Tram-Train für Schramberg?

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
Vielfahrer
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Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

unter den 100 größten Städten im Land Baden-Württemberg ist die Stadt Schramberg (Landkreis Rottweil) meines Wissens die einzige, die über keinen Schienenanschluss verfügt. Alle anderen Städte über 20.000 Einwohner haben auf ihrem Gemeindegebiet einen Schienenanschluss. In Bayern übrigens strebt man an, alle Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern an den Schienenverkehr anzubinden (und hat dies in Weißenhorn oder Viechtach beispielsweise auch schon gemacht). Seit über 60 Jahren ist Schramberg nunmehr nur noch auf der Straße zu erreichen. Nehmen wir mal an, dass die Tram-Train-Fahrzeuge in wenigen Jahren in größerer Stückzahl gebaut werden, so wäre doch auch vorstellbar, dass diese etwa ab Strasbourg über Offenburg - Hausach - Schiltach bis in das Mittelzentrum Schramberg eingesetzt werden könnten. Für die abgelegene Kreisstadt Schramberg wäre eine umsteigefreie Verbindung in Europas Hauptstadt und an den ICE-Halt Offenburg sicherlich ein riesengroßer Infrastrukturgewinn. Rund 8.500 Fahrzeuge befahren täglich die B 462 zwischen Schiltach und Schramberg. Wenn nur 10 % davon durch die Schiene ersetzt werden könnten, wären das schon über 1.000 Fahrgäste pro Tag....

Viele Grüße vom Vielfahrer
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KBS720
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von KBS720 »

Vielfahrer hat geschrieben: So 31. Mai 2020, 16:30Seit über 60 Jahren ist Schramberg nunmehr nur noch auf der Straße zu erreichen.
Kleine Korrektur meinerseits, nur weil kein PV mehr gefahren ist heißt es nicht das die Strecke weg war.
Die offizielle Stilllegung fand am 31. Oktober 1991 statt. Im Jahre 1992 wurden die Gleise nahezu vollständig entfernt.

Grüße Andreas
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Sascha
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von Sascha »

Guten Morgen,

zu dem Thema habe ich auch mehrere Anmwerkungen:

1. Wie Andreas (KBS720) geschrieben hat, ist die Strecke komplett abgebaut, auf dem Streckenverlauf befindet sich heute ein stark genutzter Radweg. Die Strecke neu zu bauen würde bedeuten, dass man mehrere Tunnels braucht, weil das Tal zwischen Schramberg und Schiltach ziemlich eng ist. Wenn man die Straße heute fährt, die hat schon ein paar scharfe Kurven an den Engstellen und da noch Schienen mit Oberleitung unterbringen finde ich sehr schwierig. (Hab nur Tram-Trains mit Oberleitungen im WWW gefunden.).

2. Das Bahnhofsareal in Schramberg ist komplett überbaut und einen Bahnhof am Ortsausgang zu bauen würde auch keine Pendler oder Touris anlocken, da man "Lange" laufen muss.

3. Anbindung an Schiltach. Auch hier sind umfangreiche Baumassnahmen erforderlich, alleine der Umzug der Schienenbusgarnitur und restaurierung der Bahnbrücke wäre sehr teuer.

Gruss

Sascha *hallo1*
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wolfgang65
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von wolfgang65 »

Hallo Vielfahrer,

wie kommst Du denn zu der Aussage oben? - Schramberg hat sich doch explizit gegen die Bahn entschieden und hat alle Infrastruktur entsorgt. Warum sollte man denn das jetzt ändern, nachdem das nur noch mit Riesenaufwand wieder möglich wäre - wg. 1000 Pendlern weniger wäre das doch wohl nicht wirklich sinnvoll....

Grüße

Wolfgang
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Wolfgang,

im Ländle gibt es einige Strecken, bei denen sich die Kommunalpolitik für eine Aufgabe des Schienenverkehrs ausgesprochen hat(te), z.B. in Albstadt, wo seitens der Stadt die Verbindung nach Onstmettingen bislang keine Akzeptanz gefunden hat. Trotzdem ist die Reaktivierung im Rahmen der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb angedacht. Die Strecke soll ggf. mit den Tram-Trains befahren werden.
Eine andere Strecke, die längst abgebaut ist und die von kommunaler Seite nicht für das Reaktivierungsprogramm des Landes vorgeschlagen wurde, ist Rottweil - Schömberg (-Balingen). Aber wenn ich richtig informiert bin, so ist die Strecke inzwischen doch dabei. Ähnlich verhält es sich mit Leutkirch - Urlau - Isny. Sie ist komplett abgebaut und in Leutkirch überbaut, aber es gib kommunale Überlegungen, zumal mit dem Center Park in Leutkirch ein völlig neuer Markt entstanden sein dürfte. Minister Winfried Hermann bezeichnete bei einem Besuch im Frühjahr in Isny den Fahrkartenschalter der Stadt Isny als "Weltkulturerbe", wie in der Schwäbischen Zeitung zu lesen gewesen war und hat zugesagt, die Strecke in das Untersuchungsprogramm des Landes mit aufzunehmen.

