Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
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Vielfahrer
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Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die Badische Zeitung berichtet (leider hinter einer Bezahlschranke) über eine Streckenbegehung der Eisenbahnfreunde Wehratalbahn e.V. im Rahmen einer BZ-Tour "Hautnah". Als die Gruppe zwischen Schopfheim Schlattholz und dem Fahrnauer Tunnel unterwegs war, stellte sich eine Anwohnerfamilie den Streckenbegehern entgegen. Sie hat auf dem ehemaligen Bahndamm einen Garten angelegt, den sie nach ihren Angaben gepachtet hat. Ihr Haus stehe jedoch auf privatem Grundstück, hart auf der Grenze. Die Reaktivierung der Wehratalbahn sei ein "ungeheuerliches" Projekt, rief die Mutter von vier Kindern unter Tränen. Auch in Wehr-Brennet stünden mehere Häuser nur einen Meter neben der Bahntrasse, wurde argumentiert.

Ein weiterer Betroffener in Fahrnau behauptete, dass ihm ein Teil des Bahndamms gehöre und er seit vier Jahren dort wohne. Das Bahnhofsgebäude in Hasel (der Ort liegt ein gutes Stück weiter oberhalb) ist seit vielen Jahren im Besitz eines Vereins. Eine Erneuerung der Strecke würde das Aus für viele Kinder- und Jugendfreizeiten bedeuten, wurde gemutmaßt. Brauchen die Kinder nur das Gebäude oder auch die ehemaligen Gleisanlagen? Und dann natürlich noch - wie bei fast allen Reaktivierungen - gibt es das Lärmproblem.

Aus Sicht der Eisenbahnfreunde Wehratalbahn stellt der Fahrnauer Tunnel das Hauptproblem dar. An Fledermäuse, Lurche, Molche und Kröten müsse man denken. Vom Profil her wäre es kein Problem, ein Gleis in den früher zweigleisigen und elektrifizierten Tunnel zu legen. Aber man müsse auch an den Fluchttunnel denken, der nach heutigen Vorschriften bei längeren Tunnels notwendig ist. Technisch sei es möglich, bei eingleisigem Betrieb eine Betonröhre als Rettungsweg in den Tunnel einzuziehen. Angeblich sollen Kosten in einer Größenordnung von 100 Mio. € im Gespräch sein.

Bekanntlich haben die Landkreise Waldshut und Lörrach eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Wehratalbahn in Auftrag gegeben. Die Studie wird laut dem Pressebericht gegen Ende des Jahres erwartet. Prognosen für die Wehratalbahn hatten ein hohes Potential für die Reaktivierung ermittelt.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Karl Müller
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Re: Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von Karl Müller »

Hallo,
ja, die Eisenbahn hat nicht nur Freunde. Auch in Tübingen wurde gegen die Regionalstadtbahn demonstriert. Und, bei den Planungs- und Demonstrationszeiträumen in diesem Land wird sich dort die nächsten 20 Jahre kein Rad drehen, meine ich.
Wenn dann noch der Naturschutz ( Tunnel-Fledermäuse und so) daher kommt dann geht nichts mehr, siehe HHB.
Gruß Oli
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Villinger
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Re: Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von Villinger »

Guten Morgen aus Genua,

besonders am Beispiel Tübingen muss ich wirklich an der Menschheit zweifeln, wie man gegen eine so derart sinnvolle Maßnahme sein kann.
Und wenn man so Bürgerinitiativen etwas genauer mitverfolgt, ist der Protest keinesfalls sachlich - da wird tatsächlich argumentiert, dass der Stadtbahnbau umweltschädlich sei, da ja die Investition nie wieder durch verlagerte Autofahrten abgefangen wird und solche Späße. Oder man deklariert alte Brücken, die womöglich in Kürze teuer saniert werden müssten (und die mit einer Stadtbahn direkt neu gebaut würden, soweit ich weiß ist das beim KIB oftmals wirtschaftlich sinnvoller) als kerngesund.

