Fortsetzung von Teil 2.
Fortsetzung von Teil 3.
Fortsetzung von Teil 4.
Fortsetzung von Teil 5.
Fortsetzung von Teil 6.
Fortsetzung von Teil 7.
Fortsetzung von Teil 8.
Fortsetzung von Teil 9.
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Privjet zum mittlerweilen zehnten Tagesbericht,
der dritte Tag in Omsk begann zur üblichen Aufstehzeit mit einem Frühstück in der Mensa um 9 Uhr. Eine halbe Stunde später fuhren wir dann zur Kesselwagenreinigungsanlage der « Grusowaja Kompanija » (dt. „Spedition“), einem russlandweit vertretenen Dienstleiter rund ums Güterwagengeschäft, soweit ich das wahrgenommen habe. Zunächst wurde uns im Verwaltungsgebäude die Geschichte des Standorts wie auch das Verfahren der Kesselwagenreinigung präsentiert. Bei den weiten Distanzen, die die Wagen in Russland zurücklegen werden diese zur besseren Auslastung und Vermeidung von Leerfahrten am jeweiligen Endpunkt gereinigt, um sie mit unterschiedlichen Mineralölprodukten wieder befüllt auf die Reise schicken zu können. Die Reinigung erfolgt dabei angeblich ohne Chemikalien lediglich mit heißem Wasser und Dampf von 10 bis 12 bar. Für uns gab es ein schönes Büffet mit Kaffee und Tee, etwas unappetitlich wurde es dann allerdings auf der Männertoilette, die ich kurz darauf einmal aufsuchte. Zur Säuberung stand lediglich ein Karton mit Altpapier, teils schon mit Spuren, zur Verfügung, was mich dann schnell mal aufs Damenklo getrieben hat, das in der Hinsicht dann zum Glück wieder „normal“ ausgestattet war. Zum Abschluss unseres Besuchs warfen wir noch einen Blick in den Demonstrationskesselwagen mit Schiebetür, der wohl auch zu Trainingszwecken genutzt wird. Am Boden stand eine undefinierbare Brühe aus Rost und Öl:

Einer der Reinigungsstände.

Verwaltungsgebäude und Demonstrationskesselwagen. Nicht alle Neupflanzungen halten die eher aggressive Luft über dem Gelände aus wie man links sehen kann.

Im Anschluss ging es wieder über einige holprige, aber breite Straßen zum Rangierbahnhof Kombinatskaya.


Hier besichtigten wir das recht moderne Gebäude des neuen Stellwerks. Kombinatskaya ist der dritte und kleinste Omsker Rangierbahnhof, rein für die örtliche petrochemische Industrie in Betrieb. Die Stellwerksoptik wird Kennern von EZMG-Technik bekannt vorkommen. Wenn man als Deutscher schon Wochenendsperrungen für ESTW-Inbetriebnahmen gewohnt ist, freut man sich, dass es anderswo auch anders gehen kann: Für den Umzug vom alten niedrigeren Stellwerksgebäude in das neue wurden lediglich 3 Stunden benötigt, die Leute haben quasi nur ihre Jacken vom einen ins andere Gebäude tragen müssen, wie man uns stolz berichtete.

Gleisplan des Bahnhofs Kombinatskaya. Ganz wichtig in Russland: Mindestens zweifach gestempelt und unterschrieben, hier also übererfüllt ;-)

Alles ganz neu hier. Nur das Baujahr der beiden Stelltische will nicht dazu passen.

Die zwei Stellpulte mit zwei Stellwerkerinnen. Geschätzt werden von den sechsachsigen Rangierloks Wagenschlangen von etwa 40-50 Wagen über den Berg gedrückt.

Blick auf die Balkengleisbremse.

Etwas anders als Kesselwagen gibt es aber bisweilen auch zu sehen. Eingesetzt werden Loks des Typs TEM18DM, wohl eine Weiterentwicklung des weit verbreiteten Typs TEM2 (wobei die für mich alle ziemlich gleich aussehen).

