DB Schenker Rail, die Gütersparte der Deutschen Bahn (DB), will sich bis 2020 zur europäischen Güterbahn entwickeln. Die Leitzentrale dafür ist bereits in Betrieb.
Der Eisenbahnfreunden nicht unbekannte Autor Ralf Roman Rossberg, von dem ich einige Bücher besitze, hat zu diesem Thema für die Neue Züricher Zeitung (heutige Ausgabe) einen interessanten Beitrag geschrieben.
Disponenten unterschiedlicher Nationalität und Sprache verfolgen im European Operations Center (EOC) nahe dem Frankfurter Flughafen jeden Tag rund 5000 Güterzüge von DB Schenker Rail auf ihrer Fahrt in 15 Ländern.
Bei größeren Abweichungen vom Fahrplan, etwa wenn die vorgesehene Strecke wegen Unwetterschäden nicht befahrbar ist, gilt es, schnell einen anderen Weg zu finden, was bei der Eisenbahn oft nicht einfach ist. Dann trifft sich bei größeren Störfällen ein Team mit 22 Krisenmanagern aller betroffenen Bereiche in einem dafür geschaffenen Lagezentrum, um optimale Entscheidungen treffen und die Güter dann auch so zeitnah wie möglich ans Ziel bringen zu können. „Unsere Kunden sind in ganz Europa ansässig und möchten Verkehre aus einer Hand, mit einem Ansprechpartner und hoher Qualität“, sagt Alexander Hedderich, der Vorsitzende von DB Schenker Rail. Das bedinge eine einheitliche Produktion und eine zentrale Steuerung rund um die Uhr.
Im EOC kommunizieren insgesamt 200 Disponenten mit Kollegen in den Leitstellen der verschiedenen Landesgesellschaften, aber auch der Infrastruktur, wenn irgendwo zwischen England und der Türkei oder zwischen Skandinavien und Italien die mit den Kunden vereinbarten Termine nicht eingehalten werden können. Jährlich treten an rund 100 Tagen größere Störungen auf – die meisten davon sind witterungsbedingt, aber auch Streiks bremsen die Bahn hin und wieder.
Als sich mit dem Strukturwandel in der Eisenbahnwelt immer mehr frühere Staatsbahnen vom Güterverkehr trennten, begann die DB 1999 zunächst in den Niederlanden, dann auch in Dänemark, diese Segmente zu übernehmen . In Italien folgte 2005 die Gründung einer eigenen Landesgesellschaft und später die mehrheitliche Beteiligung am Unternehmen Nordcargo.
Mit dem Erwerb der English Welsh & Scottish Railways wurde DB Schenker Rail größte Güterbahn in Großbritannien samt Zweig in Frankreich. In Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien bestehen inzwischen ebenfalls Landesgesellschaften. So wurde aus dem Güterverkehr der Deutschen Bahn die größte Güterbahn Europas.
Allerdings ließen Gründung und Übernahme nationaler Gesellschaften unter einem Dach noch kein einheitlich ausgerichtetes Unternehmen entstehen. Ein solches soll bis 2020 geschaffen werden: „Aus dem Patchwork an Gesellschaften soll ein miteinander verbundenes Network in Produktion und Vertrieb werden, eine wirklich einheitliche europäische Güterbahn“ sagt der Chef von DB Schenker.
Um das zu erreichen, sind erhebliche Investitionen notwendig. Allein im Jahr 2013 wurden über 500 Millionen Euro investiert. Schwerpunkte waren Lokomotiven und Wagen sowie die Ausbildung der Mitarbeiter, vor allem aber IT Plattformen. Mit einem Masterplan sollen die unterschiedlichen EDV-Systeme einander angeglichen werden. So sollen die Kunden dereinst ihre Transporte von Tür zu Tür live verfolgen können. Auch soll die heute oft noch nötige wiederholte Eingabe von Daten beim Grenzübergang wegfallen.
Von konjunkturellen Schwankungen abgesehen, rechnet DB Schenker mit einem jährlichen Wachstum von 1 bis 2 Prozent. Sorgen bereiten dem Unternehmen die politischen Rahmenbedingungen. Unter anderem sieht sich die Schiene der Straße gegenüber zunehmend zurückgesetzt. In Deutschland etwa stehen einer konstant gebliebenen Lastwagen-Maut steigende Trassenpreise auf den Schienen gegenüber. 2013 hat DB Schenker-Rail mit 31.000 Mitarbeitern eine Transportleistung von 104 Milliarden Tonnenkilometern erreicht, was fast einem Viertel des gesamten europäischen Güterverkehrs auf der Schiene entspricht. Damit wurden 4,83 Milliarden Euro Umsatz und noch ein bescheidener Gewinn erwirtschaftet. Etwa die Hälfte der Transporte entfällt auf den Wagenladungsverkehr, der als internationales Netzwerk weiter ausgebaut werden soll. Hoch ist der Anteil der Ganzzüge in den Marktbereichen Montan, Chemie und Mineralöl, Baustoffe, Industrie- und Konsumgüter, Automotive sowie Intermodal.
Europaweit unterhält DB Schenker Rail zwischen 7.000 und 8.000 auf der Schiene zu erreichende Destinationen, in Deutschland sind es rund 1.500. Jeder dieser Punkte ist mit jedem auf der Schiene verbunden. Die Fahrzeugflotte umfasst rund 1.300 elektrische Lokomotiven, davon rund 400 für mehrere Stromsysteme, etwa 2.000 Diesellokomotiven und über 90.000 Güterwagen.
Deutschlands Güterbahn wird europäisch
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