Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
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Vielfahrer
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Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Beitrag von Vielfahrer »

Das Schwäbische Tagblatt berichtet heute über die Zustände auf der Ammertalbahn:

Besserung nicht in Sicht. Gar kein Zug oder nur ein halber: Die Ausfälle auf der Ammertalbahn werden immer häufiger. Von Montag an fehlen auch noch die Zusatzzüge der HzL. Von Uschi Hahn.


Der Tübinger Landrat ist "stinkesauer". Die Zustände auf der Ammertalbahn "sind eine Katastrophe", sagt Joachim Walter. "Lieber heute als morgen" würde er die Verträge mit der Bahntochter DB Regio über den Betrieb der Zugstrecke zwischen Herrenberg und Tübingen und weiter auf der Ermstalbahn bis nach Bad Urach kündigen. "Aber wir haben keine Alternative."
Schon seit langem fallen auf der den Landkreisen Tübingen und Böblingen gehördenden Ammertalbahn immer wieder ganze Züge aus oder es fehlen bestellte Fahrzeuge. Denn die mit Diesel betriebenen RegioShuttles VT 650 (RS1) sind alt und müssen immer häufiger gewartet und repariert werden. Und eben da hapert es bei der DB. Walter spricht in diesem Zusammenhang von "erheblichem Mißmanagement".
Die betagten Dieselfahrzeuge sind Auslaufmodelle und werden fast nur noch von der Deutschen Bahn benutzt. Aber es sind die einzigen Zugtypen, die mit 100 Stundenkilometern schnell genug sind, um den ambitionierten Fahrplan auf der noch nicht elektrifizierten Ammertalbahn zu bedienen. Zu den Stoßzeiten fahren sie im Viertelstundentakt mit zum Teil vier hinereinander gekoppelten Fahrzeugen.
Oder besser: Sie sollten im Viertelstundentakt fahren. Doch allein am Montag dieser Woche fuhren in der prekären Stunde zwischen 7 und 8 Uhr drei Züge mit insgesamt fünf Wagen weniger im Tübinger Hauptbahnhof ein. Ein Zug fiel sogar komplett aus. In den Tagen danach war es kaum besser. Am gestrigen Donnerstag zum Beispiel fuhr der erste Zug in Herrenberg gar nicht erst los, weil der Lokführer beim Richtungswechsel die Wendeschaltung nicht betötigen konnte. Das ergab Ausfälle und erhebliche Verspätungen bis nach Bad Urach. Die Folge der Ausfälle sind komplett überfüllte Züge. Berufspendler und Schüler stehen dicht an dicht. Keine Chance, Corona-Abstandsregeln einzuahlten.
Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: "Wir haben Bedenken, dass es noch viel schlimmer wird", sagt Sarah Wüstenhöfer, die Geschäftsführerin des beim Landkreis Tübingen angesiedelten Zweckverbands für den öffentlichen Personennahverkehr im Ammertal. Denn zum Fahrplanwechsel am kommenden Montag fallen die Züge der Hohenzollerischen Landesbahn HzL weg, die als Leihfahrzeuge vor allem im Schülerverkehr eingesetzt wurden - so fuhren sie morgens zur ersten Schulstunde von Entringen bis Derendingen, um die Schüler aus dem Ammertal zum Schulzentrum Feuerhägle zu befördern.
Die HzL fährt künftig mit anderen Zügen, die für die Ammertalbahn nicht schnell genug sind. Ihre alten Fahrzeuge, ebenfalls vom Typ RS1, hat sie aussortiert und "klammheimlich nach Tschechien verkauft", sagt Gerhard Schnaitmann, versierter Bahnverkehrsexperte im Ruhestand, der vom Ammertalbahnzweckverband als Berater engagiert wurde. Vom kommenden Montag an muss die RAB den Betrieb also alleine mit ihrem Fuhrpark stemmen. Schnaitmann sieht da schwarz. "Es wird nicht ausreichend in die Wartung investiert", wirft er der Bahn vor.
Als Begründung für die seit Jahren immer häufiger werdenden Ausfälle höre man "mal dass die Ersatzteile nicht kommen, mal dass es einen hohen Krankenstand in der Werkstatt gibt", berichtet Sarah Wüstenhöfer.
Dem TAGBLATT gegenüber begründete ein Bahnsprecher die aktuellen Ausfälle mit vier Fahrzeugen, die sich mit einer "längeren Standzeit" in der Werkstatt in Tübingen befänden. Eines habe einen Wildunfallschaden, eines eine aufwändige Dachreperatur, bei zweien sei eine technische Störung zu beheben. Der Bahnsprecher räumt ein, dass es deshalb "zu überfüllten Zügen in den Hauptverkehrszeiten" komme. Aber trotz Sonderschichten in der Werkstatt, in der nun auch am Sonntag gearbeitet werden, konnte er "keine Prognose geben, wann es zu einer deutlichen Verbesserung kommt", so der Bahnsprecher. Im Übrigen verweist er auf Busse, die mman als Ersatz für ausfallende Züge einsetze.
"Diese Notbremse", sagt Gerhard Schnaitmann und lacht bitter auf. "Da steigt doch niemand ein." Und das völlig zu recht, wie der Ammertalbahn-Berater findet. "Mit denen stehen die Leute im Stau auf der Straße und brauchen länger, als wenn sie auf den nächsten Zug warten."
Abhilfe, da sind sich die Verantwortlichen im Tübinger Landratsamt einig, wird es wohl erst geben, wenn die Ammertalbahn elektrifiziert ist. Also zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022. So lange ist der Zweckverband vertraglich an die RAB gebunden. Und zahlt dafür sogar noch deutlich ehr als bisher.

