Seite 1 von 1

Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mo 13. Apr 2015, 22:21
von Vielfahrer
In der heutigen Kreistagssitzung hat der Kreistag des Schwarzwald-Baar-Kreises mit großer Zustimmung trotz deutlich gestiegener Kosten (inzwischen beträgt der Anteil des Schwarzwald-Baar-Kreises 11,08 Mio €) dem Abschluss eines Finanzierungsvertrags mit der DB zugestimmt. Von allen Rednern wurde der verherrlicht Vorteil der Breisgau-S-Bahn anerkannt, gleichzeitig aber die enormen Kostensteigerungen kritisiert. Den Vogel schoß der Kreistagsabgeordnete Schützinger ab (Deutsche Liga für Volk und Heimat), der daran erinnerte, dass im Jahre 1936 die Höllentalbahn elektrifiziert worden sei und man nunmehr 80 Jahre auf die Elektrifizierung warte. Er sah aber in der Elektrifizierung auch kritische Entwicklungen (Atomstrom). Dass man in 80 Jahren nicht gemerkt habe, dass der Tunnelquerschnitt für Elektroloks nicht ausreichen würde, wollte er auch nicht glauben.

Seitens der CDU-Fraktion, die die Elektrifizierung begrüßte, wurde gefordert, dass für den Betrieb der Breisgau-S-Bahn der Schwarzwald-Baar-Kreis nicht bezahlen dürfe, die Leistungen des Landes also kostenlos für den Schwarzwald-Baar-Kreis gefahren werden müssten.

Die Freien Wähler bemerkten, dass die Elektrifizierung der Strecke den Schwarzwald-Baar-Kreis an ein modernes Verkehrssystem anhängen würde und daraus auch der Tourismus Nutzen ziehen wird.

Seitens der SPD-Fraktion, die auch zustimmte erklärte OB Dr. Kubon, dass jeder, der mit der Bahn zu verhandeln hätte, schnell merken würde, was für ein Partner die Bahn sei. Die Stadt hätte beim Schwenninger Bahnhof wie auch beim behindertengerechten Ausbau des Villinger Bahnhofs gemerkt, dass es sehr schwierig sei, mit der Bahn klarzukommen.

Seitens der Grünen wurde angemerkt, dass man die Kostensteigerungen hätte vorher wissen müssen, weil es so ja bei jedem Projekt der Schiene gehen würde. Am liebsten wäre den Grünen eine Garantie, dass es nicht noch teurer würde. Diese vermochte aber niemand zu geben. Inhaltlich aber sprachen sich die Grünen voll für die Elektrifizierung aus.

Auch die FDP votierte eindeutig pro Elektrifizierung und begründete dies mit den erheblich bessern Aufschichten für die regionale Wirtschaft. So werde in Zukunft beim Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitsplätze der Schwarzwald-Baar-Kreis gut da stehen, weil die Verkehrsverbindungen in die umliegenden Zentren stimmen würden. Die letzte Strecke nach Rottweil mit dem Anschluss an die Gäubahn sollte auch noch angegangen werden.

Landrat Hinterseh sprach dann davon, dass man die Kosten schweren Herzens akzeptieren müsse. Beim Ringzug wäre dies ja ähnlich gelaufen. Heute jedoch würde niemand mehr diesen in Frage stellen. Gleichzeitig deutete er an, dass Überlegungen hinsichtlich einer Erweiterung des Ringzugs nach St. Georgen laufen würden. Dazu würden demnächst Gespräche bei der Zürcher Beratungsfirma SMA+Partner AG geführt, über die demnächst (Anfang Mai) auf der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses informiert werde.

Zu rechnen ist weiter damit, dass die Breisgau-S-Bahn dem Ringzug im Abschnitt zwischen Hüfingen und Villingen eine gewisse Konkurrenz macht, weil zukünftig alle 30 Minuten ab Donaueschingen nach Villingen eine schnelle Verbindung ohne Zwischenhalte in ca. 9 Minuten bestehen wird. Diese hält jede Stunde dann auch in Hüfingen. Der Ringzug solle ggf. von Rottweil aus dann nach St. Georgen verkehren, weil Fahrgäste nach Freiburg sicherlich gleich in Villingen auf die Breisgau-S-Bahn umsteigen würden. Ob es aber dazu kommen werde, dass soll das Gutachten zeigen, über welches mit SMA gesprochen werde.

