[RU] Transsib-Tour 2013: Tag 8 von 26 – 23.9. [m15B]

Hier könnt Ihr Eure Bilder präsentieren. Darf auch mal vom Thema Eisenbahn abkommen.
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Hannes
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[RU] Transsib-Tour 2013: Tag 8 von 26 – 23.9. [m15B]

Beitrag von Hannes »

Fortsetzung von Teil 1.
Fortsetzung von Teil 2.
Fortsetzung von Teil 3.
Fortsetzung von Teil 4.
Fortsetzung von Teil 5.
Fortsetzung von Teil 6.
Fortsetzung von Teil 7.

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Dobri Vetscher,

am nächsten Morgen wurde ich dadurch wach, dass sich jemand ans Fußende meiner Liege gesetzt hatte. Wie sich dann herausstellte war es ein russisches Schwesternpaar, wobei eine der beiden ihren Mann dabei hatte. Die Landschaft, die vorm Fenster vorbeizog war unspektakulär flach, das Gras nur unterbrochen durch Busch- und Birkengruppen. So zog sich das dann über Stunden hin.

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Diana kam mit den Russen ins Gespräch und wir konnten so immerhin erfahren, dass der Mann Luftfahrtingenieur war und ein Gehalt von 400 € bekam. Dass man in einem der niederen Züge in Russland Deutsche getroffen hatte, musste natürlich vor dem Aussteigen auch noch durch Fotos mit uns in unterschiedlichen Konstellationen festgehalten werden ;-)

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Pünktlich erreichten wir um 14:43 Uhr Omsk und wurden durch Alexej und Irina vom International Office auf dem Bahnsteig abgeholt. Omsk dürfte wohl aus deutscher Sicht eine der unbekanntesten russischen Millionenstädte sein und ist mit etwa 1,15 Mio. Einwohnern die siebtgröße Russlands, auch wenn sie sogar auf der Berliner Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz angeschrieben ist. Wenn ich mich nicht täusche, war sie aber auch bis 1996 eine gesperrte Stadt für Ausländer wegen der örtlichen Militärindustrie, auf die Schnelle kann ich aber meine Quelle dazu nicht mehr finden. Vielleicht kann mich da jemand bestätigen oder widersprechen.

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Dem ein oder anderen, der in den vergangenen Jahren Russisch gelernt hat, könnte das Empfangsgebäude aus dem Lehrbuch «Most 1» bekannt vorkommen ;-)

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Auf dem Bahnhofsvorplatz wartete dann schon die Marschrutka der OmGUPS auf uns, die auch in den nächsten Tagen unser steter Begleiter sein sollte. Unsere Reisepässe wurden eingesammelt, um uns mal noch bei der Polizei anzumelden, was in Russland spätestens 7 Tage nach Einreise notwendig, womit wir diese Frist genau ausgenutzt hatten.

Mit der Marschrutka, die einen gepflegten Eindruck machte, ging es zum Campus, auf dem sich auch ein Teil der Wohnheime befand. Alles machte einen sehr ordentlichen Eindruck, im Wohnheim konnte man stellenweise schon fast vom Boden essen. Nachdem die Zimmeraufteilung geklärt war, gab es erstmal eine Einweisung durch die Wohnheimsleiterin, die eine 1a Brigadeleiterin war, es war schon bald ein viertelstündiger pausenloser Monolog darüber, was man hier alles nicht durfte. Sie ließ nicht mal ordentliche Pausen zum Übersetzen. Schlussendlich war 23 bis 6 Uhr geschlossen, bis 10 Uhr sollte man aufgestanden sein und den Schlüssel am Eingang abgegeben haben, damit die Putzfrauen durchwischen konnten, eigene Elektrogeräte seien bei Abwesenheit auszustecken (Elektrobesopasnost!), Küche sauberhalten. Ein Wohnzimmer mit Fernseher gibt es auch, aber mit reinnehmen darf man nix. Duschen erst ab 14 Uhr bis 18 Uhr oder so unten im Keller in der Gemeinschaftsdusche, Schlüssel am Eingang. Bei dieser Standpauke wünschte ich mich direkt ins entspanntere Jekaterinburg zurück.
Nachdem alles geklärt war, konnten wir dann endlich auf unsere 2- und 3-Bett-Zimmer und danach gegen 16.15 Uhr in die Mensa, die extra für uns noch geöffnet geblieben war, denn eigentlich war 15 Uhr Schluss.
Mit dem Leiter des International Office, der praktischerweise nur wenige Brocken Englisch sprach und sich lieber wieder übersetzen ließ, als klar war, dass es jemand mit fließend Russisch in unserer Gruppe gab, ging es einmal über den Campus.

