Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
Benutzer 786 gelöscht

Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von Benutzer 786 gelöscht »

Am besten man würde die Verkehrsverbünde VSB, VVR und TUT zusammenlegen (analog dem jetzigen 3er), jedoch die einzelnen Verbünde komplett aussterben lassen
Das "neue 3er Gebiet" wie ich es jetzt mal nenne anschließend in weniger und größere Zonen als das jetzt der Fall ist aufteilen um wieder verhältnismäßige Preise anbieten zu können.
Im RVF z.B. fährt man für 5,70€ von Löffingen - Breisach, minimal mehr als von Villingen - Donaueschingen.
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720-Schwarzwaldbahn
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Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von 720-Schwarzwaldbahn »

Bahner hat geschrieben: Fr 19. Jul 2019, 20:39 Am besten man würde die Verkehrsverbünde VSB, VVR und TUT zusammenlegen (analog dem jetzigen 3er), jedoch die einzelnen Verbünde komplett aussterben lassen
Das "neue 3er Gebiet" wie ich es jetzt mal nenne anschließend in weniger und größere Zonen als das jetzt der Fall ist aufteilen um wieder verhältnismäßige Preise anbieten zu können.
Zusammenlegen und Zonen vergrößern hätte sicherlich Vorteile, aber auch Nachteile.

Bahner hat geschrieben: Fr 19. Jul 2019, 20:39 Im RVF z.B. fährt man für 5,70€ von Löffingen - Breisach, minimal mehr als von Villingen - Donaueschingen.
Im Gegensatz dazu sind 4€ von FR-Hochdorf Dorfplatz nach March-Hugstetten Bahnhof für 6 Minuten Busfahrt in der Linie 25 definitiv nicht mehr Verhältnismäßig, zum Vergleich:
Vielfahrer hat geschrieben: Fr 19. Jul 2019, 20:11 Bad Dürrheim Gewerbegebiet - Schwenningen Eisstadion 3,50 €,
Vielfahrer
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Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

die Tarifdiskussion bringt uns im Augenblick nicht viel weiter. Es ist klar, dass sich was verändern muss und wird. Deshalb wurde vor einem guten halben Jahr eine entsprechende Untersuchung von den drei Landkreisen in Auftrag gegeben. Sie analysiert die Möglichkeiten, ob die drei Verbünde VVR, TUTicket und VSB zu einem größeren gemeinsamen Verbund umstrukturiert werden können, vielleicht auch nur ähnlich wie beim 3er-Verbund noch stärker kooperieren. Ganz sicher werden Vorschläge zur Zoneneinteilung (vgl. Vorbild Zonenreform in Stuttgart) und zum Tarif oder zu gänzlich anderen Strukturen (z.B. Luftlinientarif oder Regiokarte) präsentiert und, was ganz wichtig ist, mit einer Kostenberechnung versehen. Wenn diese Analyse gegen Jahresende auf dem Tisch liegt, dann kann dieses Thema intensiv weiter diskutiert werden. Mit von der Partie ist auch das Land, welches bekanntlich das Ziel hat, die Vielfalt an Verbünden im Land deutlich zu reduzieren. Dies wird das Land sich auch was kosten lassen, was dann den Fahrgästen wiederum zugute kommen wird.
Die Erkenntnis aus anderen Projekten ist, dass eine reine Tarifabsenkung zwar zu Mehrverkehr, unter dem Strich jedoch zu Mindereinnahmen führt. Um das zu verdeutlich: Wenn St. Georgen - Villingen derzeit 5,20 € kostet und der Preis um 50% reduziert wird auf 2,60 €, so müssten nicht 50% mehr Kunden, sondern 100 % mehr Kunden eine Fahrkarte kaufen, um die bisherigen Einnahmen zu haben. Alle Untersuchungen zeigen, dass die Verdoppelung nicht eintreten wird, also jemand identifiziert werden muss, der für die Mindereinnahmen gerade steht.
Deswegen müssen Tarifmaßnahmen mit Angebotsverbesserungen einhergehen. Wenn beispielsweise nach St. Georgen auch der Ringzug verkehrt und man dann alle 30 Minuten eine schnelle Bahnverbindung haben wird, dann könnte ein attraktiver Fahrpreis zum Erfolg beitragen.
Der bedeutendste Kunde des öffentlichen Verkehrs sind übrigens die Landkreise selbst. Sie bezahlen den Verkehrsunternehmen in der Regel die Schülermonatskarten. Diese machen grob 50% der Einnahmen aus, in manchen Landkreisen bis zu 2/3 der Einnahmen. Wenn nun Tarife verbilligt werden, so werden auch Schülermonatskarten billiger, also insbesondere auch für die Landkreise billiger. Das spart Gelder, die man wieder an anderer Stelle investieren kann.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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720-Schwarzwaldbahn
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Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von 720-Schwarzwaldbahn »

