Die morbide Bahn... Linktipp

Strecken in Baden-Württemberg, die unten nich aufgeführt sind.
lepus maritimus
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Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von lepus maritimus »

Hallo,

manchmal entfaltet die Bahn abseits der schönen Magistralen bzw. des schönen Ringzugs mit seinen modernen Haltepunkten, einen recht morbiden Charme: Grasüberwucherte 20 cm-Bahnsteige, bröckelnde und oftmals leerstehende Empfangsgebäude, schaurig-düstere Unterführungen.... Daran haben wir uns in Deutschland schon fast gewöhnt; doch gezielt fotografiert zeigt sich doch, wie groß der Investitionsnachholbedarf der Bahn eigentlich ist.

Eine interessante Fotodokumentation zu diesem Thema findet sich unter http://www.gegenlicht21.de/.

Aber klar ist: Die 4,5 + x Mrd. €, die in Stuttgart 21 investiert werden, fehlen natürlich üüüüberhaupt nicht für Investitionen ins übrige Schienennetz. Logo. :Ohje ...:

Viel Spaß beim Anschauen,
L.M.
Zuletzt geändert von lepus maritimus am Fr 18. Nov 2011, 00:10, insgesamt 1-mal geändert.
Vielfahrer
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Re: Die morbide Bahn... Lilnktipp

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo lepus maritimus,

die Bilder sind beeindruckend, aber die Folgerung ist nicht richtig. Der Bund, der mit 1,3 Mrd sich an S 21 beteiligt, investiert in Bundesschienenwege für den Fernverkehr und den Güterverkehr, nicht in Empfangsgebäude lokaler Bedeutung. Die DB investiert in die Strecken, wo sie sich ein Geschäft erhofft oder sich das anderweitig rechnet (z.B. nicht mehr benötigte Grundstücke versilbern). Das Land investiert eher nicht direkt, sondern dort, wo kommunales Engagement (wie etwa beim Ringzug) überzeugende Lösungen erfordert. Ich vermag nicht zu erahnen, an wievielen der gezeigten Bahnhöfe tatsächlich kommunales Engagement vorhanden war. Oftmals ist es aber so, dass man gerne etwas hätte, aber selbst nichts dazu beitragen möchte. Ich kann das Land deswegen verstehen, dass es nicht mit dem Füllhorn übers Land fährt, sondern gezielt seine Mittel dort einsetzt, wo Aktivitäten erkennbar sind. Insofern gelingt mir der Gedankenschluss nicht, dass mit dem Ende von S 21 plötzlich das Schlaraffenland entstehen könnte.

Viele Grüße vom Vielfahrer
lepus maritimus
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Re: Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von lepus maritimus »

Der Bund, der mit 1,3 Mrd sich an S 21 beteiligt, investiert in Bundesschienenwege für den Fernverkehr und den Güterverkehr, nicht in Empfangsgebäude lokaler Bedeutung. Die DB investiert in die Strecken, wo sie sich ein Geschäft erhofft
Mhm, wem gehört wohl die DB Netz bzw. DB Station und Service AG, die die Bahnsteige verloddern, Empfangsgebäude verwaisen und Reisenden im Regen stehen lässt... - aus Kosten- und Renditegründen?


Ich gehöre ja nicht zu denen, die bei jeder Gelegenheit auf die Schweiz verweisen. Aber es ist schon ein krasser Unterschied, wie in der Schweiz der ÖV bis in die hinterste Dorfstation propper, gepflegt und echt einladend daherkommt; während wir in Deutschland einerseits super-super Stationen wie Berlin Hbf oder Leipzig Hbf haben, und andererseits das krasse Gegenteil auf dem flachen Land, das einfach oft nur abstoßend ist (...wobei Tuttlingen nun nicht gerade ein Dorfbahnhof ist, und dennoch so wenig einladend wie nur irgendwas ist.)


Und ja: Ich glaube, dass jeder Euro nur 1 x ausgegeben werden kann. Endweder punktuell für Großprojekte, oder flächendeckend für viele kleinere Vorhaben mit Augenmaß.

Liebe Grüße
L.M.
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Re: Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo L.M.,

wenn ich meine schweizerischen Freunde nichtig verstanden habe, so bezahlt der Bund dort ein gewisses Grundangebot. Wer mehr will, der zahlt selbst mehr, soweit so gut. Bahnhöfe werden dort als Visitenkarte der Gemeinde empfunden. Schon logisch, dass da die Gemeinden Wert darauf legen, dass das ordentlich aussieht. Wenn man aber bei uns den Bahnhof als Außenstelle einer Deutschen Bahn AG begreift und entsprechend handelt, so zeigen die Fotos, auf Die Du verweist, das Ergebnis.
Wir müssen umdenken. Das Subsidaritätsprinzip muss stärker zur Geltung kommen. Ober der Bahnhof beispielsweise in Ergenzingen top ist oder nicht, was soll dies die Deutsche Bahn AG in Berlin interessieren? Dass es aber für die Ergenzinger schon von Bedeutung ist, ob ihr Bahnhof versifft ist oder nicht, das müsste Aktionen vor Ort auslösen. In der Schweiz bezahlt der Bund offenbar bei Bahnhöfen alles technisch notwendige, also von der Bahnsteigkante aus angefangen. Aber wie komfortabel der Bahnhof ausfällt, ob mit oder ohne Cafè oder Kiosk usw. , das wird vor Ort entschieden und bezahlt. Deswegen klappt das dort auch.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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Dirk B
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Beitrag von Dirk B »

Vielfahrer hat geschrieben:...Ob der Bahnhof beispielsweise in Ergenzingen top ist oder nicht, was soll dies die Deutsche Bahn AG in Berlin interessieren? ...
Bingo! Alles weitere darf der geneigte Leser sich selber dazu reimen...

