Letztmals verkehrt Dampflok am Muttertag nach Weißenhorn

Strecken außerhalb von Baden-Württemberg
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Letztmals verkehrt Dampflok am Muttertag nach Weißenhorn

Beitrag von Vielfahrer »

Der Dampflok-Sonderzug der Lokalbahn Amstetten/Gerstetten verkehrt am morgigen Muttertag, den 12. Mai 2013 wohl zum letzten mal nach Weißenhorn. Danach wird die Strecke gesperrt und auf 100 km/h Höchstgeschwindigkeit umgebaut. Ab Dezember verkehren dann in dichtem Takt die RegioShuttles des RAB im Pendelverkehr zwischen Ulm, Senden und Weißenhorn im täglichen Stundentakt, so dass für weitere Fahrten mit geringer Geschwindigkeit vermutlich keine Trassen verfügbar sind. In den vergangenen Jahren waren die Sonderzüge der Lokalbahn Amstetten/Gerstetten nach Weißenhorn jeweils ausverkauft. Ob es bei der Abschlußfahrt noch Fahrkarten gibt, weiß ich leider nicht.

Die regelmäßig in den Schlagzeilen befindliche Brücke über die Bahn bei Witzighausen wird nun so gebaut, dass zwei Gleise Platz haben und auch eine Elektrifizierung möglich ist (Kosten ca. 965.000.- €). Die Mehrkosten gegenüber der von der Stadt Senden beschlossenen Variante (eingleisig nicht für elektrischen Betrieb geeignet) betragen ca. 250.000.- €. Um zukunftsfähig zu sein, haben der Landkreis Neu-Ulm und die Stadtwerke Ulm (SWU) die Mehrkosten kulanzhalber je zur Hälfte übernommen. Nachdem aber die Stadt Senden mit ihrem Beschluss zu lange gezögert hatte, kann die Brücke nunmehr nicht mehr während der Umbauzeit der Strecke errichtet werden. Es muss zu einem späteren Zeitpunkt unter Betrieb gebaut werden, was nach Angaben der SWU ca. 200.000.- € zusätzlich für Sicherungen erfordert. Diesen Betrag ist sie definitiv nicht gewillt zu tragen. Ein entsprechender Brief des Ulmer OB Ivo Gönner stellte dies unmißverständlich klar. Für den Stadtrat von Senden stellt sich dies nun als echtes Dilemma dar. Zahlt man nicht, dann wird die Brücke, die der Stadtrat beschlossen hat, nicht gebaut, weil sich keine ausreichende Finanzierung ergibt. Dann hätten die Stadträte, die damals gegen den Bau der Brücke über die Bahn gestimmt haben, aber in der Minderheit geblieben sind, im Nachhinein einen Erfolg.

Da fällt mir nur der Spruch Michael Gorbatschows ein: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben..."

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Re: Letztmals verkehrt Dampflok am Muttertag nach Weißenhorn

Beitrag von KBS720 »

Hallo,
Vielfahrer hat geschrieben: Ab Dezember verkehren dann in dichtem Takt die RegioShuttles des RAB im Pendelverkehr zwischen Ulm, Senden und Weißenhorn im täglichen Stundentakt, so dass für weitere Fahrten mit geringer Geschwindigkeit vermutlich keine Trassen verfügbar sind.
Vielfahrer hat geschrieben:Um zukunftsfähig zu sein, haben der Landkreis Neu-Ulm und die Stadtwerke Ulm (SWU) die Mehrkosten kulanzhalber je zur Hälfte übernommen.
Um zukunftsfähig zu sein könnte man das aber auch mal berücksichtigen, aber Hauptsache die ollen Shuttle passen durch, aber wehe der Unkrautspritzzug soll mal fahren, dann darf der nachts rum fahren. Weil man so spart das es tagsüber nicht geht.