Sind die wirklich so irre drauf oder haben sie nur Angst, mit dem schicken SUV nicht mehr direkt vor die Bäckerei fahren zu können? So kommt mir das Personal im mittleren Neckarraum (DAS Autoland schlechthin) manchmal im Bezug zu Bahnvorhaben vor.
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meterspurgleisbauer
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Re: Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von meterspurgleisbauer »

Hmm, ob die Anwohner, die den Bahndamm als ihr eigen nennen bzw. einen Garten darauf angelegt haben, schon mal was vom AEG gehört haben? Insbesonders die §§11 und 23?

Aber irgendwie kommen mir die Argumente der Bahngegner merkwürdig bekannt vor, ob die mit den Bahngegnern in Möglingen verwandt sind?

Gerald
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Tf Reinhard
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Re: Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von Tf Reinhard »

Sinnvoll für die Allgemeinheit hört leider da auf, wo man persönlich zurückstecken muss.

Reinhard
Ich bn wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. Manche auch beides.
Vielfahrer
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Re: Wehratalbahn kriegt Gegenwind von Anwohnern

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

ein wenig erinnere ich mich auch an die Anfangsmonate des Ringzugs. Da waren die Anwohner in Hüfingen in der Weitengasse/Gallusweg aus Lärmgründen auch dagegen. Irgendwann aber hat der Protest offenbar nachgelassen, jedenfalls war es dann später kein Problem mehr, welches ständige Schlagzeilen verursacht hat.

Große Proteste hat es damals auch in Grüningen gegeben. Es ging deutlich über das tolerierbare Maß hinaus. Während des Baus des Bahnsteigs in Grüningen gab es eine automatische Warnanlage für die Arbeiter. Gewalttätige Mitbürger, die aber meines Wissens nicht ermittelt werden konnten, haben die Kabel der Warnanlage durchgeschnitten...

@Villinger: erst mal einen schönen Gruß nach Genua. Ab und an habe ich dort schon mir im Bahnhof Piazza Principe einen Cappuchino gegönnt. In Tübingen haben sich die Gegner der Innenstadtstrecke gesammelt. Sie sind nicht gegen die Regionalstadtbahn, wohl aber gegen die Innenstadtstrecke in Tübingen, die vom Bahnhof aus über die marode und deswegen neu zu bauende Neckarbrücke sowie die Mühlstraße / Wilhelmstraße zur Universität und weiter über das Altklinikum zu den Kliniken auf dem Berg und die Universitätsinstitute auf der Morgenstelle, das Wohngebiet Wanne und das Technologiezentrum bei der Sternwarte bis Waldhäuser Ost (stark verdichtetes Wohngebiet) fahren soll.

Die Gegener argumentieren, dass man doch auf Busse umsteigen könne. Sie haben den Witz der Regionalstadtbahn überhaupt nicht verstanden. Ich denke, dass eine umsteigefreie Verbindung aus der Region bis zum Arbeitsplatz für zehntausende Pendler - wie man in Karlsruhe ja erfolgreich gezeigt hat - eine sehr große Wirkung zeigen wird. Alle Gutachter, die sowohl Innenstadtstrecke, alternative Schnellbusse und auch Seilbahnen analysiert haben, kamen zum Schluss, dass die Innenstadtstrecke mit Abstand am besten geeignet ist, den motorisierten Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr zu bringen. Durch die Mühlstraße fahren heute ca. 2.200 Busse pro Tag(!). Wenn die Regionalstadtbahn im 7,5 min-Takt in Richtung und Gegenrichtung verkehrt, könnte rund 1/3 der Busse eingespart werden bzw. in die Peripherie umgeschichtet werden. Das würde die Straßen entlasten, Lärm vermeiden und auch dem Klima nutzen, obwohl etliche Hybridbusse unterwegs sind. Theoretisch könnten viele Autofahrer am Stadtrand parken und mit Bussen weiterfahren. Sie machen es aber nicht.

Heute übrigens war ein Leserbrief von unserem OB Boris Palmer in der Zeitung, der sich mit einem Kritiker auseinandersetzte. Palmer hatte in seinen Anfangsjahren einen Dienstwagen (wie wohl alle OBs) gehabt. Die Kosten pro Jahr einschließlich eines Fahrers betragen ca. 60.000.- €. In den 10 Jahren, in denen Palmer nunmehr auf einen Dienstwagen und den Fahrer verzichtete, fährt er kurze Strecken mit dem Rad oder dem ÖV und lässt sich eine BahnCard 100 von der Stadt bezahlen. Er schreibt, dass seine Mobilitätskosten als OB ca. 10.000.- € pro Jahr betragen und er damit schon über 600.000.- € für den städtischen Steuerzahler eingespart hat.

