Vorteil dass Fahrpläne und Fahrzeugumläufe aus einer Hand kommen. Das Ergenbniss, welches entsteht, wenn man davon abkommt sieht man momentan an einer "Bahnbus"-Gesellschaft welche u. a. im Lkr. Rottweil tätig ist.
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Villinger
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Villinger »

Wolfgang hat geschrieben: Das hört sich von meiner Seite aus ziemlich negativ an, aber ich bin eigentlich auch kein Freund von privaten Busunternehmen. Oft werden
die Fahrer regelrecht ausgebeutet. Lenkzeiten und Ruhezeiten interessieren nicht wirklich. Das konnte ich vor vier Jahren beim SEV Horb -
Rottweil erfahren, da war W&N auch mit dabei und die Fahrer hatten teilweise nicht mal die nötigen Ruhezeiten.
Das kann man auch am oft wechselnden Fahrpersonal sehen. Bei Edel sehe ich auch immer wieder neue Fahrer, genauso wie in Sigmaringen
beim KVB der ja zu Bayer Reisen gehört, da wechseln die Fahrer auch ständig. Oft gibt es z.B. auch über viele Jahre keinerlei Lohnerhöhungen.
Wobei zumindest beim KVB auf den Linien ja keine Ausschreibung stattgefunden hat, oder?

Das sehe ich aus meinem Blickwinkel bei uns im Landkreis anders. Im Landkreis Tuttlingen werden seit Jahren Fahrpläne mit zugehörigen Umlaufplänen direkt vom Landratsamt in Zusammenarbeit mit den Busunternehmen erstellt (außer einzelnen SBG-Leistungen im Auftrag des Landkreises bei Geisingen fahren alles private) und dann gefahren. Busfahrer fahren bei uns seit Jahren die gleichen (auch wenn es bei einigen Firmen Streiks gab, aber momentan läuft es wohl) und davon kenne ich einige, die zufrieden sind (Besonders beim Beck aus Bärenthal, wo sich der Chef bewusst ist, dass er gute Leute nur gegen gutes Geld bekommt). Allerdings muss man dazusagen, dass es im Lkr. TUT außer dem mickrigen Tuttlinger Stadtverkehr noch keine Ausschreibungen gab - welche aber in den nächsten Jahren folgen sollen.
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sevfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von sevfahrer »

Ja, das ist wahr. Im Kreis Tuttlingen läuft das wohl. Gerade bei Klaiber sind ja viele langjährige Fahrer, einige fuhren schon früher bei
der Fa. Stehle, bevor diese durch Klaiber übernommen wurde.

Und auch ich kenne Privatunternehmer, die auch in Ordnung sind, so z.B. die Fa. Becker in Stetten a.k.M. (bei der ich während meiner
Bundeswehrzeit gefahren bin). Das lief zwar auf Nebenjobbasis, aber es wurde immer pünktlich gezahlt und lieber hat er auch mal mehr
gezahlt, als zu wenig. Und wenn Becker damals (im Jahr 1998) vom KVB einen Umlauf als Auftragsunternehmer bekommen hätte, hätte
er mich auch gerne übernommen. Leider hat er "zu teuer" geboten und die Umläufe gingen dann an andere Firmen. Aber auch er sagte mir
damals, daß ja auch die Fahrer etwas verdienen sollen und noch billiger wollte er nicht bieten.

Vor einigen Monaten fing bei uns ein Fahrer an, der zuvor viele Jahre bei einem Privatunternehmer war. Der hat 13 Jahre lang
keinerlei Lohnerhöhung bekommen, usw...

