Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

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Goldberger
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Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Goldberger »

Zugegebenermaßen eine etwas provokante Frage - keine Angst, ich will ihn natürlich nicht abschaffen, sondern mal wieder ein neues Betriebskonzept für Gäubahn & Co in den Raum werfen.

Status quo zwischen Rottweil und Tuttlingen ist klar:
RE mit 19min Fahrzeit und Halt
Ringzug mit 41min Fahrzeit und vielen Halten

Was passiert nun wenn man den RE ab Rottweil ringzug-mäßig halten lassen würde:
Allein durch den wegfall der Unterwegskreuzung - also bei optimaler Infrastruktur - könnte man ca. 10 Minuten sparen, ich glaube diese Zahl ist auch mal von Vielfahrer in den Raum geworfen worden. Wenn ich nun für die 12 Unterwegshalte je 15 Sekunden Zeitgewinn durch elektrischen Betrieb - bessere Beschleunigung - ansetze - komme ich auf ein "Einsparpozential" bei optimierten RB-Betrieb von ca. 13 Minuten. Das wären dann noch 9 Minuten unterschied zum RE, der aber eh nur zweistündlich fährt. Weiter im Verlauf könnte man wieder 2 Minuten Aufenthalt in Tuttlingen und 1 Minute in Eutingen einkürzen.
Im Prinzip gilt die selbe Überlegung auch für Rottweil-Villingen.

Ziel wäre letztendlich die Einsparung von Zugkilometern (im Abschnitt Rottweil-Tuttlingen und Rottweil-Villingen), die dazu noch - da elektrischer Betrieb und höhere km-Leistung/h als beim Ringzug - vermutlich auch noch billiger zu bekommen wären.
Und mit diesen "eingesparten" Zug-km schreibt man nun die bisherigen IC und RE-Leistungen als einheitlich, stündlicher, schneller IRE aus mit einer Haltepolitik wie beim heutigen IC - und zwar durchgängig zum Nahverkehrstarif (im Gegensatz zur etwas komplizierteren Tarifanerkennung im IC). Er würde dann abwechselnd nach Konstanz und Zürich verkehren. Als angenehmen Nebeneffekt kann man die Fahrzeug-Kapazitäten im Ringzugbereich deutlich erhöhen:

Infrastruktur:
-Bau von Doppelspurinseln auf der Gäubahn "passend" für das neue Konzept - da hier nur noch 2 Zugarten verkehren, sollte das sogar einfacher möglich sein.
-Elektrifizierung der Strecke Rottweil-Villingen inkl. 2 Begegnungsabschnitten

Fahrplankonzept:
-Stündlich IRE Stuttgart-Singen mit Halt nur in BB, Horb, Rottweil, Tuttlingen. Abwechselnd nach Konstanz und Zürich, am besten mit E-NeiTec-Material
-Stündlich RB Stuttgart-Singen mit Halt überall, außer im Abschnitt Suttgart-Herrenberg (S-Bahn) und Engen-Konstanz (Seehas).
Bis Rottweil Doppeltraktion E-Triebwagen, ab Rottweil wird nachfragegerecht ein Zugteil nach Donaueschingen (über Villingen) weggeflügelt.
-Südabschnitt: Die aus dem Donautal kommenden Züge werden zukünftig mit Dieseltriebwagen-Doppeltraktionen (ohne NeiTec) bedient und es wird dann in Immendingen nach Blumberg und Bräunlingen geflügelt.

Durch den Entfall der RE währen eigentlich nur Spaichingen und Engen negativ getroffen, die dann nur noch mit den RB von Stuttgart aus erreichbar sind, allerdings nur ca. 6 Minuten langsamer - dafür aber im Stundentakt. Dafür gibt es aber umsteigefreie Verbindungen von jeder Station auf der Achse Rottweil-Tuttlingen bis nach Singen und Stuttgart, aber auch z.B. Aldingen-Böblingen. Das dürfte einen guten Teil der negativen Effekte kompensieren.


