4. Singener Bahngipfele am 3. Februar 2021

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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4. Singener Bahngipfele am 3. Februar 2021

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,
der Konstanzer Abgeordnete Andreas Jung MdB (CDU) führt am 3. Februar sein 4. Singener Bahngipfele durch. Mit dabei sein wird von der Bahn der Bevollmächtigete für Baden-Württemberg, Thorsten Krenz, und für den Bund der Staatssekretär aus dem Verkehrsministerium, Steffen Bilger. Themen sind die regional von Singen ausgehenden Bahnstrecken nach Basel (Hochrhein), Friedrichshafen (Bodenseegürtelbahn) und natürlich Stuttgart (Gäubahn). Es ist anzunehmen, dass der vor einem halben Jahr von Steffen Bilger aufs Tapet gebrachte Flughafentunnel von Böblingen zum Flughafen diskutiert werden wird, zumal der Bund versprochen hat, bis Ende dieses Monats die Wirtschaftlichkeitsberechnung abzuschließen. Ich bin also einigermaßen gespannt, welches Ergebnis da wie kommuniziert werden wird.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: 4. Singener Bahngipfele am 3. Februar 2021

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

gut zwei Stunden lang dauerte heute das 4. Singener Bahngipfele von Andreas Jung MdB. Ausführlich wurde über die Gäubahn gesprochen. Staatssekretär Steffen Bilger gab preis, dass die Gutachter des Bundes festgestellt hätten, dass die Gäubahn insgesamt wirtschaftlich zu betreiben wäre und dass die Fahrzeitverkürzung nicht bei 11, sondern bei 20 Minuten liegen würde. Welche Maßnahmen wie dazu beitragen, das wäre noch nicht abschließend zu beantworten. Die Gutachter seien noch dran. Im Hinblick auf das traurige 25 jährige Jubiläum des Abkommens mit der Schweiz über eine Fahrzeitverkürzung auf 2 1/4 Stunden, also noch etwas mehr als jetzt angestrebt, meinte er, dass es hier nicht so lange mehr dauern würde. Es sei aus seiner Sicht eine Frage von einigen Wochen, nicht Monaten, bis darüber Klarheit besteht.

Klar ausgeführt wurde, dass die Führung über den Flughafen auf alle Fälle gegenüber der Führung über die Panoramabahn deutlich an Zeit spare. Seitens der DB erläuterte Thorsten Krenz, dass man daran auch gar nicht rütteln würde, weil dies vertraglich so vereinbart sei. Er erklärte ferner im Hinblick auf die vom früheren Allensbacher Bürgermeister Helmut Kennerknecht angesprochene Digitalisierung der Schiene, die sich dieser auch für die Strecken in der Region wünschen würde und nicht nur für den Knoten Stuttgart, dass ohne den Tiefbahnhof die Digitalisierung nicht möglich gewesen wäre. Es sei doch klar, dass, wenn man einen Bahnhof für die Zukunft baut, man dann auch gleich auf moderne Sicherungstechnik setzt. ECTS würde es ermöglichen, deutlich kürzere Zugfolgen zuzulassen. Krenz erwähnte auch, dass beim Ausbauprogramm der Bahn der Bahnhof Horb ein neues Stellwerk erhalten würde. Die Bauarbeiten Horb - Neckarhausen würden im Dezember 2021 aufgenommen werden und ab Oktober 2023 würden die Züge über die neue zweigleisige Strecke dann fahren.
Einen breiteren Raum nahm die Ertüchtigung der Gäubahn für den Güterverkehr ein. Hier müssen Tunnels umgebaut werden. Angesprochen wurde der Bernburgtunnel nördlich von Tuttlingen und der Hattinger Tunnel, weil hier für den zu forcierenden Kombi-Verkehr die Eckhöhe auf 4 m nur durch Profilerweiterung zu schaffen sei. Auch die Singener Kurve sei gesetzt.

Für den Personenverkehr maßgeblich wäre der Flughafenanschluss, der zu deutlicher Fahrzeitverkürzung auch zum Tiefbahnhof führen werde, ferner die abschnittsweise Erhöhung der Geschwindigkeit auf der Gäubahn auf 200 km/h und weitere punktuelle Ausbauten, eine abschnittsweise Neutrassierung und bestimmte zweigleisige Abschnitte. Die Thematik IC 2 bzw. KISS wurde nicht weiter diskutiert.