Es gibt eben wie überall Gutes und Schlechtes.
Viele Grüße von Wolfgang, dem sevfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die teilweise geäußerte pauschale Kritik an den privaten Busunternehmern kann ich nicht teilen. Es gibt zwar hin und wieder "schwarze" Schafe, aber das ist in vielen Wirtschaftsbereichen der Fall. Bei der KVB etwa war es so, dass diese, wie schon der Name der Gesellschaft nahelegt, dem Landkreis Sigmaringen gehörte (Kreis-Verkehrs-Gesellschaft). Der Landkreis Sigmaringen, ein relativ armer Landkreis in strukturschwachem Gebiet, sah sich vor große Zukunftsaufgaben gestellt, nämlich dem Bau bzw. der Finanzierung neuer Berufsschulen (eine originäre Kreisaufgabe). Man kann sich darüber streiten, ob es sinnvoll war oder nicht, den landkreiseigenen Busbetrieb deswegen zu veräußern oder nicht. Er wurde jedenfalls an den RAB verkauft und mit dem eingenommenen Geld wurden in Sigmaringen dann die Berufsschulen auf Vordermann gebracht. Ausgeschrieben wurden die Leistungen also überhaupt nicht. Der Käufer RAB, der auf vielen Strecken nahezu parallel fuhr (und noch fährt), etwa Sigmaringen - Meßkirch, auch im Raum Pfullendorf, Ostrach usw., versäumte es, aus den zwei Busnetzen eine sinnvolle Einheit zu schaffen und ein leistungsfähiges Busnetz aufzubauen. Das könnte nämlich der Hintergedanke beim Verkauf durch den Kreis gewesen sein. Es kam dann aber ganz anders: Weil der RAB nahezu zum alles beherrschenden Verkehrsunternehmen geworden wäre, es gibt nämlich nur noch die HzL mit einem kleineren Busnetz im Landkreis Sigmaringen sowie einige wenige privaten Kleinunternehmer, musste der KVB weiter verkauft werden. Hier hat die Fa. Robert Bayer GmbH aus Ehingen/Donau, die im Alb Donau Kreis sowie im Landkreis Biberach im ÖPNV tätig ist, dem RAB den KVB abgekauft.

Wie bei jedem Kauf eines Verkehrsunternehmens besteht dann das Problem, dass neben den weiterlaufenden Kosten auch die Kosten des Kaufs irgendwann einkalkuliert werden müssen. Natürlich nicht auf einen Schlag, aber mit einer gewissen Abzinsung müssen diese Kosten hereingeholt werden. Es war also klar, dass der KVB-Verkehr unter die Lupe genommen werden musste, zumal die Schullandschaft, auf die sich der KVB seit langem konzentriert hatte, ordentlich in Bewegung gekommen war.

Ich weiß nun nicht mehr genau, wann das war, aber schätzungsweise vor ca. 5 bis 7 Jahren, wurde das Verkehrsangebot der KVB grundlegend umgestaltet. Wer kann, der schaue sich heute den Fahrplan der KVB an und vergleiche diesen mit dem Zustand, wie der KVB verkauft wurde. Die Fahrpläne sind durchweg besser geworden. Es gibt deutlich mehr Verbindungen, die überdies besser auf die Schulen abgestimmt sind. Die Kapazitäten (eigentlich immer das Hauptproblem im Busverkehr) passen besser als früher, weil Bayer teilweise neuere und größere Busse einsetzt.

Geklagt wurde, dass es bei den privaten Verkehrsunternehmen den Fahrern schlechter ginge. Dazu muss man wissen, dass der KVB schlichtweg ein Schlaraffenland war. Es gab da zahlreiche Dienste, wo die Busfahrer bezahlt wurden, aber nur etwa in einem Drittel der Schichtzeit produktiv tätig waren, also für Fahrgäste unterwegs waren. So kann ein Busbetrieb natürlich nicht wirtschaftlich fahren. Aus diesem Grund wurden die Fahrpläne komplett überarbeitet. Absolut klar, dass die Fahrer bezahlt werden, wenn sie fahren. Aber es ist das Recht eines jeden Unternehmens, dass unproduktive, jedoch zu bezahlende Zeiten, abgebaut werden.
Das kam bei den Fahrern überhaupt nicht gut an, wie man sich vorstellen kann. Anstatt zwei oder dreimal am Tag leer zum Betriebshof und zurück zu fahren, um dort Pause machen zu können, gibt es jetzt Dienste, die morgens starten und abends wieder zurückkommen.

