Zeitplan für die Regionalstadtbahn Neckar-Alb

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
Antworten
Vielfahrer
Örtlicher Betriebsleiter
Örtlicher Betriebsleiter
Beiträge: 4892
Registriert: So 1. Aug 2010, 13:32
Wohnort: Tübingen Weststadt

Zeitplan für die Regionalstadtbahn Neckar-Alb

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo,

in einem längeren Artikel befasst sich heute Matthias Reichert vom Schwäbischen Tagblatt Tübingen mit der Zukunft der Regionalstadtbahn. Dazu wurde u.a. ein ausführliches Gespräch mit dem Planungschef Prof. Tobias Bernecker geführt.

Bereits vor 25 Jahren hat der Regionalverband Neckar-Alb die Grundsatzentscheidung gefasst, eine Machbarkeitsstudie zur Regionalstadtbahn in Auftrag zu geben. Im Rahmen einer Diplomarbeit seines Studiums hatte zuvor Gerd Hickmann ein am Karlsruher Vorbild orientiertes Regionalstadtbahnsystem für den Raum von Tübingen über Herrenberg – Horb – Rottweil – Balingen – Albstadt – Gammertingen – Münsingen – Bad Urach – Metzingen – Reutlingen entworfen.

Prof. Tobias Bernecker, der als Geschäftsführer für den 2019 gegründeten Zweckverband für die Regionalstadtbahn arbeitet, würdigt den Mut und das Durchsetzungsvermögen derjenigen, die damals für das Projekt gestimmt hatten.

„Ich bin damals auch auf die Schiene gesetzt worden“, erinnert sich der frühere Balinger Oberbürgermeister Edmund Merkel, der auch in den Jahren 2000 bis 2009 zugleich Vorsitzender des Regionalverbands Neckar-Alb war. Unter seiner Ägide fiel die Entscheidung für das Projekt. Damals sei viel Überzeugungsarbeit geleistet worden, erinnert sich Merkel. „Gott sei Dank wissen wir nicht mehr alles, was in den Wochen und Monaten der Entscheidungsfindung auf uns hereingebrochen ist“, sagt der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende im Regionalverband, Willi Kemmler.

„Es war nicht einfach“, erinnert sich Manfred Dunst, damals Starzacher Bürgermeister und später OB von Calw, der in diesen Jahren CDU-Chef im Regionalverband war. „Bei uns in der Fraktion war es nicht leicht, die Stadtbahn aufs Gleis zu setzen.“ Das entscheidende Thema sei das Geld gewesen. Vom heutigen Standpunkt aus sei die Entscheidung aber richtig gewesen, ist Dunst überzeugt.

Auch Merkel erinnert sich an schwierige Diskussionen. „Aber wenn man der Überzeugung ist, etwas sei perspektivisch richtig, versucht man in der Kommunalpolitik, andere zu überzeugen.“ Die Stadtbahn sei ein nachhaltiges Zukunftsprojekt, das enorme Wertschöpfung schaffe. „Wenn das mit dem 30-Minuten-Takt klappt, brauchen viele Familien kein zweites Auto mehr“, argumentiert Merkel. „Unsere Vision war genauso, wie sich das entwickelt hat“, sagt der frühere Verbandsvorsitzende.

2004 lag die Machbarkeitsstudie für die Stadtbahn vor. Die meisten Erkenntnisse daraus hätten sich aus heutiger Sicht bestätigt, sagt Geschäftsführer Bernecker. Allerdings sei die Tübinger Innenstadtstrecke nach dem Bürgerentscheid von 2021 wieder herausgefallen. Die Tür für die Tübinger stehe aber weiter offen, unterstreicht der Planungschef. Aktuell wird in Reutlingen und Tübingen gearbeitet, ein Kiebinger Halt solle demnächst in die Planfeststellung gehen.

Er sei den Beteiligten sehr dankbar, dass sie damals die Initiative ergriffen haben, erklärt der neue Tübinger Landrat Hendrik Bednarz. Die Stadtbahn sei ein Jahrhundert-Infrastrukturprojekt und werde über Generationen wirken. Zugleich fordert er von Bund und Land die nötigen finanziellen Spielräume für solche Projekte und entsprechende strukturelle Änderungen. Grundsätzlich sei die Stadtbahn aber nicht durch die klammen kommunalen Finanzen bedroht, glaubt. Bernecker: „Es gibt einen Finanzierungsschlüssel und eine absolut selten hohe Förderquote. Aber natürlich werden wir noch die eine oder andere Frage klären müssen.

Die Waggons sind bereits bestellt. Bernecker hofft auf 25.000 Fahrgäste am Tag. Wenn die Stadtbahn fertig ist, soll sie über 200 Kilometer Strecke verlaufen. 38 Kilometer Gleise werden neu gebaut. Von den geschätzten 2,1 Milliarden Euro Gesamtkosten trägt der Bund bis zu 90 Prozent, das Land übernimmt die Hälfte der übrigen Kosten, den Rest finanzieren die beteiligten Kommunen. Inzwischen hat das Land laut Bernecker zugesagt, auch noch die Hälfte der Kosten für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung zu übernehmen, bis der endgültige Förderbescheid vorliegt.

Noch in diesem Jahr sollen die Gemeinderäte von Pfullingen und Reutlingen über die jeweiligen Trassen entscheiden. In Reutlingen könnte laut Bernecker der Gleisbau schon in den 20er Jahren beginnen. Im Kreis Tübingen stehen die Pläne für die Gomaringer Spinne bereits. Der Ausbau der Zollernbahn samt Elektrifizierung sei bis Mitte der 30er-Jahre möglich, der der oberen Neckartalbahn Richtung Rottenburg und Horb schon ein bis zwei Jahre früher, prognostiziert Bernecker. Auf der Zollernbahn sei der zweigleisige Ausbau zwischen Tübingen und Mössingen anspruchsvoll, ins obere Neckartal werde es Richtung Eyach und Horb wegen des tief eingeschnittenen Tals schwierig.

Trotz der aktuellen Probleme sei die Ammertalbahn für ihn ein Erfolgsmodell, sagt Prof. Tobias Bernecker. Er sei sicher, dass die Bahn zwischen Tübingen und Herrenberg bald wieder rund laufe. Sie ist nach seiner Ansicht aus der Region nicht mehr wegzudenken. Die Zahlen sprechen nach Berneckers Ansicht für den Ausbau des ÖPNV: in Baden-Württemberg seien seit 1996 die Angebote auf der Schiene verdoppelt worden. Seither habe sich die Nachfrage verdreifacht. Zudem sei Mobilität ein Standortfaktor einer Region, wirbt der Geschäftsführer.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Antworten