Unter dem Strich werde die Breisgau-S-Bahn einen hohen Nutzen für den Schwarzwald-Baar-Kreis bringen, da fast 95 % der Kreiseinwohner mit maximal einem Umstieg dann bis Freiburg fahren können.

Von der Zeitschiene her werden im Laufe des Sommers die Planungsunterlagen dem Eisenbahn-Bundesamt übergeben. Wenn dieses keine wesentlichen Schwächen erkennt, werden die Pläne dann dem Regierungspräsidium übergeben und öffentlich ausgelegt. Danach wird sich das Eisenbahn-Bundesamt mit möglichen Einwendungen befassen und voraussichtlich 2016 den sog. Planfeststellungsbeschluss erlassen. Die Bauzeit wird ab 2017 insgesamt ca. 18 Monate betragen, während denen die Strecke gesperrt sein wird (SEV ist angesagt). Wenn alles gut läuft, so soll ab Dezember 2018 die Breisgau-S-Bahn verkehren.

Der ehrgeizige Zeitplan hängt auch mit dem Auslaufen der 80%-igen Bundes-GVFG-Förderung zusammen. Sollte sich jedoch aus Gründen, die die Partner nicht zu vertreten haben, die Fertigstellung über 2019 hinaus verzögern, zahlt der Bund nicht mehr. Dankenswerterweise springt das Land Baden-Württemberg ein und sichert in diesem Fall die weitere Finanzierung.

Die Beschlüsse in den anderen Landkreisen der Regio Freiburg fallen in den kommenden Wochen, auch die Beschlüsse bei der DB.
Im Sommer ist dann die Unterzeichnung des Finanzierungsvertrags vorgesehen.

Viele Grüße vom Vielfahrer

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Di 14. Apr 2015, 15:32
von Vielfahrer
Hallo,

zur Erinnerung will ich noch einen Pressebericht von vor genau 30 (!) Jahren aus dem Südkurier Donaueschingen zitieren:

Vorschlag der Landes-Grünen

Stundentakt soll Bahn beleben
Zugverbindung Donaueschingen - Freiburg kann attraktiver werden

Die Grünen legen konkrete Pläne zur Förderung der Bundesbahnstrecke Freiburg - Ulm vor. In einem Antrag, den ihre Landtagsfraktion in Kürze dem Stuttgarter Parlament vorlegen will, schlagen sie eine D-Zug-Verbindung im Stundentakt zwischen der Breisgaumetropole und der oberschwäbischen Stadt vor. Nach einem Pressegespräch mit dem Donaueschinger Stadtrat der Grünen, Siegfried Seilnacht, teilte dies der Landtagsabgeordnete Thilo Weichert dem SÜDKURIER telefonisch mit. Langfristig wollen sie mit ihren Vorschlägen die Weiterexistenz der durch den geplanten Ausbau der B 31 gefährdeten Bahnstrecke sichern. Der Dienststellenleiter des Bahnhofs Donaueschingen, Wolfgang Roser, hält die Vorstellungen der Grünen prinzipiell für realisierbar.

Was als Pressegespräch mit dem Abgeordneten der Grünen im Stuttgarter Landtag geplant war, wurde zu einem Tete-a-Tete in Sachen Höllentalbahn zwischen dem Donaueschingen Stadtrat Siegfried Seilnacht und Wolfgang Roser. Um ihre Vorstellungen zur Förderung des Bahnverkehrs publik zu machen, hatten sich die Grünen eine Zugfahrt von Freiburg nach Ulm ausgedacht, mit Pressegesprächen an den größeren Stationen. In Donaueschingen erwartete man sie gestern jedoch vergeblich - sie hatten das ganze Unternehmen kurzfristig abgeblasen, dabei aber vergessen, ihre Donaueschingen Kollegen zu unterrichten.