Per Notvergabe sicherte der Zweckverband Ende Juli den Zugverkehr durch die Bahntochter DB Regio auf der Ammertalbahn bis zum Dezember 2022. Denn die alten Verträge laufen nur bis zum Fahrplanwechsel am kommenden Montag. Ein anderer Betreiber für die noch nicht elektrifizerte Strecke ließ sich nicht finden. Der Notbetrieb ist teuer. Statt 7,04 Euro kostet der Zugkilometer nun 12,39 Euro. Statt bisher 3,8 Millionen zahlt der Zweckverband nun 6,7 Millionen Euro im Jahr an die Deutsche Bahn.

Lautsprecher als Abhilfe - zum Fahrplanwechsel gibt es Änderungen auf der Ammertalbahn

Der Fahrplanwechsel am kommenden Montag, 13. Dezember, bringt für die Fahrgäste auf der Ammertalbahn Veränderungen. Wie der Zweckverband für den Personenverkehr im Ammertal mitteilt, wird es morgens zur ersten Schulstunde keine durchgehende Verbindung von Entringen nach Derendingen mehr geben. Wer zum Schulzentrum Feuerhägle will, muss am Tübinger Hauptbahnhof von der auf Gleis 2 ankommenden Ammertalbahn auf den Zug der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL) umsteigen, der am selben Bahnsteig auf Gleis 3 zur Weiterfahrt bereit steht.
Die Änderungen seien dem neuen Verkehrsvertrag zwischen dem Zweckverband und der DB Regio geschuldet, heißt es in der Mitteilung. Die immer wieder ausfallenden oder geschwächten Zugverbindungen versucht der Zweckverband zu kompensieren. Neben eine vor allem abends präsenteren Kundendienst soll eine neue Lautsprecheranlage mit einem extra angestellten Sprecher die Fahrgäste besser über ausfallende Züge und Ersatzbusse informieren.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Karl Müller
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Re: Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Beitrag von Karl Müller »

Hallo,
das war nicht anders zu erwarten. Und, den zuständigen Politikern muß man vorwerfen das diese Zustände leidlich zu erdulden.

Was den Verkehrsvertrag angeht - das ist bekannt. Dieser hat Kündigungsfristen. War das allen unbekannt?

