Frankreichs neue Regionalzüge sind wegen falscher Kalkulationen der staatlichen Bahn SNCF zu breit. 1.200 Bahnsteige müssen nun mit erheblichen Mehrkosten verschmälert werden.
Rudolf Balmer aus Paris berichtet für die NZZ:
Die französische Bahngesellschaft hat bei Alstom und Bombardier rund 2.000 neue Züge zur dringend erforderlichen und umfassenden Erneuerung der Infrastruktur im Nah- und Regionalverkehr in Auftrag gegeben. Demnächst sollen die ersten Exemplare ausgeliefert werden. Und jetzt ist ein scheinbar minimaler, aber verhängnisvoller Fehler in den Kalkulationen der SNCF-Ingenieure aufgefallen: die neuen Züge sind um ein paar Zentimeter zu breit!
Wie am Mittwoch das satirische Wochenblatt "Le Canard enchainé" in einem ironischen Bericht über diese für die SNCF sehr peinliche Affäre gemeldet hat, müssen nun in rund 1.200 Bahnhöfen die Perrons angepasst oder gar umgebaut werden, damit die breiteren Zugkompositionen in Zukunft durchfahren oder halten können. Offenbar war das Problem bereits intern bekannt, denn in den südlichen Regionen Midi-Pyrénées sind bereits im Hinblick auf die neuen Wagen für rund 80 Millionen Euro rund 300 Perrons verschmälert worden. Am Ende dürfte die Rechnung aber um einiges gesalzener ausfallen.
Der französische Staatssekretär für Verkehr, Frédéric Cuvillier, meinte, die "dramatisch komische" Geschichte sei zum Lachen, wenn sie nicht zum Weinen wäre. Die verantwortlichen SNCF-Ingenieure hatten nämlich alles schön auf ihren Computern kalkuliert. Doch sie haben es anscheinend einfach versäumt, vor Ort auf den Bahnhöfen ihre Massangaben mit der Realität zu vergleichen. Zudem spielte die Arbeitsteilung zwischen der für den Transport zuständigen SNCF und der für die Schienen verantwortlichen Gesellschaft Réseau ferré de France in diesem Fall nicht mit. Das ist Wasser auf die Mühle der Regierung, welche die beiden staatlichen Unternehmungen wieder zusammenlegen möchte.
Besonders empört über diese Mehrkosten sind aber die französischen Regionen, die weitgehend für den Ausbau des regionalen Zugverkehrs bezahlen. "Wir werden keinen Centime an diesen Anpassungen bezahlen!", protestierte Allain Rousset, der Vorsitzende der Vereinigung der französischen Regionen. Den Spott in den Medien aber bekommt die SNCF gratis.
Viele Grüße vom Vielfahrer
Neue Züge der SNCF sind zu breit
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