Grüße Andreas
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Hannes
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Re: Letztmals verkehrt Dampflok am Muttertag nach Weißenhorn

Beitrag von Hannes »

Hmm, was soll denn so schlimm dran sein, wenn man einmal jährlich verkehrende Sonderleistungen ohne direkten Transportzweck des Nachts verkehren lässt? Bisher bietet die Strecke ja auch nicht mehr Kapazität als den Ein-Zug-Verkehr und der bestand in den letzten Jahrzehnten aus dem Güterzugpaar. Für den Fortbestand der Strecke kann es ja nur gut sein, wenn sie den ganzen Tag gleichmäßig ausgelastet ist. Wir sprechen hier immerhin nur über eine Stichstrecke und nicht eine Durchgangsstrecke.
Klar ist es wichtig, Reserven bereitzuhalten, was ja aber auch mit der zweigleisigen Brücke gemacht wird, wenn auch hier im Vorfeld mehr Überzeugungsarbeit nötig gewesen wäre.

Grüße, Hannes
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Re: Letztmals verkehrt Dampflok am Muttertag nach Weißenhorn

Beitrag von Vielfahrer »

Bei der strittigen Straßenbrücke, die zwei Gleise überspannen soll, handelt es sich um eine Brücke innerhalb des Sendener Stadtteils Witzighausen. Sie liegt unmittelbar östlich des früheren Haltepunkts Witzighausen. Während davon auszugehen ist, dass ein durchgängiger zweigleisiger Betrieb auch in Zukunft nicht notwendig werden wird, wäre aber durchaus vorstellbar, dass es in der Streckenmitte zwischen Senden und Weißenhorn mal zu einer Systemkreuzung kommt, was bedeuten würde/könnte, dass genau in diesem Bereich eine Doppelspur liegen sollte.

Der ab Dezember 2013 gefahrene Fahrplan sieht in Weißenhorn eine Kurzwende zur vollen Stunde vor, in Ulm zur halben Stunde, woraus sich in Senden eine Durchfahrt zur Viertelstunde nach Ulm und zur Dreiviertelstunde nach Weißenhorn ergibt. Wenn der Zug nach Ulm den Bahnhof Senden erreicht, kann natürlich ein langsamerer Zug (z.B. Güterzug) in Richtung Weißenhorn verkehren. Es reicht aber nicht mehr zurück bis Senden, ehe der RegioShuttle aus Ulm wieder kommt. Also muss der Güterzug (oder ggf. auch mal ein Dampfzug) in Weißenhorn das Streckengleis verlassen. Das geht beim Anschluss in Eschach bzw. im Bahnhof Weißenhorn. Die Rückfahrt ist dann möglich, wenn eine Stunde später der RegioShuttle wieder abgefahren ist.

Voraussichtlich ab Dezember 2017, wenn die Strecke im Verbund mit anderen Bahnlinien im Raum Ulm erneut ausgeschrieben wird, soll der Fahrplan um 15 Minuten gedreht werden und zur HVZ auf einen 30 Minuten-Takt verdichtet werden, vorausgesetzt, dass sich die Prognosen einer starken Nachfrageentwicklung auch bis dahin einstellen werden.

Das würde bedeuten, dass Senden dann Knotenbahnhof zur Minute 0 bzw. 30 wird und in Ulm 15 und 45, bzw. auch in Weißenhorn 15 und 45 gewendet wird. Ab 2017 wäre dann in der HVZ kein Platz mehr für irgendeine andere Zugbewegung. Aus diesem Grund macht eine Berücksichtigung einer zusätzlichen optionalen Kreuzungsmöglichkeit in Witzighausen schon Sinn. Gerade wenn man Infrastrukturen baut, muss/sollte man langfristig denken.

Und das mit der Elektrifizierung dürfte auch kein Hirngespinst sein. Es wird zwar niemand die Strecke nach Weißenhorn elektrifizieren wollen, wenn es sich um eine isoliert betriebene Stichstrecke handeln würde. Aber sie wird integriert in die Regio-S-Bahn Donau-Iller. Angedacht sind Durchbindungen aus dem Blautal nach Weißenhorn, ggf. auch Flügelungen mit der Illertalbahn in Senden. Nachdem Bayern die Illertalbahn für die Elektrifizierung im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans angemeldet hat und selbst Baden-Württemberg sich bei der gleichen Gelegenheit für die Elektrifizierung der Donautalbahn Ulm - Immendingen ausgesprochen hat, wäre es doch armselig, bei der damit zusammenhängenden Strecke Senden - Weißenhorn sich die Möglichkeit einer Elektrifizierung an einer einzigen Stelle zu verbauen.