Wäre doch auch noch eine interessante Variante, oder ? Das einzige Problem sehe ich noch bei der Einbindung von Trossingen-Stadt, vielleicht hat hier jemand eine Idee ?
Vielfahrer
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Goldberger,

bei Trossingen Stadt sehe ich gar kein Problem. Der Shuttle zwischen Stadtbahnhof und DB-Bahnhof hat sich voll bewährt. Er wird von ca. 1.000 Fahrgästen pro Tag genutzt (das sind etwa 3 mal mehr als zur Zeit der Trossinger Eisenbahn, dank verbessertem Verkehrsangebot). Der Umstieg in Trossingen DB (offizieller Name lautet Staatsbahnhof) erfordert in der Regel heute ca. 5 Meter Fußweg auf die andere Bahnsteigseite. Es gibt darüber überhaupt keine Klagen.

Ich halte es aber beim neuen Verkehrskonzept für angebracht, die in Deißlingen Betriebsbahnhof liegende Systemkreuzung zukünftig nach Trossingen DB-Bahnhof zu verschieben. Dann muss zwar aus/in Richtung Rottweil oder Villingen ein etwas längerer ebenerdiger Weg beim Umstieg gegangen werden, aber die Trossinger Shuttle-Züge müssen nur noch halb so oft wie bisher fahren, was wiederum zum Zugkilometereinsparungen führt, um sämtliche Anschlüsse dennoch weiterhin anbieten zu können.

Die hier eingesparten Zugkilometer werden sogar die Ringzug-Lokführer freuen, denn dem Vernehmen nach werden die "Kurz-Fahrten" nicht so richtig geschätzt, so dass man recht häufig das Personal ablöst.

Was Du zur Gäubahn-Bedienung schreibst, kann ich teilweise nachvollziehen. Stündlich ab Stuttgart mit IC-Zügen (incl. Anerkennung von Nahverkehrstarifen) bis Singen ist schon mal okay. Halte nur in Stuttgart, Böblingen, Horb, Rottweil, Tuttlingen, Singen, also an den klassischen IC-Stationen, auch. Aber zu den Verlieren würden neben Herrenberg auch Sulz, Oberndorf, Spaichingen und Engen gehören, ganz zu schweigen von den zukünftigen IC-"Ortschaften" Gäufelden und Bondorf (Forumlierung aus der NZZ). Einen IC haben diese nie gefordert, wohl aber einen umsteigefreien Stundentakt, der ja mit Deiner Konzeption möglich wäre. Gleichzeitig wäre das wieder eine Perspektive für Ergenzingen und Eutingen - eine viel bessere als mit dem heute zweitstündig vorgesehenen AVG-Shuttle ab Bondorf. Auch würde die Anbindung etwa des Knotens Eutingen in den Süden wieder passen. Man würde aber Freudenstadt dann immer in Eutingen umsteigen lassen müssen, was nicht den bisherigen Zusagen (Freudenstädter Stern) entspricht. Alternativ müsste man auch in Eutingen flügeln, also ab Stuttgart dreiteilig fahren (3 x 426, da 3x 425 z.B. in Ergenzingen wegen nicht ausreichender Bahnsteiglänge nicht geht. Alternativ müsste und sollte man Ergenzingen um ca. 400 m nach Norden verlagern und entsprechend neue Bahnsteige bauen).

Sulz und Oberndorf hätten dann wie zuvor stündliche Anschlüsse nach/von Stuttgart. Der Flügelungsansatz in Rottweil ist richtig. Die erforderlichen Kapazitäten südlich Rottweils in Richtung Tuttlingen reichen für einen 425 völlig aus. Lediglich einmal am Tag ist der 425er vollständig ausgelastet. Nach Villingen fahren ab Rottweil ca. 3 bis 4 mal soviele Fahrgäste, die dann zukünftig nicht mehr umsteigen müssten. Allerdings würde man diesen Fahrgästen eine "elendig lange und langsame umsteigefreie Fahrt nach Stuttgart dann zumuten müssen, was für eine Verbindung Oberzentrum - Landeshauptstadt m.E. nicht angemessen ist. Konzeptionell hielte ich das nur dann für tauglich, wenn sich der in Rottweil geflügelte Zugteil nach Villingen um den aus Stuttgart kommenden IC herumwickeln würde, so dass alternativ zur umsteigefreien Fahrt auch ein kurzer Umstieg gegeben ist. Man darf das nicht nur in "Fahrminuten" bewerten. Viele Unterwegshalte führen zu einer "gefühlten" Langsamkeit.