Auch die frühere Schmalspurbahn von Nagold nach Altensteig hat ernst zu nehmende Fürsprecher. Die Strecke verläuft nämlich exakt in der Richtung, in der Tausende von Pendlern unterwegs sind. Ob die alle dauerhaft auf den Pkw fixiert sein wollen, ist zumindest fraglich.

Im Falle Schrambergs freilich habe ich solche Stimmen bislang nur sehr vereinzelt vernommen. Aber wer weiß, ob sich mit dem Generationswechsel auch bei den Stadträten vielleicht nicht doch noch eine Änderung ergibt. Mit einem Schienenanschluss der Großen Kreisstadt Schramberg an den ICE in Offenburg bzw. an Strasbourg wäre die Infrastruktur Schrambergs sicherlich deutlich aufgewertet. Und wenn Tram-Trains die Steigung zwischen Honau und Lichtenstein schaffen, wäre das ggf. zwischen Schramberg und Sulgen auch denkbar. Ob die Zeit dafür reif ist, das kann ich aber auch nicht beantworten.

Viele Grüße vom Vielfahrer
champagnierle
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von champagnierle »

Hi Leute,
ich gehöre noch zu den Leuten, die die V90 jeden abend zum Abschied Hupen gehört hat...
Ich kann nur auf solides Halbwissen zurückgreifen, weil ich selbst nie recherchiert habe:

Der Bahnanschluß nach Schramberg stammte noch aus der Zeit, als es die Schwarzwaldbahn noch nicht gab. Geplant war eine Trasse über den Brogen Richtung St. Georgen. Mit der Trassierung der Schwarzwaldbahn über Hornberg und Triberg wurde das Vorhaben der Durchbindung dieses Schramberger Gleises verworfen. Schramberg hatte anfangs noch einen PV, der dann aber eingestellt wurde und es war ein reiner Güterbahnhof.

Wenn man heute Schramberg anbinden wollte, wäre doch ev. einen Anbindung der Bergstädte (Sulgen, Waldmössingen) auf einem Niveau über 800m sinnvoller, denn die Industrie ist aus Schramberg Tal ziemlich auf den Sulgen abgewandert... WENN man denn eine Anbindung machen wollte, dann schaut Euch doch mal die Höhen an. Von St. Georgen auf der Höhe rüber über Hardt nach Waldmössingen wäre wahrscheinlich deutlich einfacher zu realisieren als den Talanschluß, der schon in früheren Zeiten an manchen Stellen viel zu enge Radien hatte, um dem Talverlauf zu folgen...

Das ist ja mal eine heisse Diskussion :tut-tut:

Viele Grüße

Marc
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von wolfgang65 »

Hallo zusammen,

ein heiße Diskussion - vielleicht - die Frage, ob das nicht im Gesamtzusammenhang ein eher marginales Problem ist. Keiner will da eine Bahn, warum das ändern...

Faktisch werden durch die katastrophale Durchführung der Stuttgarter Netze oder auch der Höllental/Dreiseenbahn, doch viel mehr Leute auf die Straße getrieben, als die paar Leute in Schramberg.

Aktuell schafft es das Land doch viele funktionierenden Strukturen zu zerstören. Und das nicht nur im Personenverkehr. Der Ausbau mancher Strecken für Halte an jedem Kuhkaff, macht den Güterverkehr doch nur noch noch schwieriger. Und hier ist Deutschland in der in einem katastrophalen Zustand.

Wer die extrem geringe Quote der Güter auf der Bahn kennt und weiß, dass die selbst in den USA 3 mal höher ist (ähnliches, wenn auch etwas niedriger, gilt für die Nachbarländer), der weiß, dass hier aus volkswirtschaftlichem Gesichtspunkt zuerst etwas getan werden müsste. BW und Berlin machen aber genau das Gegenteil. Und die lokalen Ausbauprojekte des Personenverkehrs zementieren das Problem oft umso mehr.

Man kann also nur hoffen, dass der Zerstörung der Infrastruktur bald einmal ein Riegel vorgeschoben wird....