Spricht man mit den Betreibern der Buslinien in dieser Gegend, so wird einem versichert, dass die Reaktivierung der Schiene ein Fiasko werden wird. Die Wegnahme der Busse zwischen Weißenhorn und Senden wird nach deren Einschätzung dazu führen, dass die bisherigen Busfahrgäste auf das Auto umsteigen werden, weil die (wenigen) Bahnhöfe viel weiter weg von den eigentlichen Fahrtzielen liegen würden als die (vielen) Bushaltestellen. Auch wird dem System der Zubringerbusse zu den Bahnhöfen mit kurzen Umsteigezeiten kein Markterfolg prognostiziert, weil Fahrgäste nicht umsteigen wollten. Ganz offenbar besteht das heutige Busfahrgastpotenzial aus Schülern und dazuhin Dritten, die ggf. mal schnell zum Arzt in nächsten Ort oder zur Apotheke drei Haltestellen weiter fahren wollen. Die Straßen und um Senden (bekannt dürfte auch das Autobahndreieck Hittistetten sein) sind zeitweise proppevoll - und genau dies ist der Markt der Schiene, mit der man ohne Verkehrsstau direkt in die City von Ulm gelangt oder sogar bei Ausgestaltung als Durchmesserlinie ins Blautal auf einer eigenen Schienenspur z.B. bis zum Blautal-Center, nach Klingenstein, Blaubeuren oder Ehingen/Donau kommen kann.

Wie war es beim Ringzug? Die Buslinie von Rottweil nach Villingen wurde bis auf ein Relikt von einer Fahrt an Mo-Fr pro Richtung eingestellt. Es sind aber nicht nur die früheren Busfahrgäste auf den Ringzug umgestiegen, sondern es sind erheblich mehr geworden.
Während in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts die Einstellung der jetzt Alemannenbahn genannten Bahnlinie überlegt wurde und das durchschnittliche Reisendenaufkommen bei 1.000 Fahrgästen insgesamt (alle DB-Züge) gelegen hat, was zu einer durchschnittlichen Querschnittsbesetzung von ca. 600 Rkm/km BL geführt hatte, bringt heute alleine die Trossinger Eisenbahn ein Volumen von 1.000 Fahrgästen aus der Musikstadt zum DB-Bahnhof Trossingen. Weitere 1.000 Fahrgäste sind zwischen Rottweil und Villingen in den Ringzügen unterwegs und auch die 7 RE-Zugpaare der DB dürften mindestens 500 weitere Fahrgäste bringen. Im Nahbereich von Rottweil bis Deißlingen sowie im Stadtverkehr zwischen Schwenningen und Villingen verkehren dazuhin noch dichter als jemals zuvor weitere Buslinien. Die Akzeptanz des öffentlichen Verkehrs hat also gewaltig zugelegt.

Das wird ca. 200 km abwärts von Villingen zwischen Ulm und Weißenhorn nicht viel anders werden. Dabei ist der Raum dort erheblich verdichteter: Ulm und Neu-Ulm weisen zusammen ca. 180.000 Einwohner auf (Villingen-Schwenningen ca. 80.000). Senden hat rund 20.000 Einwohner, also auch mehr als Deißlingen und die Fuggerstadt Weißenhorn hat mit 13.000 Einwohnern auch immerhin etwas mehr als die Hälfte von Rottweil. Hinzu kommt, dass der Raum hochindustrialisiert ist und sich zigtausende Arbeitsplätze links und rechts der Strecke befinden.

Dass die Strecke über die Landesgrenze Baden-Württemberg - Bayern hinwegführt, das spürt man nicht stärker als beim Ringzug zwischen Württemberg und Baden, nämlich eigentlich gar nicht.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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