Ab Singen nach Konstanz fahren, hieße dort ein völlig anderes Konzept zu planen. Bislang sind die Züge stündlich nach Zürich vorgesehen, zumal Zwei-Stunden-Takte eher das Fahren mit dem Zug beeinträchtigen. Ich würde deshalb die Konstanzer Variante nicht empfehlen. Hier erscheint es mir sinnvoller, die Ostschweizer Spangenlösung St. Gallen - Kreuzlingen - Singen im Stundentakt zu forcieren und im Knoten Singen mit den Verbindungen von und nach Stuttgart zu verbinden, den Zug selbst aber über Schaffhausen - Waldshut nach Basel weiterlaufen zu lassen, wie das der bisherigen Idee entspricht.

Von Ulm aus sollte man wie bisher nicht nur stündlich bis Sigmaringen fahren können. Besser wäre es, stündlich bis Immendingen zu kommen, wo der 30er-Knoten der Schwarzwaldbahn mit sofortigem Anschluss nach Konstanz bzw. Donaueschingen - Villingen - Offenburg - Karlsruhe zu erreichen ist. Diesen Zug könnte man dann in Immendingen wenden oder wegen mir auch nach Blumberg (- Waldshut?) und Geisingen - Gutmadingen - Neudingen - Donaueschingen - Bräunlingen flügeln. Zwischen Breisach und Villingen verkehrt zukünftig ja ohnehin die Breisgau-S-Bahn im Stundentakt, die zur HVZ zum 30-Minuten-Takt ausgebaut werden soll.

Wenn das so käme, dann wäre der Ringzug theoretisch überflüssig. Aber noch ist solch eine Entwicklung nicht absehbar. Wissen muss man auch, dass der Ringzug u.a. deswegen entstanden ist, weil die DB damals die InterRegio-Züge vom Knoten Offenburg auf den Knoten Frankfurt ausgerichtet hatte (was aus überregionalen Gründen durchaus nachvollziehbar war), aber im Schüler- und Berufsverkehr durch die Verschiebung der Fahrzeiten zu extremen Verschlechterungen geführt hat. Das war mit ein wesentlicher Grund, dass man in der Region selbst über das notwendige Verkehrsangebot bestimmen wollte, auch wenn man das mitfinanzieren musste. Mit Einrichtung des Ringzugs sind nämlich alle derartigen Probleme gelöst worden. Würde man nun den Ringzug als "Zugkilometerlieferant" für regionale Achsen zwischen Stuttgart und Singen/Villingen, zwischen Ulm und Immendingen - Blumberg/Bräunlingen usw. umdefinieren, dann wäre eben dieser Vorteil weg. Nicht zu vergessen, dass der Ringzug sich in der Region etabliert hat und dass kurze Wege zu den jeweils Verantwortlichen gegeben sind. Auch kommt gut an, dass der Ringzug in der Regel sehr pünktlich läuft, die Fahrzeuge sauber sind usw. Ob das im Mix mit Langläufern immer noch so wäre?

Und noch ein Hinweis: Die mittlere Reiseweite im Ringzug liegt bei ca. 11 km im Ausbildungsverkehr. Es sind also nicht die Relationen, die unbedingt in 200 km lang laufenden Zügen abgebildet werden müssen.

Trotzdem, das Verkehrsangebot sollte sich weiterentwickeln, eventuell in die von Dir skizzierte Richtung. Jeder Schritt dazu will aber gut überlegt sein.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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BR 225
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von BR 225 »

Hallo Vielfahrer,

Sehr interessanter Beitrag von dir. Vielen Dank dafür.

Gruß
Björn
Goldberger
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Goldberger »

Hallo vielfahrer,

vielen Dank für die ausführliche Analysen. Über Fahrplanlagen hatte ich mir in der Tat noch keine Gedanken gemacht.