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Gruppenbild vor der Fahrzeugsammlung mitten auf dem Campus. Früher gab es sogar noch einen Gleisanschluss, der aber wohl nicht mehr durchgehend existiert.

Nach dem doch eher kurzen Rundgang war wieder Pause bis 18 Uhr, dann kamen drei Jungs, die praktischerweise alle Alex hießen, um uns einen ersten Eindruck der Stadt zu vermitteln. Die drei konnten auch praktischerweise Englisch, so dass die Kommunikation etwas leichter fiel. Zum Abend hatte es auch wieder aufgerissen.

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Diese Kugel hat einmal ein Künstler angefangen, da sollte eine Ausstellung oder so rein. Irgendwann ist ihm dann das Geld ausgegangen….

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Was auffällt in Omsk sind die zahlreichen Blumenbeete. Hier die Brücken der beiden Hauptstraßen über den Om, der Omsk seinen Namen gibt…

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...und hier in den Irtysch fließt. 1716 wurde am anderen Ufer eine erste Festung errichtet, um Westsibirien abzusichern. Von der Festung ist außer ein paar Toren, wie im Bild eines ersichtlich ist, aber nix mehr übrig. Liebesschlösser gibt´s aber genug.
Im Hintergrund führt eine große Brücke hinüber zu den Plattenbauten ins Wohngebiet, wo recht viele Omsker leben, gearbeitet wird aber am anderen Ufer. Die Brücke ist schon für eine Metro vorbereitet, nur wann die fertig werden soll weiß niemand. Vielleicht nimmt man sich den 300. Stadtgeburtstag 2016 zum Anlass. Währenddessen wird schon mal nach und nach das Straßenbahnnetz gestutzt.

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Aus Omsk soll der Trend kommen, gegossene Statuen in die Straßen russischer Städte zu stellen.

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Das historische Stadtzentrum mit einigen eigentlich ganz hübschen Gebäuden – saniert, nur kann sich kaum einer hier die Mieten leisten, also stehen sie oftmals obenrum leer.

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Die Bushaltestellen im Zentrum waren teils mit Radio beschallt, die Busse machten einen nicht topmodernen, aber gepflegten Eindruck. Wie ich später herausfinden konnte, handelte es sich durch einen Kredit von der Weltbank nach der Wende in Kooperation mit Mercedes-Benz wohl vor Ort gebaute Fahrzeuge, was die optische Verwandtschaft – bis auf das Heck – zum O 405 G erklärt. Alte Werbung o.ä. gab es jedoch auch bei anderen, vermutlich gebrauchten, Exemplaren nicht.

Als es dann so langsam dunkel wurde, sind wir noch in Harrat´s Pub, einer russischen (?) Pub-Kette, da es die dann auch in anderen Städten gab. An sich ganz hübsch, es war aber auch wieder Oktoberfest angesagt. So hab ich halt meinen ersten Spaten als an sich gebürtig aus einer Stadt nur etwa 120 km von München entfernt dann halt 4.000 km weiter östlich getrunken. Es blieb zum Glück bei einem Bier, denn die Preise waren ordentlich: 1 Bier 250 Rubel (~5-6 €) – also auch Oktoberfestniveau (aber das dauerhaft).

Ein gut 2 km langer Fußweg war dann für den Rückweg zum Wohnheim erforderlich, von wo aus wir dann noch eine Runde zum nächstgelegenen Supermarkt sind.

So ging dann dieser Tag recht unspektakulär zu Ende.

Bis zum nächsten Teil,

Hannes
"Deutsche siegen im Fußball, aber bei der Bahn ist täglich Cordoba."
ÖBB-Chef Christian Kern in der Kronenzeitung vom 8.11.14
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