Ich würde es nicht wagen zu behaupten, dass da die Sozialvorschriften nicht eingehalten würden, also die gesetzlich vorgesehenen Ruhezeiten und Lenkzeitunterbrechungen werden mit Sicherheit eingehalten. Aber die bezahlten, jedoch unproduktiven Zeiten, die sind mit Sicherheit drastisch reduziert worden.
Was ein Fahrer bekommt, das weiß ich im Detail auch nicht. Aber die Firma Robert Bayer bzw. der KVB ist im WBO, also es gilt mit Sicherheit der WBO-Tarif, d.h. genau der Tarif, den das Land bei Ausschreibungen als Richttarif vorsieht.

Soweit ich die Situation richtig einschätze, fährt der KVB eigenwirtschaftlich, d.h. ohne Zuschüsse des Landkreises. Das muss mal erst ein anderer hinkriegen!
Völlig klar, dass die Kostenentlastung in erster Linie bei den Fahrpersonalen stattgefunden hat. Diese aber bekommen nicht weniger sondern sie müssen ggf. mehr fahren als bezahlte Pausen machen. Aber nur in dem Rahmen, den der Gesetzgeber vorgegeben hat.

Es haben Presseberichten zufolge tatsächlich etliche Fahrer dann gekündigt. Vielleicht bekommen sie bei anderen Verkehrsunternehmen bessere Bedingungen. Fragt sich allerdings, wie lange das der Fall sein wird. Wenn ich mit dem KVB im Landkreis Sigmaringen unterwegs bin und mich mit den Fahrern (sicherlich nicht repräsentativ) unterhalte, klagen diese nicht.

Was man weiter wissen muss, das ist, dass Konzessionär in Sigmaringen in der Stadt die Stadtwerke sind und der KVB die Stadtverkehrsleistungen im exakten 30 Minuten-Takt im Auftrag der Stadtwerke erbringt. Dieser Verkehrsteil wurde vor etwa zwei Jahren im EU-Amtsblatt als zu vergebender Verkehr benannt. Er ging wieder an den KVB, wobei ich nicht verfolgt habe, wie die Wettbewerbslage usw. gewesen war.

In Tuttlingen wiederum läuft es völlig anders. Dort ist kein einziger Verkehr "eigenwirtschaftlich". Seitens des Landkreises werden dort sämtliche Buslinien geplant, organisiert und finanziert ("Tuttlinger Modell"). Es gibt im Landkreis nur einen Täter des wirtschaftlichen Risikos, den Landkreis. Alle Fahrleistungen incl. des Ringzugs finanziert der Landkreis und erhält im Gegenzug dazu sämtliche Einnahmen und Zuschüsse. Nur so war das Ringzug-System umsetzbar. Dann wenn die Busse voll sind, werden sie auf die Schiene gebrochen und fahren zurück für die nächste Sammeltour in die Fläche. Es handelt sich also um ein Bus-Schiene-System beim Ringzug. Die Produktion der Fahrleistungen erfolgt ausschließlich (?) durch die privaten Verkehrsunternehmen. Konzessionär ist zwar auf vielen Strecken nach wie vor die SBG oder auch die privaten Verkehrsunternehmen, aber diese haben Verträge mit dem Landkreis geschlossen und das Auslastungsrisiko an diesen abgegeben.

Die Fahrpläne werden zwischen den Verkehrsunternehmen und dem Landkreis abgesprochen. Auch die Umläufe, die für die Fahrer von Interesse sind (Pausenregelung, Schichtlänge usw.) werden gemeinsam erarbeitet oder vom Landkreis vorgeschlagen. Teilweise sind diese Dienste recht anspruchsvoll, es werden also auch nur die gesetzlich notwendigen Arbeitszeitunterbrechungen gewährt, weil das ganze ansonsten nicht finanzierbar wäre.