Optimal wäre natürlich tatsächlich ein Richtungsanschluss in Rottweil, wo quasi die RB vom IRE überholt wird. Standardhaltezeit an solch einem Oberzentrum ist wohl um die zwei Minuten, auf wieviel Minuten müsste man das für eine Überholung ausdehenen, um halbwegs einen Puffer zu haben ? Bei einer Zugfolgezeit von 2 Minuten gehe ich mal von mind. 6 Minuten halt für die RB aus. Da es dann aber eine gute (und durchgehend zum NV-Tarif nutzbare) Anschlussverbindung geht, könnte man diese Verzögerung für die südlicher gelegenen Haltepunkte gut in Kauf nehmen.
Für Freudenstadt hoffe ich ja immer noch auf ein wie auch immer geartetetes Finanzierungswunder für eine 2. RE-Linie Stuttgart-Herrenberg-Freudenstadt, denn von der Auslastung wären 2 Züge/h bis Eutingen sicher sinnvoll.
1. Erstens um die S1 - einer der am stärksten ausgelasteten S-Bahn-Linien weiter zu entlasten,
2. Wurde das in den Ursprungsplanungen im Zusammenhang von S21 auch immer versprochen (und damit geworben). Ohne einen Halbstundentakt es ja auch Probleme mit den geplaten Durchmesserlinien und dem S21 Konzept: Regio 15/15, FV kurz/vor Nullknoten.
3. Wäre es ein Witz, Gemeinden wie Bondorf mit einem Stundentakt abzuspeisen,während kleinere Gemeinden im Ammertal den Halbstundentakt bekommen. Und Kurzpendel ab Herrenberg sind ja auch unter Kostengesichtspunkten nicht so sinnvoll.

Die politischen Implikationen (Stichwort Gestaltungsspielraum) sind ja auch klar. Aber wie du bereits an anderer Stelle geschrieben hast, würde man ja auch mit dem Übergangskonzept (als IC gelabelter RE) Gestaltungsspielraum verlieren - am Ende sogar mehr.

Ich denke die Grund-Überlegung gilt für die meisten Linien: Wenn man ein Produkt - egal ob durch Linienüberlagerung oder direkt - nicht mindestens im Stundentakt anbieten kann, vergiss es. Niemand gewinnt durch hinkende Fahrpläne oder lockt Fahrgäste, wenn man gleich zwei Stunden warten muss, wenn ein Zug verpasst wird.

Die Problematik der Fahrplanlagen auf dem Abschnitt Konstanz-Singen ist mir klar. Allerdings ist Konstanz/Kreuzlingen mit zusammen ca. 100.000 EW einfach so groß, dass eine umsteigefreie Anbindung an die Landeshauptstadt sinnvoll ist.
Und wenn wir es mal als Zubringer zum FV betrachten:
Ca. 1:40 Singen-Stuttgart mit NeiTec (1:38 SMA-GNBB-Studie)
Ca. 0:05 Umstieg Stuttgart
Ca. 0:35 Stuttgart-Mannheim (ICE-3, ICE-1/2 0:35, ICX???)
===
2:20h

Ca. 1:44 Singen-Offenburg im IRE
Ca. 0:05 Umstieg Offenburg
Ca. 0:52 Offenburg-Mannheim
===
2:41h

Ab Mannheim dann Richtung Kassel, Frankfurt, Köln, das ist egal.
Selbst ohne NeiTec oder mit längerer Stuttgarter Umsteigezeit wäre der Weg über Stuttgart eher ein kleines bisschen schneller, als über Karlsruhe. Also den gesamten FV-Zubringer-Verkehr über die Gäubahn konzentrieren und die Schwarzwaldbahn unterordnen (notfalls in Singen brechen).
Nach Zürich gab es auch bisher keinen FV-Stundentakt. Auch zukünftig wird das kein wirklicher sein, da ja der "langsame IC"(=RE) ja nicht im Takt mit dem schnellen verkehren kann. Bei meiner Konzeption müsste man eben zweistündlich aus Zürich kommend in Singen* umsteigen, hat dafür aber bis Stuttgart immer identische Fahrzeiten (die 5-Minuten-Wendezeit werden quasi als Umsteigezeit benutzt). Gefällt mir immer noch besser als "2 durchgehende Züge, aber einer davon deutlich langsamer".

*Bis dorthin müssen natürlich die Schweizer zum Stundentakt verdichten, bis Schaffhausen gibts eh Halbstundentakt).
Vielfahrer
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Vielfahrer »

Goldberger hat geschrieben: 3. Wäre es ein Witz, Gemeinden wie Bondorf mit einem Stundentakt abzuspeisen,während kleinere Gemeinden im Ammertal den Halbstundentakt bekommen.
Das liegt aber daran, dass der Zweckverband ÖPNV im Ammertal (ZÖA) sich für einen Halbstundentakt ausgesprochen hat und ihn auch finanziert (d.h. die Landkreis Tübingen und Böblingen), während das Angebot in Bondorf vom Land verantwortet wird.

