Ein Wort zu den Namen.
Schlesien war ja bis 1945 deutsch. Meine Patentante wuchs in Schlesien, in Breslau, auf und musste 1945 fliehen. Bei unserem ersten Besuch 1980 haben wir eine Familie kennengelernt, die auch deutsche Wurzeln hatte, aber in Polen blieb. Von Ihnen haben wir vernommen, wie es nach dem Krieg zu und hergegangen ist.
Daher haben alle Ortschaften auch deutsche Namen. Ich bediene mich dieser, wenn sie eine Vereinfachung der Schreibweise bedeuten. Auf keinen Fall möchte ich damit irgendeine Gesinnung ausdrücken.
Wer die alten Namen interessieren, kann sie hier nachvollziehen:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... n_1905.png
http://www.posselt-landkarten.de/grossblatt_116.htm
So hiess
Klotzko einst Glatz
Bardo einst Wartha
Kamieniec einst Camenz oder Kamenz
Zabkowice einst Frankenstein
Paczkow einst Patschkau
Otmuchow einst Ottmachau
Bierkowice einst Birgwitz
Frankenstein, Zabkowice war oder ist, eines dieser schönen polnischen Landstädtchen. So stelle ich mir ein Schtedl vor, wie es Salcia Landmann in ihren Büchern über den jüdischen Humor beschrieben hat.
Zabkowice liegt in einer Mulde und besitzt eine schöne Altstadt, soweit ich mich erinnern konnte.
Es besitzt ein schöne Rathaus:

Und einen schiefen Turm:

Wenn ich in Google Street View schaue, steht das Rathaus heute frei. Das Gebäude davor ist offensichtlich abgerissen worden.
Man muss schon sagen, dass die Infrastruktur damals marode war. Polen war im Jahre sechs der Solidarnosc Bewegung. Vieles bekam man gar nicht mehr. Die Läden leer. usw.
Im Gegensatz zu Kuba, das ich 2002 besuchte, kam auch noch die Kälte dazu.
Wen wunderts, dass der Trunk ein gängiges Mittel zur Betäubung war.
Wir konnten das Hautnah miterleben: Am Abend wurde die Bar frequentiert: Viele kamen rein uns tranken ihre 100 Gramm Wodka und zogen nach kurzer Zeit dann wieder weiter.
Auch die Polizeistreife machte das J. Wir amüsierten uns königlich, als wir dann zusahen, wie sie wieder ins Polizeiauto stiegen.
Im Hotel, es war das heutige Dolnoslaska, logierte auch eine Jugendgruppe. Alle zwei Tage wurde geduscht. Da aber nur eine Gemeinschaftsdusche pro Geschlecht vorhanden war, wurde nach Zeitplan geduscht:
Der, der geduscht war, meldete es dem Übernächsten, während der Nächste schon bereitstand. So wurde die Dusche optimal genutzt, ohne dass Leerzeiten entstanden.
Da die Damendusche auf dem Korridor zur Rezeption war, und die nächste Person auf dem Korridor, ziemlich leicht bekleidet schon wartete, hatten Kaspar und ich doch des öfteren was an der Rezeption zu fragen J
Am Montag, dem 10.02.2016 fuhren wir nach Nysa. Für dieses Depot hatten wir auch eine Fotogenehmigung. Zuerst waren wir masslos enttäuscht, weil es so aussah, wie wenn wir auf einem Lokfriedhof gelandet wären: Eine lange Reihe von kalten, angestellten Loks sahen wir da:


Wenigstens dampfte es hinter den Loks.
Also gingen wir zur Polizei und zeigten unsere Genehmigung vor.
Es war aber das falsche Gebäude: Wir versuchten es bei der Kriminalpolizei. Die wollten aber vorläufig noch nichts von uns wissen.
Sie schickten uns dann an die richtige Stelle, wo wir wiederum einen Aufpasser bekamen.
Im Gegensatz zu Klotzko waren hier hauptsächlich Ty 2, Deutsche 52er, beheimatet.
Das Depot machte einen schlechten Eindruck: Man spürte deutlich, dass es in den letzten Zügen lag. Heute sehe ich, dass die Segmentschuppen abgerissen sind.
Mögen die Bilder für sich sprechen:


