Christoph Ingenhoven

Sonstiges, worüber man sich das "Maul" zerreisen kann.
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Vielfahrer
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Christoph Ingenhoven

Beitrag von Vielfahrer »

Die Süddeutsche Zeitung berichtet heute über Christoph Ingenhoven, der sowohl den S 21-Kritikern als auch den S 21-Befürwortern bestens bekannt sein dürfte:

Es läuft alles ziemlich gut für Christoph Ingenhoven, er hat eine steile Architektenkarriere hingelegt, und es geht immer weiter nach oben. Der Dienstag freilich dürfte auch für seine gehobenen Standards ein überdurchschnittlicher Tag gewesen sein. Gleich zwei frohe Botschaften hat er da bekommen, die eine aus Berlin, wo der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn den Weiterbau seines Projekts Stuttgart 21 beschloss. Und die andere aus Freiburg, wo eine Jury der Stadt sich für seinen Entwurf eines neuen Rathauses entschied. Das Rathaus sieht übrigens aus wie drei sich eng aneinanderschmiegende Fußballstadien.
Dieter Salomon, der grüne Oberbürgermeister der Schwarzwaldstadt, hat nach eigenem Bekunden "kurz gezuckt und gelacht", als er erfuhr, wessen anonymisiertes Konzept man da ausgewählt hatte. Beim Namen Ingenhoven ist ein Zucken das Mindeste, was baden-württembergische Grüne überfällt, heftigere körperliche Reflexe sind keinesfalls auszuschließen. Ingenhoven, 52, ist nicht nur der Architekt des umstrittenen Bahnhofbaus Stuttgart 21, er ist auch einer der wortgewaltigsten Verteidiger der Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Er äußert sich nicht oft, aber wenn er sich äußert, hat es das meistens in sich. Die Grünen ließ er in Bezug auf den Protest gegen S 21 einst wissen: "Da möchte ich Ihnen als früherer Grünen-Wähler die Ohren lang ziehen und sagen, dass ich diese Partei nicht mehr für wählbar halte".
Daran, sagen Leute, die Ingenhoven gut kennen, müsse man sich einfach gewöhnen. Dass sein Selbstbewusstsein einem geradezu entgegenspringt. Diese Eigenschaft kommt zumindest nicht von ungefähr: Mit 26 Jahren hat der Spross einer Architektenfamilie seinen ersten Wettbewerb gewonnen. Es ging um ein 190-Millionen-Mark-Projekt in Köln. Mit seinen transparenten Glas- und Stahl-Entwürfen erwarb er sich den Ruf eines Wettbewerbweltmeisters, der allerdings erst mit 36 tatsächlich sein erstes Haus gebaut sehen durfte. Das war immerhin etwas größer dimensioniert: die RWE-Zentrale in Essen, fast 130 Meter hoch und mit einem lauschigen Gärtchen in der Mitte. Energiesparende, gründe und meist ziemlich hohe Gebäude sind seither sein Markenzeichen - von seinem Büro in seiner Geburtsstadt Düsseldorf aus hat er in Mekka, Shanghai und Sydney gearbeitet. Den Zuschlag für die neue Google-Zentrale im Silicon-Valley könnte sein Durchbruch in den USA sein.
Es liegt natürlich Ironie darin, dass ausgerechnet der Öko-Architekt Ingenhoven sich mit dem schwäbischen Öko-Bürgertum zofft. 1997 hatte er den Wettbewerb um die Neugestaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter 190 Bewerbern für sich entschieden. In all den Krisen, die das Projekt durchlebte, gab er sich immer überzeugt, dass Stuttgart 21 kommt: "Die Vernunft wird sich durchsetzen. Und in 10 Jahren sind alle happy!. Eine Prognose, die man für so kühn halten darf wie Ingenhovens Entwürfe.

Roman Deininger, Süddt. Zeitung vom 7. März 2013
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