Bei der Betrachtung des Ringzugs muss man natürlich auch viel weiter als nur die Fahrplanlagen sehen. Die Landkreise finanzieren nicht nur gemeinsam mit dem Land den Ringzug, sie tragen vielmehr das Auslastungsrisiko. Das funktioniert so, dass bestimmte Einnahmen prognostiziert wurden und von den Kosten abgezogen werden. Dann wird der Abmangel zwischen Land und Landkreisen hälftig aufgeteilt. Fahren aber mehr zahlende Kunden mit dem Ringzug, so verbleibt der "Überschuss" bei den Landkreisen, fahren weniger als erwartet, so müssen die Landkreise nachschießen, um die prognostizierten Einnahmen zu erreichen. Sie tragen also das wirtschaftliche Risiko. Dies hat dann dazu geführt, dass die Verkehre so organisiert wurden, dass sich die Wirtschaftlichkeit gut darstellen lässt. Beispielsweise wurden die Schulzeiten so gestaffelt, dass die Ringzüge optimal ausgelastet werden (Schulzeit in Hausen, Geisingen, Immendingen und Tuttlingen wurde so gestaffelt, dass mit dem Ringzug optimale Bedienungszeiten gewährleistet werden können und parallele Buslinien komplett verzichtbar waren. Ähnlich sieht es im Brigachtal oder bei Aldingen oder im Donautal und andernorts aus. In der Region spricht man daher auch meist nicht vom Ringzug, sondern vom Ringzug-System, welches die angedockten Buslinien miteinschließt. Etwa 40% der Ringzugkunden sind im Vor- oder Nachlauf auch Buskunden. Eine Analyse des Ringzugs, die nur die Schienenkomponenten berücksichtigen würde, würde also viel zu kurz greifen.

Ziemlich ähnlich wird sich das zukünftig auch im Raum Ulm/Neu-Ulm entwickeln. Die ab Dezember 2013 reaktivierte Bahnlinie Ulm - Senden - Weißenhorn hat eine Schienenseite, aber eine mindestens so wichtige Busseite. Beide Verkehrsmittel zusammen ergeben dann für die im Landkreis Neu-Ulm in der Fläche lebende Bevölkerung ein sehr gutes, eng vernetztes Angebot.

Viele Grüße vom Vielfahrer
Goldberger
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Goldberger »

Nun, die Vorteile eines "regional" organisierten ÖPNV sind unbestreitbar. Ein "Auslastungsrisiko" gibt es ja eigentlich nur bei neuen Projekten, wenn die Fahrgastzahlen komplett prognostiziert werden müssen - viele lokale Zweckverbände (Ringzug, Extrembeispiel Schönbuchbahn) lagen da ja in ihrer Prognose erfeulicherweise eher komplett darunter. Nach einem eingespielten Betrieb gibt es natürlich durch neue Fahrplankonzepte wieder unbekannte, aber ansonsten kann man aus der allgemeinen Verkehrs- und Demografieprognose ganz gut ableiten, da geht es dann i.d.R. um Änderungsraten < 5%/Jahr.

Für die Überholung in Villingen hätte ich aber auch noch eine Idee: Bekanntlich soll ja in den meisten Ausbaukonzepten die betriebliche Trennung Gäubahn/Villinger Bahn zukünftig erst dort liegen, wo sich die Bahnstrecken auch physikalisch trennen, d.h. das Villinger Gleis wird bis Saline zum 2. Gleis der Gäubahn - kostet halt ein paar Weichen. Wenn man nun noch in Saline und Gölsdorf die Bahnsteige verlängert, könnte der RB aus Tuttlingen kommend auf dem Gegengleis (Villinger Gleis in Saline einfahren und dort warten. Nach ca. 2 Minuten (Zugfolgezeit) dockt der Villinger Zugteil an. Gemeinsam fahren sie dann bis Villingen - mit Halten in Gölsdorf und Saline, die auch wieder etwas Zeit verbrauchen (hier erwünscht) ! In der Zwischenzeit kann der IRE (der ab Tuttlingen quasi auf die RB auffährt) auf dem Regelgleis bis Rottweil durchrauschen und dann gleich weiter nach Stuttgart. Die RB würde optimalerweise kaum ausgebremst und kann nach 2 Minuten Halt in Rottweil (dem IRE etwas Vorsprung geben, Verspätungspuffer) ab nach Stuttgart.
Die Frage wäre nur noch, ob man Villingen als Nullknoten ausbilden kann, damit weiter ein guter Anschluss z.B. Trossinngen->Aldingen möglich ist - dann gibts aber im Verspätungsfall gleich heftige Übertragungen - außerdem habe ich nicht untersucht ob das zu den Stuttgarter/Züricher S-Bahn-Fenstern passt. Ich gehe aber mal davon aus, dass der Übereckverkehr eh nicht sonderlich stark ist, wahrscheinlich ist man mit dem Bus schneller von Trossingen (und vielleicht auch Schwenningen) in Spaichingen als über Rottweil mit der Bahn.
guber
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von guber »