Diese Diesel wurden in der Schweiz entwickelt und dann in Rumänien jahrelang in Lizenz gebaut. Wer sich auskennt, sieht die Schweizer Sandkasten und merkt, dass die Drehgestelle von den Ae6/6 abgeleitet worden sind.

Links übrigens der Aufpasser:




Wasser bei der Kälte?

Wirklich dicht war nichts!

Eine Schönheit kam:

Und wurde gepflegt. Man beachte die Flickschusterei an den Kesselbekleidungsblechen.

Auch eine Dampflok wird dann und wann gereinigt:

Mit Erfolg, wie man sieht.

Wenn man so mehrere Tage an der Strecke steht, kommt man doch einen Überblick über die Loks. Es gab durchaus Lokpersonale, die ihre Loks pflegten. Unter diesen Umständen, war das sicher mit viel Mühe verbunden.
Auch haben wir immer wieder festgestellt, dass die Lokpersonale Freude hatten, wenn sie fotografiert wurden.

Nachher zog es uns auf die Strecke.
Leider verpassten wir fast den 12.30 Schnellzug. Fotos gingen noch, auch filmen von Hand, aber der Kaspar konnte seine 16mm Kamera nicht mehr bereitstellen:


Die Bildqualität ist leider nicht überragend.
Leider brauchte meine Minolta 7‘000 so viel Strom in der Kälte, dass die mitgenommenen Batterien schon nach 4 Tagen leer waren.
Ich musste wieder mit der alten Edixa fotografieren. Die ist zwar vollmechanisch, aber ich vermute, dass in der Kälte weder der Verschluss, noch der Belichtungsmesser besonders genau waren.
Auch habe ich den Eindruck, dass die Kälte die Bilder auch körniger gemacht hat.
Auch hatte ich Pech mit den Bildern: Agfa hatte ca. 2 Jahre lang eine Emulsion, die stark altert. Leider fand die Reise gerade in dieser Zeit statt. Alle Dias haben massiven Rotstich:
Der Originalscan und das verbesserte Produkt:


Ich bin mir bewusst, dass die Qualität der Bilder besser sein könnte. Aber ich bin nun mal nicht der Photoshop Freak.
Daher bitte ich um Verständnis.
Am nächsten Tag, dem Dienstag, dem 11.02, 1986 waren wir wieder in Bardo, an der Strecke zwischen Kamenz und Klotzko.
Diesmal hatten wir besseres Wetter und konnten den Zug, wie er voll durch die Landschaft brauste, besser fotografieren:



Der nächste Zug dann nach der Station. Hier war man gut vor Blicken geschützt:



Was mich immer und immer wieder faszinierte, sind die weissen Triebwerke, Pufferbohlen und Windleitbleche.
Die Bazylika Mniejsza Nawiedzenia Najświętszej Maryi Panny von Bardo musste auch aufs Bild.

Nachher gings auf die andere Flussseite:

Wo wir über die halb zugefrorene Neisse fotografierten. Zuerst Diesel:

Dann Dampf:


Am 12. Februar waren wir nochmals an der Linie zwischen Kamenz und Nysa. In Ottmuchow stiegen wir aus und gingen in Richtung Patschkau.