Ich will es hier mal bei diesen Ausführungen belassen, aber dennoch anregen, nicht pauschal über die privaten Verkehrsunternehmen negatives zu verbreiten. Die Dinge liegen in Wirklichkeit meist völlig anders, als es sich ein Außenstehender vorstellen kann.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Drei Mittelständler nehmen RAB die Buslinien ab

Beitrag von Villinger »

Was Tuttlingen betrifft, stimmt es - allerdings fahren auf der Linie 46 [Donaueschingen -] Gutmadingen - Geisingen - Hausen Bahnhof teilweise auch SBG-Busse - Meines Wissens aber auch die einzigsten Leistungen im Landkreis.
Vielfahrer hat geschrieben:Auch die Umläufe, die für die Fahrer von Interesse sind (Pausenregelung, Schichtlänge usw.) werden gemeinsam erarbeitet oder vom Landkreis vorgeschlagen. Teilweise sind diese Dienste recht anspruchsvoll, es werden also auch nur die gesetzlich notwendigen Arbeitszeitunterbrechungen gewährt, weil das ganze ansonsten nicht finanzierbar wäre.
Allerdings. Ich hatte mal Einsichten in Umlaufpläne, da gibt es durchaus Schichten von Morgens 05:55 bis Abends 19:45 (mit 1x 30min Pause, 2x90min Pause und mehreren kleinen Päuschen mit 5-10min dazwischen) oder 04:55 bis 17:15 - auch gibt es bspw. in den Ferien mal Fahrten von 05:00 bis 09:50 ohne viel Pause dazwischen (maximal 5-8min) - ohne irgendwelche Namen nennen zu wollen. Aber scheinbar zumutbar, sonst würde es wohl so aussehen wie bei von Wolfgang dargestellten Betrieben, wo sich alle paar Monate das Fahrerkarussel wendet.
Vielfahrer hat geschrieben:Die Fahrpläne sind durchweg besser geworden. Es gibt deutlich mehr Verbindungen, die überdies besser auf die Schulen abgestimmt sind. Die Kapazitäten (eigentlich immer das Hauptproblem im Busverkehr) passen besser als früher, weil Bayer teilweise neuere und größere Busse einsetzt.
Ich weiß ja nicht, ob ich vom ÖPNV-Angebot im Verhältnis zur ländlichen Struktur im Donautal "verwöhnt" bin (Immerhin wird Fridingen stündlich bzw. teilweise halbstündlich und bis Mitternacht bedient), aber als ich in Sigmaringen zur Schule ging, habe ich mich immer gefragt, wie Jugendliche bzw. Leute ohne Auto da klarkommen - Nach 19 Uhr werktags verlässt Sigmaringen kein Bus mehr in Richtung Pfullendorf, nur die Firma Fecht fährt im RAB-Auftrag um kurz nach 20 Uhr die letzte Fahrt Richtung Meßkirch, ganz zu schweigen vom Wochenende. Bis 13:00 Uhr Samstags fahren einzelne Fahrten Richtung Meßkirch/Stockach, der Stadtbus endet um 14:00 Uhr (Der ist echt ne super Sache!) und nach 14:00 Uhr fahren nur noch die "Schienenersatzbusse" der Linie 9 nach Gammertingen sowie 2 Klaiber-Busse nach Tuttlingen. Sonntags in etwa ähnlich, nur ohne Stadtbus. Natürlich kann man weder die Verhältnisse vergleichen (Der Lkr. Sigmaringen ist soviel ich weiß in der Raumkategorie "Ländlicher Raum insgesamt", Tuttlingen dürfte da eine Kategorie höher sein) noch das Finanzierungsmodell, aber insgesamt trotzdem ein unattraktives Angebot.
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