Trotzdem brachte das Treffen im Bahnhofsrestaurant interessante Parallelen zwischen der Bundesbahn und der Umwelt-Partei zutage. Denn auch Roser sieht wie Seilnacht schwarz für die Höllentalbahn, wenn erst einmal die B 31 zwischen Freiburg und der Baar vierspurig ausgebaut sein sollte. "Das", so sagen beide, "wäre wohl der Tod für die Schiene".

Eine erhöhte Attraktivität soll die Strecke nun nach Ansicht der Grünen vor dem Siechtum retten. Man will sich für eine regelmäßige Ost-West-Verbindung zwischen Freiburg und Ulm stark machen, deren zeitlicher Rhythmus auch die Inter-City-Züge nach Basel und München erreichbar machen würde. Zuerst denkt man an einen Zweistunden-Takt, später an einen Stundentakt. Außerdem soll die Strecke quer durch den Schwarzwald zeitökonimischer zurückzulegen sein: Während man mit dem Auto von Donaueschingen bis Freiburg im Durchschnitt eine gute Stunde braucht, ist man mit dem Zug anderthalb unterwegs - eine Tatsache, die auch Roser ein Dorn im Auge ist. Auch er gibt der Strecke langfristig nur eine Chance, wenn eine Reiher ihrer Kurven begradigt und auch ihr Rest elektrifiziert wird.

Auch über Konkretes haben sich die Grünen laut Wiechert bereits Gedanken gemacht. So entwickelten sie Fahrpläne, die nun zur Stellungnahme der Bundesbahndirektion Karlsruhe vorliegen, bevor die Landesregierung sie zu Gesicht bekommen soll. Sogar bestimmte Zugtypen und Lokomotiven schlagen die Grünen in ihrer Ausarbeitung vor. Ihr Ziel: Eine Verkehrspolitik, die nicht die Straße bevorzugt, sagt Wiechert. Mit dem Konzept der Grünen würde die Ost-West-Verbindung bessert strukturiert und das Angebot der Bahn vergrößert. Auch Roser sieht dazu durchaus die Notwendigkeit. Mit einem Sonderangebot einer Tagesrückfahrkarte, die die Strecke nach Freiburg statt für 28 Mark für 20 Mark anbietet, hat der Donaueschingen Bahnhof in den vergangenen Monaten gute Erfahrungen gemacht.

Attraktiver soll die Bahn nach Seilnachts Vorstellungen womöglich bald für die Donaueschingen Rathausangestellten werden. Der Stadtrat lässt sich derzeit von der Verwaltung eine Statistik der jährlichen Fahrten nach Freiburg, Stuttgart und Bonn erstellen. Sei Ziel: Eine Netzkarte für die Donaueschinger Verwaltung im Großkundenabonnement.

Viele Grüße vom Vielfahrer

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 17:34
von GP4Flo
Danke für den Bericht! Hoffentlich klappt die Zustimmung auch in den anderen Kreistagen und die Bahn kriegt ihre Planung rechtzeitig fertiggestellt. Wäre wirklich schade, wenn das Projekt jetzt so kurz vor dem Ziel doch noch scheitern würde.

Die neuen Züge sind gerade auf der Breisacher- und Elztalbahn dringend notwendig. Erst letzten Sonntag wieder erlebt, wie Fahrgäste in Gottenheim zurück gelassen werden mussten, da trotz bestem Ausflugswetter nur zwei kleine RS1 angefahren kamen. Wird dringend Zeit für Elektrotriebzüge mit größerer Kapazität. Aufgrund der Durchbindung der Züge von der Höllentalbahn werden dann auch auf der Breisacher Bahn endlich alle Fahrgäste in die Züge passen.