Einen sehr guten Beitrag lieferte Wilfried Franke vom Interessenverband Bodenseegürtelbahn. Er legte dar, dass die Region sich für das Vorzugskonzept entschieden hätte. Man sei bereits in der Leistungsphase 2. Das Problem wäre aber, dass der Streckenausbau - durchaus nachvollziehbar - auf 280 Mio. € kommen würde. Man sei da gut unterwegs mit Ronald Heil von DB-Netz, unter dessen Frührung aktuell ja auch die Hochrheinstrecke modernisiert und elektrifiziert wird. Und auch von der Elektrifizierung des Südbahn habe man einen Erfahrungsschatz. Der sieht so aus, dass ca. 10 % der Baukosten nicht förderfähig sein werden, d.h. an den Kommunen werden bis zu 28 Mio. hängen bleiben. Von den dann ca. 250 Mio. förderfähigen Baukosten zahle der Bund 75 % und das Land auch einen erheblichen Anteil, aber auch da bleibe ein Restbetrag bei der kommunalen Seite hängen. Der eigentliche Brocken aber wären die Planungskosten, die man auf 20 bis 25 % schätzen müsse, was von Ronald Heil auch so bestätigt wurde. Im Gegensatz etwa zu günstigeren Planungskosten bei Straßenausbauten müsse man sehen, dass man ja nicht nur eine Fahrbahn baue, sondern auch die Leit- und Sicherungstechnik usw. gleich mitgebaut und mitgeplant würde, was eben auch ins Geld ginge. Bei also rund 25% Planungskosten von 280 Mio. Baukosten wären das nochmals ca. 70 Mio. Planungskosten. Der Bund würde da 10 % übernehmen, der große Rest bliebe bei der kommunalen Seite hängen. Insgesamt müsse die kommunale Seite mit Kosten von 50 bis 70 Mio. € an Eigenmitteln für eine Strecke aufbringen, für die der Bund zuständig sei. Er forderte Steffen Bilger auf, die Finanzierung insbesondere der Planungskosten zu überdenken. Für die Kommunen sei solch ein Betrag einfach zu hoch.
Bilger stellte da, so habe ich es verstanden, leider nichts in Aussicht, vielmehr meinte er, dass dann halt das Land stärker einsteigen solle. Es sei schließlich eine Nahverkehrs- bzw. Regionalverkehrsstrecke, weshalb eine Finanzierung wie bei der Gäubahn über den BVWP nicht möglich sei.

Die Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg Birgit Hackenjos kündigte an, dass sich die IHKs und die Firmen auch aus der Schweiz darüber verständigt hätten, dass bei der Gäubahn eine jährlich abzuhaltende Fortschrittskonferenz stattfinden müsse, um zu sehen, woran es ggf. hakt. Andreas Jung sagte dazu, dass er natürlich auch im nächsten Jahr ein 5. Bahngipfele abhalten werde, u.a. genau aus diesem Grund.
Teilgenommen haben knapp 50 Personen an der online-Konferenz, die man gut und gerne auch noch erheblich länger hatte machen können, soviele Themen waren zu besprechen. Recht kurz behandelt wurde die Hochrheinstrecke, da hierzu zu Beginn der Woche im Landkreis Waldshut die DB ein eigenes Gipfele durchgeführt hatte. So gab es nur abrissartige Informationen über das zukünftige Betriebskonzept mit den von der Südbahn freiwerdenden Dieselloks nebst Dosto-Garnituren.
Dirk Andres an DB-Regio erläuterte die Hintergründe der in den kommenden Wochen beginnenden Sperrungen auf der Schwarzwaldbahn (Mitte Februar bis Mitte März wegen Bahnübergangsarbeiten von 8 - 20 kein Zugverkehr in bestimmten Abschnitten, dann Mitte März bis Ende Juli Komplettsperrung im Abschnitt St. Georgen - Hornberg, dann offen während der Sommerferien in BW, danach bis Ende November wieder Komplettsperrung, natürlich mit gut geplantem SEV). Er versicherte, dass man wirklich die beste Lösung gefunden hätte, wobei man ja vieles abwägen müsse. Und wenn das von Dirk Andres kommt, dann kann man es getrost glauben. In den Sommerferien wird also von Konstanz bis Karlsruhe gefahren, dafür ist genau in dieser Zeit die Gäubahn zu, weshalb der Gäubahn-Güterverkehr über die Schwarzwaldbahn ausweichen wird.
Kurz angesprochen wurden auch zwei zu reaktivierende Bahnlinien im Raum Singen, die Ablachtalbahn und die Strecke Singen - Rielasingen - Stein am Rhein - Etzwilen. Thorsten Krenz betonte, dass er sich eigentlich nicht über Strecken äußern könne, die gar nicht zu seinem Zuständigkeitsbereich gehören. Nichtsdestotrotz sei er froh darüber, sich hier entsprechende Initiativen regen. Das würde dem Gesamtsystem Schiene nur nützen.
Steffen Bilger sagte noch, dass er glücklich darüber sei, dass er nicht mit leeren Händen zum Gipfele hätte kommen müssen, wie machmal früher. Es sei angesichts der Notwendigkeiten beim Klimawandel gelungen, die finanziellen Voraussetzungen für eine Stärkung des Schienenverkehrs nachhaltig zu verbessern. Während man vor Jahren noch von 333 Mio. €/Jahr über 0 Mio. €/Jahr nachgedacht hätte, stünden jetzt 2 Mrd. €/Jahr vom Bund für das GVFG zur Verfügung, also eine Versechsfachung, wobei dieser Betrag zusätzlich jährlich um einen Inflationsausgleich dynamisiert werde. Außerdem würde in diesem Jahr erstmals mehr Geld für die Schiene als für die Straße seitens des Bundes aufgewandt werden. Er bat Andreas Jung, der in der Haushaltskommission des Bundes tätig ist, auch weiterhin dafür zu sorgen, dass das so bleiben werde.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: 4. Singener Bahngipfele am 3. Februar 2021

