Fortsetzung von Teil 2. – Moskau MIIT und Stadtrundgang
Fortsetzung von Teil 3. – Moskau Lomonossow-Uni
Fortsetzung von Teil 4. - Kasan
Fortsetzung von Teil 5. - Jekaterinburg
Fortsetzung von Teil 6. – Jekaterinburg Stadtrallye und Oper
Fortsetzung von Teil 7. – Jekaterinburg Eurasische Grenze
Fortsetzung von Teil 8. – Omsk Ankunft und Stadtrundgang 1
Fortsetzung von Teil 9. – Omsk Unirundgang und Rehazentrum
Fortsetzung von Teil 10. – Omsk Besuch Kesselwagenreinigung und Rangierbahnhof
Fortsetzung von Teil 11. – Omsk Straßenbahnfahrt
Fortsetzung von Teil 12. – Omsk Besuch Technikum
Fortsetzung von Teil 13. - Omsk
Fortsetzung von Teil 14. – Omsk Stadtrundgang 2 und Nahverkehr
Fortsetzung von Teil 15. - Nowosibirsk Stadtrundgang
Fortsetzung von Teil 16. – Nowosibirsk Besuch Eisenbahnmuseum
Fortsetzung von Teil 17. – Krasnojarsk Transfertag
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Dobri Vetscher,
wir befinden uns immer noch in Zug 078 auf unserem Weg nach Irkutsk Eigentlich hatten wir ja Weckdienst bestellt, aber doch sicherheitshalber eigene Wecker gestellt und wachten so vermeintlich doch noch rechtzeitig auf. Dass wir zu diesem Zeitpunkt noch eine Verspätung von 80 Minuten hatten, wussten wir ja zunächst nicht, vielleicht tue ich der Schaffnerin hiermit also Unrecht und sie hätte uns passend geweckt. Es war etwa 6 Uhr Ortszeit und draußen noch dunkel, was sich auch bis 7.30 Uhr nicht groß ändern sollte. Nun ja, bis Irkutsk konnten wir doch immerhin nochmal 20 Minuten gut machen und waren um kurz nach halb 9 auf dem Bahnsteig:

Eigentlich sollten wir ja abgeholt werden, aber unsere Abholer wussten wohl auch nichts von der Verspätung. Fahrgastinfo in Russland sicherlich noch ausbaufähig ;-)
Auf dem Bahnhofsvorplatz herrschte Stau in eine Richtung, was auch insofern den Straßenbahnverkehr betrag, da alle Straßenbahnen, die wir sahen, in dieselbe Richtung unterwegs waren, aber keine in der Gegenrichtung, zumindest über eine halbe Stunde lang, auftauchte. Irgendwie trafen wir da doch auf Prof. Michailov und seinen Assistenten, die ein Auto für das Gepäck organisiert hatten. Gemeinsam warteten wir dann auf die Straßenbahn, die ja aber nicht kam und fuhren nach einer gefühlten Ewigkeit dann doch mit einem ehemals chinesischen Bus direkt zur Technischen Universität.


Knochensteine scheinen nicht sibirienfest zu sein.

Hier mal ein moderner Vertreter der Straßenbahnen aus Ust-Kataw. Laut Wikipedia wurde diese hochflurige Serie mit offizieller Bezeichnung 71-619 bis 2012 gefertigt. Hier bimmelt sich Wagen 216 am Stau vorbei so gut es geht.

Ein Bild dieses uns auch in Deutschland sicherlich vertrauten Gefährts darf auch sein, man achte allerdings auf das Logo auf dem Kühlergrill. In Russland wird der Dacia Logan als Renault Logan verkauft und ist gerade bei Taxifahrern wegen seiner (vergleichsweisen?) Robustheit beliebt, er soll ganz gut bis 450.000 km durchhalten. Zumindest im östlichen Russland gab es ihn häufig zu sehen und ein paar von uns sollten damit auch mal noch in Wladiwostok unterwegs sein.

Ankunft an der Haltestelle der TU. Hier gab es mal einen schönen grünen Mittelstreifen, den hat allerdings ein Absolvent des Professors in einen Parkplatz umgewandelt, worüber er auch nicht besonders glücklich war.

Das Hauptgebäude der TU Irkutsk (oder englisch ISTU – Irkutsk State Technical University), das außen wie innen mehr den Eindruck einer Empfangshalle macht.
Für uns ging es aber zuerst noch ins Wohnheim, um unsere Zimmer zu beziehen. Vor dem Wohnheim gab es Trimm-dich-Geräte und Streuner, es lebte eine Hundefamilie in einem Erdloch vor dem Wohnheim und wurde von den Studenten gefüttert oder ernährte sich auch aus dem Müll. Auf jeden Fall war tagsüber ständiges Gekläffe der noch jungen Welpen nicht selten.