Nun, weitere Elektrifizierungen wären wegen der Einheitlichkeit der Fahrzeuge und der Spurtstärke sowie der Rekuperation sicherlcih sinnvoll.
Da bremsen uns eben mal wieder die gähnend leeren Investitionshaushalte.
Bei den aktuell steigenden Fahrgastzahlen im Ringzug, und den absehbaren Fahrgastzahlsteigerugnen bei Beschleunigungen dürfte der zweigleisige Ausbau der Gäubahn gar nicht so schlecht dastehen. Der NKF > 1 sollte da passen. Nur ist damit leider die Finanzierung nicht gesichert. Wenn man alle Prokjekte > NF 1,5 im Schienenverkehr einfach bauen würde, mit Zwangsfinanzierung durch den bund, wäre eine Verkehrswende kein Problem, und Wirtschaftswachtum zur rEfinanzierung käme sicher auch wie das Amen in der Kirche hinterher.
Vielfahrer
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Vielfahrer »

guber hat geschrieben:Nun, weitere Elektrifizierungen wären wegen der Einheitlichkeit der Fahrzeuge und der Spurtstärke sowie der Rekuperation sicherlcih sinnvoll.
Da bremsen uns eben mal wieder die gähnend leeren Investitionshaushalte.
Bei den aktuell steigenden Fahrgastzahlen im Ringzug, und den absehbaren Fahrgastzahlsteigerugnen bei Beschleunigungen dürfte der zweigleisige Ausbau der Gäubahn gar nicht so schlecht dastehen. Der NKF > 1 sollte da passen. Nur ist damit leider die Finanzierung nicht gesichert. Wenn man alle Prokjekte > NF 1,5 im Schienenverkehr einfach bauen würde, mit Zwangsfinanzierung durch den bund, wäre eine Verkehrswende kein Problem, und Wirtschaftswachtum zur rEfinanzierung käme sicher auch wie das Amen in der Kirche hinterher.
Hallo Guber,
der Ausbau der Gäubahn mit den neuen Doppelspurinseln kommt auf einen NKF von 1,3. Die Effekte, die durch den Ringzug dabei ausgelöst werden, sind berücksichtigt, allerdings nur mit dem geringen Nutzenfaktor, den eingesparte Zeit im Schülerverkehr nunmal nur bringt. Die Strecke einfach mal "auf Vorrat auf gesamter Länge zweigleisig auszubauen", ist nicht die primäre Forderung der Region. Da würde man von ganz anderen Beträgen sprechen müssen. Ziel ist es, die Bereiche, in denen regelmäßig Kreuzungen stattfinden, doppelspurig auszubauen, damit die Züge im Pünktlichkeitsfalle ohne Kreuzungsaufenthalte aneinander vorbei kommen. Damit wären zwar nicht alle, aber bei weitem die größten Probleme gelöst.

Es hängt aber stark vom Betriebskonzept ab, wo sinnvollerweise die Doppelspurinseln angelegt werden. Die bisherige Studie der SMA hat diese eindeutig fixiert. Der Interimsfahrplan, der ab 2017 kommen wird, benötigt diese Kreuzungen logischerweise dort aber nicht. Allerdings ist dieser Fahrplan auch langsamer und weist viele Kompromisse auf (IC hält in Ortschaften, forumulierte die NZZ). Wichtig ist, sich über eine Konzeption zu verständigen, die attraktive Fahrzeiten im Anschluss an die Interimslösung bringt, die ja mit der Fertigstellung von S 21 einschließlich der Führung über den Flughafen kommen wird. Aus meiner Sicht wäre die alte SMA-Lösung nicht die schlechteste. Man könnte sie ggf. aber auch um 30 Minuten verschieben, da dann nicht nur Zürich sondern auch Stuttgart auf wesentlichen Strecken halbstündliche Fernverkehrszüge aufweisen wird.