Und noch einmal auf „Höhe Null“ mit anderen Güterwagen.
Nach diesem Besuch ging es erstmal wieder zurück zur Mensa auf den Campus zwecks Mittagessen. Wie jedes Mal bekamen wir eine Sonderbehandlung in der Form, dass eine der beiden Ausgaben kurz geschlossen und dann exklusiv für uns geöffnet wurde. Ebenso erhielten wir das beste Gedeck (Porzellanteller und Alubesteck anstatt Plastik) und mehrere Speisen, wenn kein Platz war wurden für uns Tische freigemacht. Beliebt wurden wir dadurch nicht, aber wir konnten ja auch nichts dafür.
Für den Nachmittag war ein Besuch der Westsibirischen Eisenbahn angesagt, die sollte uns allgemein vorgestellt werden, Genaueres wussten wir nicht. Das Durchkommen mit unserer Marschrutka durch die Straße war aber eine äußerst knappe Sache, irgendwie hat´s der Fahrer dann nach unserem Aussteigen aber noch geschafft.

Der Verwaltungssitz der Westsibirischen Eisenbahn. Die RZD ist in mehrere solche Einzelgesellschaften aufgegliedert, die in ihrem Bereich für alles zuständig sind und früher auch eigene Farbgebungen für ihre Fahrzeuge hatten. Mit der neuen RZD-Coorporate Identity ist das Geschichte.

Blick auf Gleisanlagen des danebenliegenden Bahnhofs

Dass wir dann die Ehre haben würden, vom Chef der Westsibirischen Eisenbahn empfangen zu werden, wussten wir nicht und waren dementsprechend etwas underdressed. Einen Dolmetscher hatten sie zwar auch, aber der war dann doch nicht so gut und hat das wieder unserer Mitreisenden überlassen. Die Folien der RZD-Präsentation waren aber immerhin in Englisch. Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss über die Entwicklung der Eisenbahn in Russland ging es dann auch um Zukunftsprojekte wie die Hochgeschwindigkeitsstrecken. Diese wird es, wie dem ein oder anderen sicherlich bekannt ist, nur im Westen des Landes zwischen St. Petersburg, Moskau, Jekaterinburg und Richtung Sotschi in den Süden geben. Weiter östlich lohnt sich nicht, da 70 % der russischen Bevölkerung westlich des Urals leben. Das Durchschnittsalter des Personenwagenparks wurde mit 20 bis 22 Jahren angegeben. Nach einem gegenseitigen Geschenkeaustausch durfte natürlich wieder ein Gruppenbild sein.

Danach ging es wieder zur Uni zurück und wir nutzten die Zeit für Einkäufe. Gegen 19 Uhr ging es dann für ein kleines Volleyballspiel wieder hinaus auf den Hof.

Das Team „Ball über die Schnur“ aus der Liga der Turnbeutelvergesser gegen die überlegenen Russen ;-)

Fahrplanaushang in Russland. Praktisch: Keine genauen Abfahrten angegeben, kann man sich auch nicht über Unpünktlichkeit beschweren.
Mit einem normalen Bus für 16 Rubel ging es zum Bowling- und Billardspielen. Als die Stimmung ganz gut war, sollte dann mal noch schnell ein Vortrag für eine verkehrspolitische Konferenz generiert werden. Missverständnisse und Überreaktionen brachten dann die Stimmung zum Kippen, Simon erklärte sich dann aber bereit, den Termin zu übernehmen, zu dem eigentlich jemand anderes aus Dresden anreisen sollte. Jetzt war dem Gouverneur der Oblast Omsk ein deutscher Nahverkehrsexperte zum Thema „Zukunft der Omsker Straßenbahn“ angekündigt, also sollte da auch ein Deutscher auftreten. Die Konferenz sollte einen Tag nach unserer Abreise stattfinden, bedeutete für Simon also einen Tag länger. Dafür bekam er dann ein kleines Büro im Omsker Rathaus, einen Anzug, eine Nacht in einem ordentlichen Hotel, eine neue Fahrkarte sowie eine eigene Dolmetscherin zur Vorbereitung des Ganzen. Aus Nowosibirsk sollte auch noch jemand von der Friedrich-Ebert-Stiftung kommen, der dann Simon wieder mit nach Nowosibirsk begleiten konnte. Im Nachhinein für Simon doch eine interessante Erfahrung, dazu später noch ein bisschen mehr.
Wir fuhren dann in der Marschrutka für 18 Rubel zurück ins Wohnheim, irgendwie ging es dann wieder bis 1 Uhr nachts.
Do swidanija,
Hannes