Ich wollte auch keine Grundsatzdiskussion losbrechen, welches jetzt das beste Tarifmodell ist sondern eigentlich zwei Grundsätzliche Dinge aufzeigen:

1.: Man sollte nicht immer nur das negative (in diesem Falle der "verhältnismässig teure Fahrpreis") sehen, sondern auch die positiven Entwicklungen klar benennen. Das gehört zu einer Sachlichen Diskussion einfach dazu. Dass heißt aber auch nicht dass man alles totschweigen soll.

und 2.: Jedes Tarif- und jedes Zonenmodell hat seine Vor- und Nachteile. Es wird überall jemanden geben, welcher mit Nachteile in Form von verhältnismässig teuren Fahrpreisen hat. Die Eierlegende Wollmilchsau gibt es definitiv nicht.
wolfgang65
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Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von wolfgang65 »

Hallo zusammen,

dann sollte man aber zuerst mit innerörtlich anfangen - 2.30€ fürs Busfahren innerhalb Villingen als Mindestpreis ist ein Witz. Das entspricht min. 5km mit dem PKW wenn man alleine drin sitzt. Bin also in fast jedem Fall innerhalb Villingens mit dem PKW günstiger unterwegs.
Parkgebühren vergessen wir absichtlich, da das bei den meisten Fahrten hier kein Thema ist und selbst die Innenstadt genügend kostenlose Parkplätze bietet.

Grüße

Wolfgang
Benutzer 786 gelöscht

Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von Benutzer 786 gelöscht »

Vielfahrer
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Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

soweit ich es beurteilen kann, gibt es recht erfolgsversprechende Strukturen beim angedachten erweiterten Verbundtarif. Favorit bei den bisherigen Überlegungen ist eine drastische Reduzierung der Anzahl der Zonen. Angedacht sind, wie mir gestern ein Kreisrat aus Tuttlingen, dem jüngst die Konzeption von SMA im zuständigen Ausschuss vorgestellt wurde, erläuterte, insgesamt nur noch 8 Zonen in den drei Landkreisen: 3 in Rottweil (Süd, Nordwest, Nordost), 3 im Schwarzwald-Baar-Kreis (Süd, Mitte, West) und 2 in Tuttlingen (Süd und Nord). Ähnlich wie bisher sollen 1 und 2 Zeitkarten-Zonen in der Preisstufe A verkauft werden, 3 Zeitkarten-Zonen in der Preisstufe B und 4 bis 8 Zonen, also die gesamte Region, in der Preisstufe C. Das wäre ein sehr einfacher, übersichtlicher und vor allem attraktiver Tarif. Für die Preisstufe A bekäme man dann beispielsweise Tuttlingen-Nord und Tuttlingen-Süd, was der komplette Landkreis wäre. Man könnte dies als "Regiokarte" für Tuttlingen bezeichnen. Denkbar wäre aber auch, dass jemand Tuttlingen-Süd und Schwarzwald-Baar-Kreis-Süd erwirbt, weil er z.B. von Fridingen nach Bräunlingen pendelt. Auch dies ginge, da nur 2 Zonen, in der Preisstufe A, ebenso natürlich von Rottweil-Süd nach Schwarzwald-Baar-Kreis Mitte (z.B. von Rottweil nach Villingen). Im Schwarzwald-Baar-Kreis würde es dann noch die Zone West (St. Georgen, Triberg, Furtwangen), in Rottweil die Zone Nordwest (Schramberg) und Nord (Sulz, Oberndorf) geben. Die Entwicklung wäre durchaus ähnlich wie beim VVS, wo aus 52 Zonen 5 Zonen gebildet wurden. Noch nicht entschieden ist die Höhe des Preises, weil sich dies naturgemäß erheblich auf die Kosten auswirkt.

Am einfachsten ist die Lage in Tuttlingen. Es handelt sich dort um einen kommunalen Verkehrsverbund, d.h. die Verkehrsunternehmen leben nicht von den Tarifeinnahmen. Sie erhalten eine feste Entlohnung für ihre Leistungen. Die Tarife dienen dann zur teilweisen Refinanzierung des Verbunds, der Rest kommt aus Landkreismitteln.