Beitrag von Villinger »

Spricht von den Schienenbetrauten des Bundes eigentlich überhaupt noch jemand von den anderen Ausbauabschnitten der Gäubahn im Bereich Rottweil-Tuttlingen? Dort sind und waren seit Ewigkeiten auch Doppelspurabschnitte geplant, die bei aller Euphorie für "Wir haben nun den Finanzierungsvertrag für Horb-Neckarhausen!" gerne vergessen werden. Den Doppelspurabschnitt von Rottweil nach Neufra will man ja der Ringzug 2.0-Planung anhängen und so schon mal direkte Bundesmittel sparen, kommt es einem vor.
Dirk Andres an DB-Regio erläuterte die Hintergründe der in den kommenden Wochen beginnenden Sperrungen auf der Schwarzwaldbahn (Mitte Februar bis Mitte März wegen Bahnübergangsarbeiten von 8 - 20 kein Zugverkehr in bestimmten Abschnitten, dann Mitte März bis Ende Juli Komplettsperrung im Abschnitt St. Georgen - Hornberg, dann offen während der Sommerferien in BW, danach bis Ende November wieder Komplettsperrung, natürlich mit gut geplantem SEV).
Solche Sperrzeiten sind auch Bahnfahren zum abgewöhnen. Die letzten SEV im Schwarzwald liefen eigener Erfahrung immer so, dass der Bus 30min längere Fahrzeit benötigt, und dann nach 30min Warten der nächste Takt regulär fährt. Auch bei der SEV-Planung für die Vier-Wochen-Sperre bei Welschingen nutzt einem der geänderte Fahrplan zwischen Konstanz und Singen nur für die Fahrt nach Süden. Wenn man von Konstanz nach Norden den RE nach Singen und Schnellbus nach Engen nimmt, steht man dort über 30min, weil es nur mit diesen Fahrlagen in diesem Abschnitt mit nur einer Fahrzeuggarnitur funktioniert.
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Re: 4. Singener Bahngipfele am 3. Februar 2021

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Fridinger,

seitens des Bundes bzw. der Bahn wurde der Abschnitt Rottweil - Tuttlingen, insbesondere die mal vorgesehenen Doppelspuren zwischen Rottweil und Neufra sowie zwischen Rietheim und Wurmlingen, nicht angesprochen. Guido Wolf als Vorsitzender des Interessenverbands Gäubahn erkundigte sich jedoch danach, allerdings mit dem Hinweis versehen, dass diese Planung ja noch aus der Zeit der Neigetechnik-Konzeption stamme und daher möglicherweise in bestimmten Abschnitten überholt wäre. Aufgrund der knappen Zeit wurde dies jedoch nicht weiter erörtert.

So wie ich die zukünftigen Betriebskonzepte kenne, benötigt der Personenverkehr beides nicht, da die IC im Stundentakt sich im Bereich Grünholz (neuer wichtiger Doppelspurabschnitt Grünholz - Oberndorf) und Tuttlingen kreuzen werden und die Ringzüge weiterhin in Aldingen. Die Funktion der Gäubahn im Güterverkehr legt aber nahe, dass man - an welcher Stelle auch immer, entsprechend lange Überhol- oder Kreuzungsgleise benötigen wird. Wo genau das sein wird, wird die DB mittels einer Betriebsprogrammstudie und ggf. einer entsprechenden eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Untersuchung im weiteren Verlauf ermitteln. Dies wird, wenn ich das richtig verstanden habe, folgen, sobald grünes Licht seitens der Gutachter des Bundes gegeben wird. Könnte also recht bald der Fall sein.

Wenn man den Ausführungen von Steffen Bilger und Thorsten Krenz Glauben schenken darf, so ist die Gäubahn bei der Bundesverkehrswegeplanung immerhin in der obersten Priorität und das Geld dafür ist bereitgestellt. Es verwundert jedoch, dass so glasklare Teile wie die Singener Kurve für den Güterverkehr noch nicht angegangen wurden.

MdB Andreas Jung versicherte sich nochmals, dass alle Betriebskonzepte der Gäubahn davon ausgehen, dass die Züge in den Singer Bahnhof einlaufen und nicht etwa über die zukünftige Kurve geführt werden, was ihm so bestätigt wurde. Immerhin, so erwähnte Thorsten Krenz noch, hätte die DB nach den Klagen beim letzten Singener Bahngipfele über das Erscheinungsbild des Singener Bahnhofs einige Euros in die Hand genommen und S&S hätte den Singener Bahnhof zwischenzeitlich mit Farbe ordentlich aufgehübscht.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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