Noch eines will ich generell anmerken, da die Bundestagswahl demnächst ansteht. Die Gesellschaft für Rationale Verkehrspolitik, der ich angehöre, hat sog. Wahlprüfsteine an die Parteien geschickt. U.a. auf DSO können die Fragen und Antworten nachgelesen werden. Aber ganz verkneifen kann ich mir die Antworten der AFD nicht, zumal ich das Gefühl habe, dass nicht wenige so denken...

Frage 1 zu Externe Kosten: Die fehlende Anlastung Externer Kosten verzerrt den Wettbewerb im Verkehr. Eine nicht optimale Arbeitsteilung ist die Folge, mit negativen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt.
Streben Sie eine Reduktion bzw. verursachungsgerechte Anlastung der Externen Kosten an, und mit welchen Maßnahmen?

Antwort der AfD: „Externen Kosten“ wurden erfunden, um unterlegene Verkehrsträger gegenüber überlegenen „besser zu rechnen“. Der Schienenpersonennahverkehr wird seit der Regionalisierung ganz wesentlich durch die Energiesteuer finanziert. In kaum einem anderen OECD-Staat werden die Schiene schon heute derart subventioniert und Straße und Luft belastet, wie in Deutschland.

Frage 2 zum Bau von Verkehrsinfrastruktur (1/3): Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurde das Straßennetz sehr stark ausgebaut.
Sehen Sie einen Nachholbedarf bei den anderen Verkehrsträgern, und wenn ja, wie wollen Sie diesen abbauen?

Antwort der AfD: Im Schienenverkehr sehen wir Ergänzungsbedarf bei der Elektrifizierung, dem Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Netzes und für den Schienengüterverkehr (SGV) wichtigen Zulauf- oder Bypass-Strecken. Insbesondere brauchen wir eine europäische Lösung zur Verlagerung von SGV vom Rheintal auf eine Strecke durch Belgien und das Elsass. Im deutschen Autobahn-Netz gibt es durchaus noch Ausbaupotentiale. Ganz wichtig ist die Realisierung der A20, aber auch die Fertigstellung von A49, A14, A94, A98 usw.

Frage 3 zum Bau von Verkehrsinfrastruktur (2/3): Der Bau neuer Verkehrswege löst immer wieder Widerstände in der Bevölkerung aus, oftmals nach dem Prinzip „Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd‘ andere an“.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass Einzelinteressen nicht vor dem Gemeinwohl stehen?

Antwort der AfD: Leider entsteht Widerstand bei allen Infrastrukturprojekten, egal ob Schiene, Straße oder Flughäfen. Die Schweizer Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT), der neuer Brennerbasistunnel, aber auch die feste Fehmarnbeltquerung sind wichtige Maßnahmen, um den innereuropäischen SGV überhaupt konkurrenzfähig zu halten. Diese erfordern den Ausbau der
Zulaufstrecken. Wichtig ist, dass wir optimalen Lärmschutz von Anfang an einplanen und die Trassenführungen auch baulich optimieren — also auch unterirdisch oder im Trog.

Frage 4 zum Bau von Verkehrsinfrastruktur (3/3): Bei Bahnprojekten erfolgt die konkrete Bauplanung erst, wenn auch die Finanzierung des Baus geregelt ist, während bei der Straße häufig „auf Vorrat“ geplant wird, so dass bei Verzögerungen die Finanzmittel umgeschichtet werden können.
Streben Sie diese Vorgehensweise auch bei Bahnprojekten an?

Antwort der AfD: Nein. Über die DB AG hört man, dass sie kein beliebter Auftraggeber sei. Das soll auch an Zahlungsmoral, Prozess- und Haftungsrisiken liegen. Das europäische Ausschreibungsrecht ist bei Großprojekten nachteilig und auch der Hang der deutschen Politik, Großprojekte zu billig zu rechnen. BER oder ‚Stuttgart 21‘ sind eklatante Beispiele. Die Schweizer machen es besser: zum einen lässt sich das Stimmvolk nicht so leicht betrügen wie Parlamente, zum anderen ist das Schweizer Vergaberecht realitätsnäher, weil ‚schöngerechnete‘ Angebote ausgesondert werden können.