Im Schwarzwald-Baar-Kreis scheint sich eine vergleichbare Entwicklung anzubahnen, nachdem in der Südbaar kein eigenwirtschaftliches unternehmerisches Angebot eingegangen war und als Folge davon ein sog. Bruttovertrag geschlossen wurde. Also finanziert der Landkreis auch hier das Leistungsangebot und refinanziert sich teilweise über die Fahrgeldeinnahmen. Analog läuft es beim Stadtverkehr Villingen-Schwenningen, der ebenso als Bruttovertrag ausgelegt ist. Bei den restlichen Verkehren handelt es sich überwiegend noch um Verkehre, bei denen den Verkehrsunternehmen die Einnahmen zustehen. Bis Ende 2022 werden aber sämtliche Fahrpläne gemäß dem Nahverkehrsplan neu vergeben. Vorstellbar ist, dass es hier ebenfalls keine eigenwirtschaftlichen Verkehrsangebote mehr geben wird, weil u.a. das Leistungsangebot mit Taktverkehren verlässlich gestaltet wird und nicht mehr nur den Schülerverkehr im Fokus hat. Ob es so kommt, wird allerdings die Zukunft noch zeigen müssen.

Ganz anders ist die Situation im Landkreis Rottweil. Dort herrschen primär eigenwirtschaftliche, also unternehmerisch verantwortete Linien vor, die sich über Tarifeinnahmen finanzieren. Wenn nun die Tarife günstiger werden, so ginge die Eigenwirtschaftlichkeit verloren, weshalb mindestens auf die Dauer der vorhandenen Genehmigungen die Differenz zu erstatten wäre. Es wird da sehr spannend werden, ob sich die drei unterschiedlichen Strukturen zusammenspannen lassen werden.

Vorstellbar wäre, wenn es optimal läuft, dass im Laufe des Jahrs 2021 dann der neue Tarif zur Anwendung kommt. Unter dem Strich wird er viel Geld kosten. Dabei ist klar, dass günstigere Tarife auch zu Mehrverkehren führen, die aber nie so hoch sind, dass dadurch die Tarifabsenkung ausgeglichen werden könnte. Notwendig ist deshalb zugleich ein Angebotsausbau, wie er etwa in der Südbaar zum Dezember 2019 vollzogen wird (Stundentakt täglich bis nachts um 24 Uhr), um den öffentlichen Verkehr als verlässliche Alternative zum Individualverkehr präsentieren zu können. Ähnlich dürfte es in der Stadt Villingen-Schwenningen werden, wenn die Gemeinderäte den durch die Angebotserweiterung ausgelösten Kosten zustimmen. Und auch der Ringzug 2.0, die Erweiterung nach St. Georgen und die Elektrifizierung von Bahnlinien, auch die zum 15.12.2019 startende Breisgau-S-Bahn bis Villingen wird für mehr Kunden sorgen, so dass eine gewisse Hoffnung besteht, über Mehrverkehre, induziert durch Tarifabsenkung und Angebotsausbau, die Fahrgeldeinnahmen insgesamt zu halten oder ggf. sogar zu steigern. Dabei ist in die Rechnung einzubeziehen, dass sich das Land nicht lumpen lässt und sich an den Kosten der Tarifreform beteiligen wird. Weiterhin finanzieren die Landkreise ja auch die Schülermonatskarten - und wenn diese nun billiger werden, spart sich die linke Tasche Geld, was sie als Zuschuss für die rechte Tasche wieder einsetzen kann.

Ich würde aber die Lage so einschätzen, dass der "billige Jakob" nicht die gewollte Zielsetzung ist. Notwendig ist primär ein gutes Verkehrsangebot und verträgliche Preise, kein Nulltarif und kein 365.- €-Ticket, da die Leistungen ja irgendwie bezahlt werden müssen. Sinnvoll wäre im Einzelfahrscheinbereich sicherlich ein Kurzstreckenfahrschein, Tageskarten, Mitnahmeregelungen usw.

Es ist daher zu hoffen, dass möglichst viele - auch aus Klimaschutzgründen - zukünftig sich verstärkt dem ÖV zuwenden.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Benutzer 786 gelöscht

Re: Es kommt Bewegung in die Tariflandschaft

Beitrag von Benutzer 786 gelöscht »

Hallo Uli,

vielen Dank für etwas genaueren Vorstellungen/Planungen.
Das klingt wirklich sehr vielversprechend.
Hoffen wir, dass es klappt.
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