Man muss sich das mal vorstellen. Während an Sonn- und Feiertagen auf der Höllentalbahn im Halbstundentakt mit bis zu 6 Doppelstockwagen gefahren wird, schraubt man die Kapazität an der Breisacher Bahn mit den beliebten Ausflugsorten am Kaiserstuhl wie Breisach und Ihringen auf 2 mickrige Regioshuttles im Stundentakt zurück! Schon seit Jahren kommt es immer wieder zu Situationen, bei denen am Wochenende Fahrgäste zurück gelassen werden, während sich in den Betriebshöfen die unter der Woche in der HVZ eingesetzten Regioshuttles die Achsen platt stehen.

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 18:17
von Tf Reinhard
Das mit den platt stehenden Reifen ist halt das Problem der Aufraggeber. Viel einnehmen, wenig ausgeben. Auf eigene Faus zusätzliche Fahrzeuge einsetzen ohne dafür entschädigt zu werden kann sich kaum ein EVU leisten. Wenn so ein RS1 je nach Auslastung und Haltestellenabstand 70 bis 80 Liter (vielleicht auch mehr) auf 100 km verbraucht, dann geht das ganz schön ins Geld. Als Gast-Tf kenne ich die Strecke nach Elzach noch ganz gut. Das war vor 8 oder 9 Jahren. Was da in Freiburg aus den Fahrzeugen gequollen ist hätte man selbst nicht für möglich gehalten, dass die alle Platz hatten.

Reinhard

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 19:04
von KBS720
Hallo,

ja das ist der Vorteil daran. 6 Dosto sind in der Hölle an Hochtagen erst noch zu wenig.

Reinhard aber 70-90l auf 100km? So viel braucht ja ne 218 *xD*

Grüße Andreas

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 21:27
von Tf Reinhard
Wenn die alle 2km einen Halt hat, dürfte das auch mehr sein. Es ging ja auch um übervolle Züge.

Reinhard

Re: Kreistag stimmt trotz Kostenerhöhung für Breisgau-S-Bahn

Verfasst: Mi 15. Apr 2015, 21:52
von Vielfahrer
Gut, die Diskussion ist mittelfristig betrachtet wohl überflüssig. Ich gehe nach dem positiven Entscheid beim von der Teuerung relativ am stärksten betroffenen Schwarzwald-Baar-Kreis davon aus, dass die anderen kommunalen Partner im Breisgau ebenfalls eine positive Entscheidung treffen. Dann kann noch vor der Sommerpause der Finanzierungsvertrag unterschrieben werden. Parallel dazu wird das EBA die Unterlagen prüfen und, wenn sie ohne Fehler sind, dem Regierungspräsidium zuleiten. Dies wird die Unterlagen dann öffentlich auslegen. Anschließend gehen die Unterlagen mit den Einwendungen wieder ans EBA. Dort werden sie berücksichtigt oder zurückgewiesen und dann dürfte so im Laufe des Jahrs 2016 die Planfeststellung erfolgen.
Die Planfeststellung und ein Finanzierungsvertrag sind die Basis für eine Ausschreibung der Bauleistungen. Das kostet natürlich auch einige Zeit. Wenn dann der günstigste Bieter ausgewählt ist, kann die Strecke gesperrt werden (die Rede war von 18 Monaten) und dann gebaut werden. Aus heutiger Sicht werden also Dieselzüge nur noch bis Mitte 2017 verkehren. Dann ist es echt wurst, ob die 218 über 100 Liter säuft (mein Informationsstand) oder die RegioShuttle um die 70.

Interessant übrigens auch die Entwicklung am Hochrhein. Dort wird überlegt, ob man mit privatem Geld (in der Schweiz werden Negativzinsen für höhere Summen von den Kunden verlangt) die Elektrifizierung stemmen könnte und dann aus dem Effektivitätsgewinn des elektrischen Betriebs sogar den Geldgebern eine Dividende (anstatt Negativzinsen) zukommen lassen könnte.

Bei der Breisgau-S-Bahn sah es die Mehrheit der Kreistagsmitglieder schon so, dass die Elektrifizierung der Strecke mehr oder weniger der Garant dafür ist, dass moderne Züge (und nicht etwa die alten Dosto-Wagen der Höllentalbahn) zum Einsatz kommen und überhaupt ein echter Komfortsprung eintreten wird.

Viele Grüße vom Vielfahrer