Wunderschön kam uns die Pt 47 beim Vorsignal Ottmuchow entgegen:


Wir wieselten ein wenig um die Station rum. Dabei kam auch der „Morgenzug“ mit dem Liegewagen, den wir immer von Zabkowice nach Kamenz nahmen, durch:


Leider herrschten fast frühligshafte Temperaturen: Es war nur noch -5 Grad kalt. Daher war der Liegewagen nicht von weissem Rauhreif überzogen, wie immer am Morgen.
Trotz der milden Temperaturen hatte das Strandbad geschlossen:

Eigentlich waren wir ja wegen dem See gekommen. Daher noch ein Alibibild, mit dem See drauf:

Irgendwie hatten wir an dieser Stelle ein wenig den Zickzack drauf: Da nächste Bild ist wieder nahe der Station Ottmuchow entstanden auf dem Trasse der heute stillgelegten Strecke nach Cieszanowice.


Nun ging die Reise langsam zu Ende. Den Donnerstag den 13. Februar verbrachten wir in der nahen Umgebung von Zabkowice. Dabei sind diese Bilder entstanden:



Und nochmals Pt 47:


Mit diesem Bild ist die Fotosesssion Polen offiziell zu Ende:

Am nächsten Tag waren wir dann nach Kattowitz unterwegs.
Von 1980 gewarnt gingen wir dann entsprechend früh auf die Züge. Es geschah dann auch, dass wir in Kattowitz statt deren 3 Stunden Aufenthalt nur nach rund 1 ¾ hatten. Wir stellten das Gepäck ein und gingen Nachtessen. Wir fanden ein sehr ansprechendes Lokal: Die Tische waren alte Grubenhunde, standen auf Schienen und waren in Nischen, deren Abgrenzungen aus Rundhölzern bestanden. Daran waren auch die Bänke befestigt. Das Essen, Hacksteaks, war gut, aber, in den 1 ½ Stunden dort drin, erlebten wir sicher 4 -5 Massenschlägereien.
Es war offensichtlich Zahltag, und die Leute soffen, anders kann man das nicht sagen, bis zur Bewusstlosigkeit. Dass da auch Unstimmigkeiten entstanden, die handfest ausgetragen wurden, wunderte niemand. Das Servierpersonal war rührend um uns besorgt und verbannte uns immer in die Küche, wenn draussen wieder eine Welle los war.
Am Schluss wurde es dann knapp mit der Zeit: Die Polizei kam und räumte auf. Was ich gesehen habe genügte! Wir waren froh, in der Küche zu sein. Die räumten in kürzester Zeit auf, ohne Rücksicht auf Verluste!
Auf alle Fälle reichte es noch auf den „Chopin“ nach Wien.
Die Rückfahrt in Chopin und Transalpin verlief glatt und ohne besondere Vorkommnisse. Froh waren wir am 15, Abends wieder zu Hause.
Etwas möchte ich noch mitteilen: Meinen Dank an Kaspar Kirchgraber: Er war es, der diese Reise eigentlich organisierte. Kurt und ich, wir waren mehr Mitläufer.
Ich habe Kaspar kennengelernt, am Abend des 27 August 1978, im Zug von Olten nach Zürich. Wir beide waren vom 120 Jahr Jubiläum der alten Hauensteinlinie auf der Rückfahrt.
Kaspar, damals Lokführer in Ausbildung machte Reisen, um die halbe Welt, wechselte auf 16mm Film, und fand in den 90er Jahren in der Rettung der Waldbahn Covasna – Comandau seine Berufung.
Wir haben es auch noch zusammen auf den Führerstand geschafft: Er als Führer und ich als Heizer.
Ja, ich habe mich in den 90er Jahren bei Urs Rüesch und seiner Lok „Muni“ beschäftigt, und Kaspar bei der erwähnten Waldbahn.
Wir verloren uns aus den Augen, sahen uns zwar noch hin und wieder an einem Jubiläum, aber gingen doch eigene Wege.
2008 habe ich dann die Nachricht erhalten, dass er gestorben ist. Das war ein Schock!
Die Waldbahn Comandau hat ihm einen Nachruf verfasst:
http://www.kisvasut.hu/view_cikk.php?id=817&lang=de
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Für mich bleibt er immer der begnadete Fotograf und Filmer:



Gruss Guru