Frage 5 zur Sicherheit im Straßenverkehr: Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) fordert ein generelles Tempolimit auf Autobahnen, die Deutsche Verkehrswacht fordert dazu einen entsprechenden Feldversuch.
Welche Höchstgeschwindigkeiten sollen nach Ihren Vorstellungen auf den verschiedenen Straßentypen gelten?

Antwort der AfD: Es gibt keine Gründe für Änderungen. Durch Assistenzsysteme wird das Auto immer sicherer.

Frage 6 zu den Eisenbahn-Unternehmen des Bundes (1/3): Artikel 87e, Absatz 3, Satz 1 des Grundgesetzes lautet: „Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form geführt.“
Welche Autonomie der Unternehmensführung der Deutschen Bahn AG leitet sich Ihrer Auffassung nach aus dieser Verfassungsbestimmung ab?

Antwort der AfD: Ziel der EU war es, die hochverschuldeten Bahnen wirtschaftlich zu gesunden. Die Bundesregierung müsste für eine anständige Unternehmenspolitik sorgen. Die DB hat einfach gelernt, dass es leichter ist, das Geld beim Steuerzahler zu holen, als durch gute Leistungen hart zu verdienen.

Frage 7 zu den Eisenbahn-Unternehmen des Bundes (2/3): Manche Strukturen des DB-Konzerns waren im Hinblick auf einen möglichen Börsengang entwickelt. Die DB Mobility Logistics AG wurde nach der Absage des Börsengangs wieder aufgelöst.
Welche weitere Entwicklung des DB-Konzerns streben Sie an, und auf welche Rahmenbedingungen ist Rücksicht zu nehmen?

Antwort der AfD: Sofortige Kündigung der Beherrschungsverträge zwischen DB-Holding und operativen Gesellschaften. DB Schenker ist für Mehdorns Börsenstory zugekauft worden. Es ist nicht Aufgabe der DB, Logistik zwischen China und den USA zu organisieren. Dieser Unternehmensteil muss dringend verkauft werden, die Erlöse müssen in das deutsche Schienennetz fließen. Langfristig gibt es keinen Grund, EVUs in öffentlichem Besitz zu halten. Jedoch muss die EU hier einen synchronisierten Vorstoß machen. Es macht keinen Sinn, wenn die DB ihre EVUs ‚entstaatlicht‘ und italienische, niederländische oder französische Staatsbahnen in Deutschland aktiv sind. Die Schieneninfrastruktur muss hingegen in staatlicher Hand bleiben, wobei die kleineren Stationen in den Aufgabenbereich der Länder übertragen werden sollten. Die Aufgabenträger wären hier die besseren Verwalter.

Frage 8 zu den Eisenbahn-Unternehmen des Bundes (3/3): Einige Großstädte und Urlaubsregionen in Deutschland sind nicht mit dem Schienenpersonenfernverkehr erschlossen. Auch beim europäischen Weitstreckenverkehr (Tag- und Nachtzüge) stehen Wünsche im politischen Raum.
Halten Sie staatliche Eingriffe für geboten, und wenn ja mit welchen Instrumenten?

Antwort der AfD: Ein Baustein der Bahnreform war die Eigenwirtschaftlichkeit des Fernverkehrs. Die ICE-Anbindung einzelner Städte soll nach dem Aufkommen entschieden werden und nicht, ob
ein Abgeordneter dort wohnt. Einige politische Kräfte wollen zurück zur Planwirtschaft der alten Bundes- bzw. Reichsbahn. Die Akzeptanz des Verkehrsträgers Bahn wird jedoch nicht erhöht, wenn ‚Heiße Luft‘ befördert wird. Unser Gesundheits- und Rentensystem ist aber unterfinanziert, deshalb wird der Spielraum für die Schiene eher kleiner als größer werden. Für Träumereien wird kein Geld da sein.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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