Unser Wohnheim, das nun wirklich mal nach Ostblock aussah. Architektonisch schon interessant, ausstattungstechnisch schon in die Jahre gekommen, der Fahrstuhl funktionierte schon länger nicht mehr und die Stockwerksziffern waren mit Bleistift an die Wand gekritzelt. Die Zimmer waren auch von höchst unterschiedlicher Qualität, Simon und ich hatten wohl noch das Beste erwischt, da gab es nichts zu beanstanden. Anderswo gab es sich ablösende Tapete und auch mehrere Kakerlaken im Bad, die eine, die es bei uns gegeben haben soll, hab ich nicht gesehen.
Um 11 Uhr war dann der erste Termin in einem modernen Nebengebäude, wo ein Seminar mit deutschen und russischen Verkehrsplanerthemen abgehalten wurde. Problematisch in Russland ist der stark zunehmende Autoverkehr zusammen mit den Megamalls seit der Wende, in Irkutsk führt das in der Innenstadt zu Parkproblemen. Wie wir erfahren durften, pflegt der Professor seit 1999 einen Kontakt zur Uni Stuttgart, der sich aus persönlichen Kontakten ergeben hat, wie auch Kontakte zu PTV in Karlsruhe. Es haben auch schon mehrere Stuttgarter Absolventen ihre Abschlussarbeit über Themen in der Irkutsker Gegend geschrieben. Dem steht keine geeignete verkehrsplanerische Literatur gegenüber, das letzte Standardwerk ist von 1978 (!), da lag der MIV in der Sowjetunion bei durchschnittlich 8 %, es wurden damals 10-15 % angestrebt/erwartet, heute ist es durchschnittlich ein Drittel mit Spitzenwerten wie Wladiwostok von 55 %. Gerade in den letzten zehn Jahren hat sich hier viel verändert, was uns auch schon Norbert in Nowosibirsk gesagt hatte, der 2003 am Lehrstuhl für Verkehrsökologie in Dresden seine Diplomarbeit über den Verkehr in Nowosibirsk geschrieben hatte. Streitpunkt bei der Verteidigung war damals übrigens, ob sich das Verhalten russischer Autofahrer überhaupt ausreichend mit Visum abbilden lässt ;-) Prof. Michailov wollte dieses Jahr ein neues Standardwerk herausbringen, einen aktuellen Stand habe ich nicht.

Übergabe unserer Gastgeschenke an den Professor.
Im Anschluss machten wir noch einen Rundgang durchs Gebäude, hier wurde uns Forschung zu intelligenten Energienetzen, Wärmedämmung und Hausgeneratoren präsentiert. Eine Stadtführerin, die des Englischen mächtig war, sollte als Übersetzerin dienen, doch abseits ihrer Standardtexte erwies sie sich als untauglich, da verstanden wir schon wieder besser aus dem Kontext heraus, um was es ging.


Es war dann schon gegen 15 Uhr, als wir uns zum Mittagessen in Harrat´s Pub begaben (den kennen wir doch), es gab Suppe und Putensteak mit Kartoffelbrei. Danach war eine Stadtführung angesagt, wir hatten dafür einen eigenen Bus für die nächsten zwei Tage, auch ein alter Chinese.
Erster Anlaufpunkt war ein Platz mit drei Kirchen: einer früheren polnischen katholischen und zwei russisch-orthodoxen. Wir haben uns die beiden Orthodoxen angeschaut, wobei sich die zweite durch äußerst imposante Wandbemalungen wie auch eine bunte Architektur auszeichnete. Zu Sowjetzeiten war sie Lagerhaus, Disko und sicher noch weiteres. Die Wandbemalungen konnten mit Hilfe einer deutschen Spezialfirma dauerhaft konserviert werden.


Eine Hochzeitsgesellschaft auf dem Weg in die im Hintergrund erkennbare katholische Kirche.

Auch in Irkutsk muss Gas verbraucht werden ;-)

Die Wandmalereien in der katholischen Kirche.

Das Gebäude von außen. Erkennbar war es an diesem Tag regnerisch, windig und kühl.

Natürlich liegt Irkutsk auch an einem Fluss und wer sich die Herleitung des Namens Omsk gemerkt hat, kann sich denken, dass hier der Irkut in was größeres mündet, in dem Fall der Angara (?), dem einzigen Abfluss aus dem Baikalsee, den wir am nächsten Tag besuchen sollten.

Mit unserem Bus ging es zur Touristinfo, einem Gelände mit zwei Holzhäusern, als europäische Häuser bezeichnet.

Durchaus sehenswerte Architektur, nur die Hintergrundkulisse könnte schöner sein.

Ich hab mich zwischendurch mal raus zur Straßenbahn begeben und konnte diese Begegnung zweier Werbebahnen festhalten.

Es war erkennbar windig. Am Ufer gegenüber liegt der Bahnhof.
Zum Schluss waren wir dann noch am Denkmal Peter des Großen, sind irgendwie noch durch die Innenstadt gefahren, bevor es dann zum Abendessen mit dem Professor ging. Wir waren in eine der besten Adressen der Stadt in erst vor wenigen Jahren auf historisch gebauten Holzhäusern, ein schönes Ambiente auf 50er Jahre getrimmt, aber auch entsprechend preislich. Es gab Vorspeisen und Wodkavariationen, der Professor lud uns auf die Salate und die alkoholischen Getränke ein.



Die pure Fettbombe, ich war noch am nächsten Mittag satt davon.
Im Gespräch mit dem Professor, der ausgezeichnet Englisch sprach, konnte ich noch in Erfahrung bringen, dass die Kontaktaufnahme zur TU Dresden bereits 2007 stattgefunden hatte, es aber leider kaum eine Reaktion gab. Erst (inzwischen vor)vergangenen Winter war einmal der demnächst scheidende Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Ahrens, in Irkutsk zu Besuch, wir waren jetzt die erste Studentengruppe. Etwas problematisch für die studentische Kooperation ist, dass die Vorlesungs- und Prüfungszeiten in Russland etwas eher liegen. So bietet die ISTU jedes Jahr im Februar eine internationale Winter University zu verkehrsplanerischen Fragestellungen, da ist bei uns aber leider Prüfungszeit. Wer sich dafür interessiert, kann sich ja trotzdem mal auf der Homepage der ISTU informieren unter www.istu.edu oder besser direkt http://winteruni.com/?page_id=43&lang=en .
Mit einer Marschrutka ging es dann wieder zurück ins Wohnheim.
Spakoinoi Notschi,
Hannes
Korrekturen: Orthodoxe statt katholische Kirche und Link zur Winteruni.