Viele Grüße vom Vielfahrer
guber
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von guber »

OK - ich slollte exakter schreiben - beim zweigleisigen Ausbau dachte ich auch an die Doppelspurinseln. Wobei die Inseln, die dem Ringzug etwas bringen, so oder so im wesentlichen zwischen Rottweil und Tuttlingen liegen werden. Die 10min Fahrzeiteinsparung auf der Strecke zu heben sollte ja schon einiges an Fahrgastzuwachs bringen, da die prozentuale Beschleunigung recht hoch ist.
Und da die Basiszahl der heutigen Fahrgäste noch steigt, und der Nutzen je Fahrgast ebenfalls mit der Inflationsrate steigen sollte wie die Baukosten, sollte sich der NKF noch nach oben arbeiten.
Also ich hoffe die Ausbauten kommen - weil ich denke das sie in diesem Bereich viel bringen werden.
Vielfahrer
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Re: Braucht man eigentlich wirklich den Ringzug ?

Beitrag von Vielfahrer »

Hallo Guber,

beim Interimsfahrplan werden die IC in Tuttlingen aus dem Nullknoten fahren. Die Ringzüge nach Rottweil werden im Blockabstand folgen bzw. aus Richtung Rottweil im Blockabstand zuvor in Tuttlingen eintreffen. Dies führt zu einer nicht unerwünschten Beibehaltung der Eigenkreuzung der Ringzüge in Aldingen zur halben Stunde. Dies ist insofern von Bedeutung, weil in Aldingen die Buslinien 21 aus Trossingen und 43 aus Wehingen bzw. 41 aus Wellendingen und 22 aus Aixheim mit den Ringzügen meist in beide Richtungen verknüpft sind.

Folgende Fahrgastquerschnitte (Rkm/km Bl) in den Ringzügen sind gegeben:
Rottweil - Göllsdorf 909, Göllsdorf - Saline 952, Saline - Neufra 980, Neufra - Aldingen 1.022, Aldingen - Spaichingen-Mitte 1.756, Spaichingen-Mitte - Spaichingen Bf 1.663, Spaichingen Bf - Balgheim 1.835, Balgheim - Rietheim 1.846, Rietheim - Weilheim 1.969, Weilheim - Wurmlingen Nord 2.058, Wurmlingen Nord - Wurmlingen-Mitte 2.072, Wurmlingen Mitte - Tuttlingen Schulen 2.232, Tuttlingen Schulen - Tuttlingen Bf 1.755. Zu diesen Fahrgastzahlen kommen die RE- und IC-Nutzer noch hinzu.

Der bisherige Ringzugfahrplan litt darunter, dass häufig in Wurmlingen-Nord Kreuzungen mit den RE-Zügen und in Rietheim mit den IC-Zügen waren. Pro Kreuzungsaufenthalt gehen oftmals mindestens 5 Minuten verloren. Bei der Interimsfahrplanstruktur verlagern sich diese Kreuzungen nach Tuttlingen, wodurch der wesentliche Zeitgewinn realisiert werden kann.

Ich vermute auch, dass das Potential zwischen Aldingen und Tuttlingen bei weitem nicht ausgeschöpft ist. Fährt man auf der B 14, so beobachtet man zeitweise stop and go-Verkehr. Wenn die Züge nunmehr ab Aldingen ohne weitere Kreuzungsaufenthalten und vorallem pünktlich verkehren können, so wird das zu einer deutlichen Verkehrszunahmen führen. Auch lassen sich dadurch die Busverknüpfungen in Spaichingen (aus Richtung Trossingen - Hausen ob Verena) und in Rietheim (aus Richtung Bubsheim - Böttingen - Mahlstetten - Dürbheim) günstiger gestalten, was zu weiteren Reisezeitverkürzungen führen wird.

Viele Grüße vom Vielfahrer
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