Was die HzL- RS angeht. Ganz ehrlich, seit bekannt ist das die Hzl Linte einsetzt war klar das die Zusatzzüge entfallen. Logisch, oder? Wenn das selbst einem Eisenbahnfreund bekannt ist, warum dann nicht den Verantwortlichen? 1+ 1 = 2. Nicht 3.

Also sollen Landräte und Zweckverbandsvorsitzende nicht herumheulen. Ein neuer Betreiber für 2 Jahre konnte nicht gefunden werden? Wie wäre es mit der Hzl mit den besagten RS gewesen, ein bißle politischer Druck auf die SWEG/HzL? Das diese sich bewirbt und das Angebot wird zurechtgebogen? Echt jetzt, selbst das Netz "Donau-Ostalb" wurde für DB Regio so hingebogen das NUR die DB es erhalten konnte. Wer sonst hat "Fahrzeuge mit Neigetechnik" zu bieten?
( Ja, ich weiß, das sind NUR Vermutungen von mir persönlich)

Und, die ganze Misere beim RAB ist seit Zig Jahren zu beobachten. Bezahlt die arbeitenden Menschen anständig, und, der Laden läuft von allein. Gebt Ihnen einen anständigen Chef.
Man fragt sich warum es bei der Schönbuchbahn/WEG so gut läuft. Was machen die anders?

Mir wurde mehrmals zugetragen das der Landrat "tobt" ob der Zustände auf der Ammertalbahn, aber, wird sich daran was ändern?

Gruß Oli
wolfgang65
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Re: Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Beitrag von wolfgang65 »

Die unfähigsten Politiker sind die, die nicht mal merken, dass sie Mitverursacher der Situation sind - traurig..... na ja Stuttgart, Freiburg - wohin man kuckt das gleiche Bild. Was für ein Glück, dass Corona die Situation verbessert hat.

Grüße

Wolfgang
Vielfahrer
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Re: Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

nachdem in dieser Woche der Schülerzug um 13:07 Uhr anstatt mit 3 Shuttles nur mit einem gefahren ist und auf den Gleisen daneben die RegioShuttle der HzL abgestellt sind, kocht die Volksseele wieder. In mehreren Leserbriefen gehen die Verfasser mit den für diese Situation aus ihrer Sicht Verantwortlichen ins Gericht. So wird gefordert, dass die Nutzer der Ammertalbahn, die bisher keine Entschädigung für Zugausfälle usw. erhalten haben wie Fahrgäste auf Strecken des Landes, dass ihnen eine Monatskarte nachgelassen wird bzw. zwei, weil sie so lange darauf warten müssten. Auch versteht niemand, dass man noch zwei Jahre lang das Drama mit dem RAB und den schlecht gewarteten Shuttles des RAB mitmachen soll, während die Landesgesellschaft SWEG (HzL) ihre Shuttles nach Tschechien verkaufen darf. Irgendwie ist das schon provokativ, wenn man die HzL-Shuttles (7 Stück sind es) genau dort abstellt, wo der RAB regelmäßig mit zu wenigen Kapazitäten am Gleis 13 abfährt.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Saugkreisdrossel
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Re: Ammertalbahn noch schlechter und 75% teurer

Beitrag von Saugkreisdrossel »

Karl Müller hat geschrieben: Sa 12. Dez 2020, 11:11 ...
Man fragt sich warum es bei der Schönbuchbahn/WEG so gut läuft. Was machen die anders?
...
Der Hauptunterschied ist der, dass dort die Fahrzeuge (zumindest die meisten RS1) dem Zweckverband gehören. Dieser wird sich also schon mal hüten, sich negativ über die Fahrzeuge zu äußern, er würde sich ja selbst ans Bein pinkeln.
Bevor die Elektrifizierung begann wurde der Betrieb dort mehrere Jahre ohne ein einziges Reservefahrzeug abgewickelt. Da war vom Zweckverband klar festgelegt, welcher Zug bei Fahrzeugmangel gekürzt wird. Dieser Zug fuhr teilweise über Monate nur mit zwei statt mit drei Fahrzeugen ohne dass ein Hahn danach gekräht hätte.
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