Grüße

Wolfgang

P.S.: Von dem völlig verfehlten Einkaufskonzept von Schienenfahrzeugen durch das Land möchte ich gar nicht erst beginnen.....
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720-Schwarzwaldbahn
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von 720-Schwarzwaldbahn »

champagnierle hat geschrieben: Fr 5. Jun 2020, 06:32 Hi Leute,
ich gehöre noch zu den Leuten, die die V90 jeden abend zum Abschied Hupen gehört hat...
Ich kann nur auf solides Halbwissen zurückgreifen, weil ich selbst nie recherchiert habe:

Der Bahnanschluß nach Schramberg stammte noch aus der Zeit, als es die Schwarzwaldbahn noch nicht gab. Geplant war eine Trasse über den Brogen Richtung St. Georgen. Mit der Trassierung der Schwarzwaldbahn über Hornberg und Triberg wurde das Vorhaben der Durchbindung dieses Schramberger Gleises verworfen. Schramberg hatte anfangs noch einen PV, der dann aber eingestellt wurde und es war ein reiner Güterbahnhof.
Dass es für Schwarzwaldbahn auch Planungen für eine Streckenführung über Schramberg gab, ist korrekt, allerdings ging es dabei nicht um eine Weiterführung der Bahnstrecke Schiltach - Schramberg. Diese enstand nicht vor der Schwarzwaldbahn (Bauzeit 1863 - 1873) sondern erst einige Jahre später (1891 - 1892), als Anschluss an die Kinzigtalbahn.

Die Führung der Schwarzwaldbahn über Schramberg wurde seinerzeit aus politischen Gründen verworfen, (Schramberg war württembergisch) obwohl diese Bautechnisch einfacher gewesen wäre. Sinngemäß soll es seiner Zeit gesagt worden sein, wäre Schramberg badisch würde man auch über Schramberg bauen.
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von KBS720 »

Hallo,
wolfgang65 hat geschrieben: Fr 5. Jun 2020, 11:48 Aktuell schafft es das Land doch viele funktionierenden Strukturen zu zerstören. Und das nicht nur im Personenverkehr. Der Ausbau mancher Strecken für Halte an jedem Kuhkaff, macht den Güterverkehr doch nur noch noch schwieriger. Und hier ist Deutschland in der in einem katastrophalen Zustand.
genau das ist ein deutsches Problem. Da gibt es eingleisige Strecken wo noch eine Kreuzungsmöglichkeit frei ist für Güterzüge und Sonderzüge, tja da wirft man dann auch noch Personenzüge rein. So das gewisse Strecke gar nicht oder nur noch nachts bzw außerhalb des Hauptverkehrs durch Güterzüge und dergleichen befahren werden können. Wenn geht es immer nur um den Ausbau des Nahverkehrs, ein Streckenausbau für den gesamten Verkehr gibt es außer auf den Magistralen gefühlt nicht. Das sieht man schon an diesem Jahrhundertbauwerk Horb - Neckarhausen.

Grüße Andreas
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Re: Tram-Train für Schramberg?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

also nach meinen Erkenntnissen ist es nicht zutreffend, dass nur an den Personenverkehr gedacht wird. So etwa liegt dem 550 Mio.€ - Ausbauprogramm auf der Gäubahn sehr wohl eine Konzeption für den Güterverkehr zugrunde. Auch auf der Bodenseegürtelbahn sieht das Ausbaukonzept, das mit millionenschwerer kommunaler Unterstützung derzeit geplant wird, Trassen für Güterverkehre vor. Dass es bis zur Umsetzung wohl später als 2030 wird, dafür kann die kommunale Seite nichts. Und als vor vielen Jahren der Ringzug geplant wurde, gab es natürlich Gespräche mit möglichen Verfrachtern. Nachdem jedoch von denen kein Interesse signalisiert wurde, sparte man sich die entsprechenden Investitionen.
Auch aus der Elektrifizierung der Südbahn dürfte der Güterverkehr Nutzen ziehen können. Und auch bei der kommunalen "Räuberbahn" kann man ja wohl nicht behaupten, dass dem Güterverkehr keine Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Auch im Fall Senden - Weißenhorn war es so, dass die DB die Einstellung des Güterverkehrs beantragt hatte. Um den noch regelmäßig die Schiene nutzenden lokalen Industriebetrieb nicht zu verlieren, nahm man sich von der kommunalen Seite der Schienenstrecke an und reaktivierte sie mit Hilfe des Freistaats Bayern für den Personenverkehr und zwar so, dass der Güterverkehr nach wie vor stattfinden kann. Und letzterer läuft sehr erfolgreich. Ich rechne damit, dass die Strecke über kurz oder lang elektrifiziert werden wird und kenne auch Betriebskonzepte, die zeitweise einen 30-Minuten-Takt im Personenverkehr vorsehen.

Beim Lesen der Beiträge von Wolfgang65 drängt sich zumindest mir auf, dass er ein Feinbild "Land" vor Augen hat, meines Erachtens völlig zu unrecht. Es ist doch das Land, welches z.B. für Horb-Heiligenfeld Infrastrukturen anstelle des Eigentümers Bund mitfinanziert oder welches zahlreiche Symposien und Seminare veranstaltet, die sich mit dem Güterverkehr befassen. Aufgefallen ist mir aber auf solchen Seminaren schon des öfteren, dass z.B. keine Bahnvertreter anwesend waren. Oder diese gaben sich vor Scham nicht zu erkennen, weil es an Kritik über die Betriebsführung nur so hagelte. Stunden- oder gar tagelange Verspätungen im Kombinierten Verkehr sind offenbar nicht selten.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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