Dirk
NACHDENKEN, liebe Leute, nicht NACHPLAPPERN!
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Re: Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von lepus maritimus »

Vielfahrer schrieb:
...wenn ich meine schweizerischen Freunde nichtig verstanden habe, so bezahlt der Bund dort ein gewisses Grundangebot.
Dieses "Grundangebot" ohne kommunale Kofinanzierung besteht aber zumindest aus
- vernünftigen Bahnsteigen, flächendeckend mit 55 mm Höhe und Blindenleitstreifen
- ansehnlichen Unterführungen
- lichtstarker Beleuchtung
- lichten und gepflegten Warteständen
- brauchbaren Fahrgastinformationsvitrinen.

Und die SBB investieren massiv in Bahnhofsneubauten auch der kleineren Bahnhofskategorien, wobei dort Wert auf Ansiedlung von Geschäften (z.B. Migrolino, also eine Art kleiner Migros) Wert gelegt wird. Nicht aus Renditegesichtspunkten, sondern um das Bahnhofsquartier attraktiver zu machen und zu beleben.

Tja, alles eine Frage der Prioritätensetzung, würde ich sagen.

Liebe Grüße
L.M.
Vielfahrer
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Re: Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von Vielfahrer »

Dafür kriegt L.M. meine volle Zustimmung! Ich sehe dies genau so. Als ein krasses Beispiel fällt mir - neben dem schon genannten Haltepunkt Böhringen-Rickelshausen etwa der Bahnhof Sulz a.N. ein. Trostlos, absolut trostlos, was da dem Reisenden geboten wird. Der Bahnhofsvorplatz, früher ebenso trostlos, ist inzwischen recht attraktiv. Aus einer alten Fabrikhalle wurde eine Stadthalle, Bushaltestellen sind modern, P+R funktioniert, aber schienenseitig völlig daneben. Das muss (und wird) sich ändern. So etwa wird auch Oberndorf a. N. deutlich aufgewertet. Haltende Züge werden zukünftig vermutlich über das Gleis 1 verkehren, um dann ohne irgend eine Treppe gleich zum daneben liegenden Busbahnhof zu gelangen. Heute halten alle Züge am Mittelbahnsteig und jeder muss durch das Loch unten durchgehen. Aber auch dieses wird verbessert werden. Vorgesehen ist ein Durchbruch der Bahnsteigunterführung auf die Ostseite des Bahnhofs, um die dortigen Abstellmöglichkeiten für zusätzliche P+R-Kapazitäten nutzen zu können. Höchst erfreut stelle ich fest, dass nämlich die P+R-Parkplätze des neuen Busbahnhofs in der Regel sehr gut ausgebucht sind. Wenn dann zudem die Gäubahn durch die neuen Fahrpläne noch attraktiver wird, z.B. durch Horb - Herrenberg ohne Halt, und über Flughafen/Messe verkehrt und den 250.000 Einwohner-Raum Fildern mit erschließt, wird die Nachfrage noch weiter zunehmen.

Viele Grüße vom Vielfahrer
IG-Einheitsloks

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Beitrag von IG-Einheitsloks »

Na hoffentlich wird dann auch die Fahrzeitverlängerung für Oberndorf mit eingeplant wenn man über Gleis 1 fährt;-)

Generell sollte man doch mal eines sehen. Die Fahrgäste interessiert es in der Regel ein Scheiß ob es das Land, der Bund oder die Bahn ist der es bezahlt. Der Fahrgast sieht in erster Linie einen heruntergekommen Bahnhof und was ist der erste Spruch "Scheiß Bahn" "Typisch Bahn". Aufwachen heißt es. Wenn man Leistung und Service anbieten will dann muss man auch mal die Taschen öffen und Investieren um Bahnsteige anzupassen oder Aufzüge usw einzubauen oder einfach mal "nen" Eimer Farbe spendieren;-) Das Spricht sich dann eher herum und bewirkt im Umkehrschluss auch das Fahrgäste zufrieden sind und "Werbung" dafür machen. Dies wäre besser als die Schuld für den Zustand immer wieder bei anderen Stellen zu suchen. Wie war das gleich! Wenn man Service im Zug will und gleichzeitig die Zubs vom Zug abzieht ist das Kontraproduktiv ;-)

Viele Grüße
Vielfahrer
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Re: Die morbide Bahn... Linktipp

Beitrag von Vielfahrer »

Wie wahr! Genau aus diesem Grund ist es erforderlich, dass man sich zum Beispiel für eine Verbesserung der Bahnhofsanlagen in Sulz am Neckar einsetzt. Das ganze Bahnhofsviertel in Sulz ist auf Vordermann gebracht worden, die Bahnsteiganlagen selbst jedoch sind inzwischen so ziemlich das Letzte, was entlang der Gäubahn geboten wird, vielleicht noch vergleichbar mit Ergenzingen.
Die Frage ist, wo der erfolgsversprechende Ansatzpunkt liegt. Ich meine, nicht in Berlin.

Viele Grüße vom Vielfahrer
IG-Einheitsloks

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Beitrag von IG-Einheitsloks »

Genau da liegt wahrscheinlich wieder das Problem. Wer ist zuständig bzw wer wird es oder soll es bezahlen. Heute will doch keiner mehr Geld ausgeben wenn es nicht unbedingt erforderlich ist;-)

Viele Grüße
Sven
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